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Jens Düppe mit Spieluhr während einer Performance. Foto: Gerhard Richter
Jens Düppe mit Spieluhr während einer Performance. Foto: Gerhard Richter
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In einem Meer von Schwingungen

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Jens Düppe und seine ungewöhnlichen Kommunikationskonzerte
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Waren Sie schon einmal in einem „Geräusch-Café“? Und haben dort gar ein Konzert gehört? Wohl kaum, wenn Sie nicht gerade am 2. oder 3. April in einer Kölner Galerie weilten, um – ja, um einfach nur Geräuschen zuzuhören, die aus einigen kleinen Lautsprechern in einen spärlich möblierten Raum rieselten. Die eher leisen Geräusche wurden nebenan von zwei Perkussionisten mittels angezündeter Streichhölzer, sich in Wasser auflösenden Vitamintabletten, zerrissenem Papier, in eine Schale kullernden Erbsen, raschelnden Plastiktüten oder auch schepperndem Besteck und Geschirr erzeugt. Dazwischen Geknister und Geknaster. Alle halbe Stunde ertönte eine menschliche Stimme, die des Luxemburger Wahl-Kölners Guy Helminger, der live aus dem Nebenraum eigene Gedichte rezitierte.

Auf eine solche Idee kann nur der Kölner Schlagzeuger und Perkussionist Jens Düppe kommen, einer der innovativsten Vertreter der improvisierten Musik hierzulande. Seine Reihe „Kommunikation 9“ läuft nun schon im fünften Jahr, eine Performance ungewöhnlicher als die andere. „Ausgangspunkt des Projekts“, erläutert Düppe, „war die Frage: Wie neugierig bin ich denn eigentlich noch? Wofür können sich Zuhörer in einem Raum interessieren, in dem sie nichts Vertrautes vorfinden, weder akustisch noch optisch? Die Geräusche machen vorerst keinen Sinn, stören vielmehr. Aber da es nichts anderes zu hören gibt, entdeckt man schließlich, wieviel Nuancen in den Geräuschen auftauchen, und mit einiger musikalischer Intuition empfindet man plötzlich Elemente von Musik und Rhythmus. Niemand von den schweigsamen, gelegentlich flüsternden Gästen langweilte sich. Alle haben das mehr oder weniger meditierend genossen, auch die scheinbar sinn-losen, sinn-zerrissenen Gedichte. Mit diesen vorgegebenen Texten sollte eine Balance zu den von Peter Kahlenborn und mir improvisierten Geräuschen gebildet werden.“

So wie hier gedruckte Literatur mit Improvisation konfrontiert wurde, so strebt Düppe generell danach, immer wieder Bereiche der Musik, möglichst der improvisierten, mit Bereichen der Kunst zu kombinieren und zu einer gemeinsamen Performance zu entwickeln. „Ich habe mich“, erläutert er seine Philosophie, „schon immer sehr breit gefächert für Musik und Kunst interessiert. Und in dieser Reihe lasse ich praktisch alles zu, wofür ich mich interessiere. Genres und Schubladen haben durchaus ihren Sinn, aber ich möchte einfach alle möglichen Schubladen aufmachen und Kombinationen zusammenstellen, die es in der Realität sonst nicht gibt.“

Ausgangspunkt für eine Performance ist die Location, die Düppe mit großer Sorgfalt aussucht, denn Teil seiner Philosophie ist, „dass ich mir zuerst einen Spielort aussuche, ihn mit einem Thema fülle und das Thema dann wiederum mit Musikern und Künstlern. Normalerweise ist es ja umgekehrt: Man sucht sich erst einen bestimmten Musiker oder eine Band, dann kommt die Frage nach der Musik und dann erst die nach der Location.“ So fand er für sein Projekt „Die Meteorologie des Echoplex“ am 3. September eine ausgediente Kölner Fuhrwerkswaage, einen acht Meter hohen, weiß gekalkten kubischen, völlig leeren Raum, „mit einem wahnsinnigen Echo und einer ganz extremen Akustik“. Hier gibt es eine „Konzertinstallation“, bei welcher der lange, kirchenähnliche Hall ebenso eingesetzt wird wie die weißen Wände, „die geradezu danach schreien, mit Bild oder Video bespielt zu werden“. Dafür entwickelte der Videokünstler Sven Hahne ein Programm direkter Kommunikation zwischen den Akteuren: Töne der Performer werden aufgenommen und visuell umgesetzt. Entsprechend den an die weiße Wand projizierten, auf Tönen basierenden Lichteffekten reagieren wiederum die Erzeuger der Töne, die zugleich Bilderzeuger sind. Ein sich schließender Kommunikationskreis.

Das komplette Porträt finden Sie auf www.jazzzeitung.de

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