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Der LandesJugendChor Saar. Foto: Julia Fritzsch
Der LandesJugendChor Saar. Foto: Julia Fritzsch
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Bereicherung statt Konkurrenz

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Stefanie Fels-Lauer vom LandesJugendChor Saar im Gespräch
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Sehr wichtige Träger der Chorszene sind in Deutschland die Landesjugendchöre. Deren unterschiedliche Strukturen und Trägerschaften sind ebenso wie die durchaus unterschiedlichen künstlerischen Zielsetzungen ein Spiegelbild der Suche nach zielführenden Wegen zu einer Chorkultur der Zukunft – getragen und verkörpert durch junge Menschen, die diese Zukunft mitgestalten wollen. In einer Serie sollen die Landesjugendchöre vorgestellt werden. Den Beginn macht der LandesJugendChor (LJC) Saar. Mit Stefanie Fels-Lauer, die als Gesangslehrerin für die Einzelstimmbildung im Chor zuständig ist, sprach Robert Göstl.

neue musikzeitung: Seit wann gibt es den LJC Saar und was war der Anlass zu seiner Gründung?

Stefanie Fels-Lauer: Der LandesJugendChor Saar wurde im Jahr 2008 auf Initiative des Saarländischen Chorverbandes gegründet. Es gab bis dahin im Saarland nur im instrumentalen Bereich Landesjugendensembles, aber es konnte sich noch kein Landesjugendchor etablieren. Da Landesjugendchöre in vielen Bundesländern bereits ein fester Bestandteil der Kulturszene sind, lag es nahe, diesen Versuch erneut zu unternehmen. Der Chor gab im ersten Jahr mit 28 Jugendlichen sein Debüt. Mittlerweile zählt er rund 50 aktive Mitglieder.

nmz: Wer finanziert den Chor und wer trägt Verantwortung für die strukturelle und künstlerische Konzeption?

Fels-Lauer: Der Saarländische Chorverband ist Träger des Chores, also auch in finanzieller Hinsicht. Alle musikalischen Belange liegen in den Händen des Leitungsteams. Meist wechseln sich weltliche und geistliche Projekte ab, auch Werke mit Orchester sind Bestandteil der Projekte. Die Vielfalt und vor allem die Qualität der Konzerte soll Zugpferd für die jungen Sänger/-innen sein. Sie sollen hier die Möglichkeit bekommen, Literatur zu singen, die sie stimmlich und künstlerisch voranbringt.

nmz: Wie setzt sich der Chor derzeit zusammen? Aus welchen Bereichen kommen die Mitglieder?

Fels-Lauer: Der LJC Saar hat aktuell 50 aktive Mitglieder im Alter zwischen 15 und 30 Jahren, die sich aus allen Ecken und Enden des Saarlandes regelmäßig zu den Proben- und Konzertphasen meist in der Landeshauptstadt Saarbrücken einfinden, um gemeinsam zu musizieren und Projekte zu erarbeiten. Die Bereiche, aus denen die Mitglieder stammen, sind nicht nur in musikalischer Hinsicht vielfältig. Ein Großteil sind natürlich Schülerinnen und Schüler, die über regionale Chöre oder Schulchöre den Weg in den LandesJugendChor Saar gefunden haben. Die zweite größere Gruppe sind Studenten, nicht nur, aber teilweise auch Studenten der Musikhochschule Saar und der Universität des Saarlandes. Die dritte Partei macht die arbeitende Bevölkerung aus. In den Reihen des Chores findet sich ein Querschnitt durch alle Berufssparten.

nmz: Was müssen die Leute außer einer guten Stimme in den Chor einbringen?

Fels-Lauer: Es sind vor allem Motivation, Lust am Singen, Leistungsbereitschaft und der Wille, sich auch über die Maßen in den Chor einzubringen. Aber auch ein Quäntchen Chorverrücktheit kann nicht schaden. Außerdem sind natürlich Chorerfahrung und die Beherrschung eines Instrumentes wünschenswert. Entscheidend ist hierbei ein großes Engagement, nicht nur in den Proben, sondern auch in Eigenarbeit die Stücke und Projekte selbständig vorzubereiten. Das gehört genauso dazu wie die Fähigkeit, sich in das funktionierende soziale Gefüge des LandesJugendChores einzugliedern.

nmz: Setzt man beim LJC Saar auf eine kontinuierliche künstlerische Leitung oder auf wechselnde Dirigenten/-innen? Wie setzt sich das musikalische Team zusammen?

Fels-Lauer: Von Anbeginn der Gründung sind Alexander Lauer (Chorleitung) und ich (Stimmbildung und Organisation) als Leitungsteam verantwortlich. Aus unserer Sicht hat das den Vorteil, dass Sänger/-innen, die ja nicht im Profibereich tätig sind, über viele Jahre ein und dieselbe klangliche und musikalische Führung erfahren. Alexander Lauer, selbst Sänger und Domkantor in Speyer hat über viele Jahre in verschiedenen Rundfunkchören und Kammerchören gesungen. Sein Klangideal ist vor allem geprägt vom Stuttgarter Kammerchor unter Frieder Bernius. Ich selbst bin Sängerin und Gesangsdozentin an der Hochschule für Musik des Saarlandes. Auch ich habe viele Jahre im Stuttgarter Kammerchor gesungen. Diese gemeinsame Basis einer deckungsgleichen Klangvorstellung bedeutet, dass wir „an einem Strang ziehen“.

nmz: Was sind die aktuellen Projekte und wie sieht die mittelfristige Planung aus?

Fels-Lauer: Das aktuelle Programm „Die Reise – ein musikalisch-theatraler Bilderbogen“ war bei den Musikfestspielen Saar bereits drei Mal zu erleben. Gemeinsam mit der Regisseurin Anja Panse, die das Konzept hierfür entwickelte, erzählt der Chor eine Geschichte, setzt Lieder in Bilder. Mit diesem Programm geht es im Juli auf Konzertreise nach Berlin (27. Juli 2013). Des Weiteren ist im Oktober eine CD-Produktion mit Deutschlandradio Berlin geplant, die dem LJC als Sieger des Deutschen Chorfestes Frankfurt am Main 2012 von Deutschlandradio Berlin als Sonderpreis gestiftet wurde. Für das kommende Jahr planen wir die Wiederaufnahme des diesjährigen Projektes mit Konzerten in Frankfurt, Metz und anderen Städten, eine Konzertreise nach Südafrika sowie ein weihnachtlich geprägtes Chorprojekt. Es wird also spannend und musikalisch gut gefüllt sein!

nmz: Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit anderen Chören, Institutionen, Rundfunkanstalten und gegebenenfalls weiteren Partnern?

Fels-Lauer: Partner für eine Zusammenarbeit zu finden war für uns bisher keine Schwierigkeit. Das Landesjugendsymphonieorchester Saar ist hierbei schon mehrfach Partner gewesen. Für unsere Aufführungen von „Ein Deutsches Requiem“ von Johannes Brahms waren neben dem LJO der Mädchenchor am Trierer Dom sowie die Männerstimmen der Trierer Domsingknaben mit im Boot. Auch hier bestehen bis zum heutigen Tag freundschaftliche Bande. Den Austausch mit anderen Chören sehen wir als Bereicherung an, so stehen regelmäßig Begegnungskonzerte mit saarländischen Chören, aber auch ausländischen Chören auf dem Programm. Der Saarländische Rundfunk ist ein mehr als verlässlicher Partner in Sachen Werbung und Unterstützung für den Chor. Mehrfach wurden wir bereits in Rundfunksendungen eingeladen. Es wurden vom SR Mitschnitte von Konzerten initiiert; zudem berichtet der SR immer zu aktuellen Anlässen über alle anstehenden Projekte. Ein wichtiger Baustein, um auch überregional wahrgenommen zu werden.

nmz: Wird der Chor in der Region von anderen (Jugend-)Chören akzeptiert oder als Konkurrenz wahrgenommen?

Fels-Lauer: Vermutlich beides. Letzteres ist für den LandesJugendChor sehr bedauerlich, denn wir sehen uns keineswegs als Konkurrenz, wollen vielmehr eine Bereicherung für die Chorszene sein. Letztendlich profitieren Chöre davon, wenn einige ihrer Mitglieder im LandesJugendChor singen. Bisher eher „normal“ singende Jugendliche werden durch die gewonnene Erfahrung zu Stimmführern. Jeder wächst mit seinen Aufgaben. Es ist auch nicht so, dass wir „elitär“ denken und nur „stimmliche Überflieger“ aufnehmen. Nein, bisher haben wir nur ganz wenige nach einem Vorsingen abgelehnt. Im Gegensatz zu anderen Kammerchören, die oftmals nur versierte Sänger/-innen mit einer gereiften Stimmtechnik aufnehmen, geben wir uns die Mühe, auch chorisch unerfahrene Jugendliche auszubilden. Eine wichtige Nachwuchsarbeit, die manchmal beim Hören und Erleben des LJC Saar nicht wahrgenommen wird. Es gibt dutzende Mitglieder des Chores, die regelmäßig in anderen Chören singen. Da der LJC ein reiner Projektchor ist und nur kompakt probt, kann er schon allein deswegen keine Konkurrenz zu wöchentlich probenden Ensembles sein. 

nmz: Warum wurde kürzlich ein Förderverein für den LJC Saar gegründet und was hat das auf die Entwicklung des Chores für einen Einfluss?

Fels-Lauer: Der LJC ist nach wie vor in ständigem Wachstum begriffen. Mit Wachstum ist natürlich nicht nur die stetig steigende Anzahl aktiver Sängerinnen und Sänger gemeint, sondern auch die steigende musikalische Qualität und die wachsende Bekanntheit und Popularität des Chores. Damit seine Entwicklung nicht aus finanziellen oder anderen Gründen ausgebremst wird, hat sich ein Förderverein für den LandesJugendChor Saar gegründet mit dem Ziel, den Chor auf vielfältige Weise auf seinem weiteren Weg zu begleiten. Hauptsächlich geht es hierbei um Werbung und Finanzierung des Chores. Derzeit muss beispielsweise noch jedes Mitglied einen Teilnehmerbeitrag zahlen, Reisen sind nur schwer realisierbar. Damit niemand der Sänger/-innen aus finanziellen Gründen auf etwas verzichten muss, hat sich der Förderverein gegründet.

nmz: Was würde sich der LJC Saar von der Politik an Unterstützung für seine Arbeit wünschen?

Fels-Lauer: Seit unserem Wettbewerbs-erfolg in Frankfurt am Main wird der LJC auch auf der breiten landespolitischen Bühne wahrgenommen und soll nun auch verstärkt als saarländischer Repräsentant fungieren. Wir nehmen diese Rolle natürlich gerne an, knüpfen allerdings auch Erwartungen daran. So beispielsweise wünschen wir uns Werbung, neue Kontakte wie beispielsweise zu Partnerstädten und Unterstützung in finanziellen Belangen, gerade, da wir auch als Botschafter des Saarlandes unterwegs sind.

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