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Im Stuttgarter Mittnachtbau wurde die Entscheidung verkündet. Foto: Koch
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Salomonische Entscheidung mit offenen Fragen

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An jeder der fünf baden-württembergischen Musikhochschulen wird es künftig ein „Landeszentrum“ geben
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Es war ein wenig überraschendes Ergebnis, das Wissenschaftsministerin Theresia Bauer Mitte Oktober in Stuttgart verkündete: An jeder der fünf baden-württembergischen Musikhochschulen wird es künftig ein so genanntes „Landeszentrum“ geben. Die auf fünf Jahre befristete Finanzierung dieser Profilierungsmaßnahme wirft jedoch Fragen auf.

Die 2013 von einer „Beratenden Äußerung“ des Landesrechnungshofes und einem Sparkonzept des Wissenschaftsministeriums ausgelöste Diskussion zur Zukunft der Musikhochschulen in Baden-Württemberg ist mit der Entscheidung für diese Landeszentren zu einem vorläufigen Ende gekommen. Nachdem Bauers ursprüngliche Pläne, die für Mannheim und Trossingen gravierende bis existenzbedrohende Folgen gehabt hätten, nicht zuletzt aufgrund des breiten Widerstands wieder in der Schublade landeten, war im Zuge der daraufhin einberufenen „Zukunftskonferenzen“ das Grundgerüst für die nun präsentierte Lösung entwickelt worden.

Sie beinhaltet unter anderem die Einrichtung von fünf Landeszentren, mit denen, so die Ministerin, „die Profilbildung und innovative Ansätze“ an den Musikhochschulen ge­stärkt werden sollen. Für mehrere solche Landeszentren konnten die Hochschulen sich bewerben. Eine Garantie, eines zu bekommen, gab es nicht, und doch ist auf wundersame Weise kein Standort leer ausgegangen.

Die Zentren für Mannheim („Dirigieren“) und Karlsruhe („Musikjournalismus und Musikinformatik“) sind naheliegend und erklären sich von selbst. In Trossingen wird unter dem Motto „Musik – Design – Performance“ ein Bereich gestärkt, der sich in der Kooperation mit der Hochschule Furtwangen schon profiliert hat. Freiburg bekommt ein „Lehr- und Forschungszentrum Musik“, das in Zusammenarbeit mit Universität und Pädagogischer Hochschule den Anspruch erhebt, die „für Deutschland typische Trennung zwischen der ‚praxislosen‘ wissenschaftlichen Musikausbildung an den Universitäten und der vermeintlich rein praktischen Ausbildung an den Musikhochschulen“ zu überwinden. In Stuttgart liegt der Schwerpunkt auf zeitgenössischem Kunstschaffen. Der „campus gegenwart“ soll spartenübergreifende Verbindungen schaffen, wobei im Musikbereich neben der Neuen Musik auch Jazz/Pop einbezogen ist. Damit dürfte, so deutete es auch Minis-terin Bauer an, die vor zwei Jahren noch im Raum stehende Abschaffung der Jazzausbildung in Stuttgart vom Tisch sein.

Für die Personalausstattung dieser Landeszentren mussten die Musikhochschulen je zwei W3-Professuren in einen imaginären Pool abgeben. Das Ministerium steuert weitere fünf W3-Professuren sowie fünf Mittelbaustellen bei, finanziert diese allerdings nur bis 2020. Somit müssen die Musikhochschulen bis dahin entscheiden, wo sie – zugunsten einer Fortführung ihres Landeszentrums auf gleichem Niveau – Umwidmungen vornehmen. Dies soll, das ließ die Ministerin auf Nachfrage anklingen, offenbar dazu führen, dass nicht unbedingt notwendige Mehrfachangebote zurückgefahren werden. Hier wird sich die nach den Verwerfungen von 2013 nun wieder an einem Tisch sitzende Landesrektorenkonferenz gemeinsam Gedanken machen müssen.

Für dieses Gremium konnte deren Vorsitzender, der Mannheimer Musikhochschulpräsident Rudolf Meister, bei der Pressekonferenz nur bedingt sprechen, weil seine Kollegen/-innen die Entscheidung zu den Landeszentren erst kurz zuvor mitgeteilt bekommen hatten. Er bedankte sich bei Theresia Bauer dafür, dass sie „dem Diskussionsprozess seine Eigendynamik gelassen“ und mit dem Anfang des Jahres in Kraft getretenen Hochschulfinanzierungsvertrag auch die Musikhochschulen an der jährlichen Steigerung der Grundfinanzierung um drei Prozent beteiligt habe.

Im Zusammenhang mit dem Landeszentrum Dirigieren erinnerte er aber auch an den fehlenden großen Konzertsaal für die Mannheimer Musikhochschule, der trotz einer grundsätzlichen Entscheidung von 1996 noch immer nicht in Sicht sei.

Gegenüber der nmz ging Rudolf Meis­ter außerdem auf die Besonderheiten der Vereinbarungen mit dem Ministerium ein: „Dadurch, dass bestimmte Mittel nicht so in die Grundfinanzierung übertragen wurden, wie das bei anderen Hochschularten der Fall ist, könnte es nochmal einen Zeitpunkt geben – spätestens Ende 2020 –, wo das neu diskutiert werden muss. Ich hoffe sehr, dass wir nicht noch einmal eine solche Diskussion erleben wie 2013. Bei Mitteln, die nicht vom Landtag beschlossen sind, besteht immer die Gefahr, dass sie als wieder streichbar angesehen werden. Da müssen wir sehr aufmerksam bleiben.“

Dieser Unsicherheitsfaktor ist vom Ministerium offenbar bewusst einkalkuliert. Schließlich hat man mit den Hochschulen bestimmte Ziele vereinbart, die man erfüllt sehen will. Dazu zählt die Reduzierung der Studienplätze um etwa 150 bis 2018, von der Mannheim mit 80 zu streichenden Plätzen am stärksten betroffen ist.

Auch das Thema Lehrbeauftragte hat die Ministerin ein Stück weit an die Hochschulen zurückgegeben, weil diese selbst ihren Teil zur 20-prozentigen Steigerung der entsprechenden Mittel beitragen müssen. Wie sich insbesondere die ins Spiel gebrachte Erhöhung der Stundendeputate im Mittelbau auf die Lehraufträge auswirken wird, ist noch unklar.

Hintergrundinformationen lesen Sie im Hochschulmagazin, das der Dezember-Ausgabe der nmz beiligen wird.

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