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Roland Bolender, Gregor Müller: Leitfaden Gesangsklasse (Lehrerband) Ein Konzept für das erfolgreiche Singen mit Schulklassen (für Klasse 5 und 6), 128 S., inkl. DVD und Lösungsheft Helbling S6830, € 34,80, ISBN 978-3-86227-097-2
Roland Bolender, Gregor Müller: Leitfaden Gesangsklasse (Lehrerband) Ein Konzept für das erfolgreiche Singen mit Schulklassen (für Klasse 5 und 6), 128 S., inkl. DVD und Lösungsheft Helbling S6830, € 34,80, ISBN 978-3-86227-097-2
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Unter dem Dach des Drei-Säulen-Konzepts

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Realitätsnah und praktisch verwurzelt: Der „Leitfaden Gesangsklasse“ bei Helbling
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Roland Bolender, Gregor Müller: Leitfaden Gesangsklasse (Lehrerband) Ein Konzept für das erfolgreiche Singen mit Schulklassen (für Klasse 5 und 6), 128 S., inkl. DVD und Lösungsheft Helbling S6830, € 34,80, ISBN 978-3-86227-097-2

Schülerheft, 64 Seiten Helbling S6831, € 9,80, ISBN 978-3-86227-098-9

JeSiG – Jeder Schule ihre Gesangsklasse! So könnte eine fiktive Parole angesichts der allerorten aus dem schulischen Humus schießenden Chorklassen lauten. Und vieles spricht dafür, diese Entwicklung freudig zu begrüßen: Da wäre zum einen die Fokussierung stimmlichen musikalischen Handelns im Regelunterricht, soll heißen integriert in den Kernbereich der Stundentafel. Die Gesangsklasse bietet hier ähnlich wie die vergleichbaren instrumentalen Modelle eine spezialisierte Alternative zum „normalen Musikunterricht“, welche sich üblicherweise über zwei Jahre erstreckt. Die Vorteile für die Kinder, denen das Singen ein großes Anliegen ist, liegen auf der Hand: In dem Bewusstsein, in besonderen Maße stimmlich gefördert und – hoffentlich auch – gefordert zu werden, erarbeiten sich die Schüler/-innen neben sängerischer Kompetenz auch die Inhalte des jeweiligen Jahrgangsstufenlehrplans aus der vokalen Perspektive. Wenn auch aus Zeitgründen sicher nicht alle Lehrplanaspekte gleichermaßen wie im Musikunterricht ohne Schwerpunkt behandelt werden können, so ist der Gewinn dieser Vorgehensweise in punkto Selbstwahrnehmung, Selbstkompetenz und auch der intensiven Verknüpfung musiktheoretischer Aspekte mit stimmlichem Handeln evident.

Es ist zu vermuten oder zumindest zu hoffen, dass die Schüler/-innen nach dem Durchlaufen des Modells zum einen auch eine große Offenheit für musikästhetische Überlegungen im Unterricht der höheren Jahrgangsstufen entwickeln, zum anderen motiviert, bereitwillig und vor allem eben auf höherem Niveau den Wahlunterrichtsbereich (Chöre, Musical-AG usw.) durch ihre Mitwirkung zu bereichern. Das Modell sollte aber genauso wie die instrumentalen Varianten keinesfalls als grundsätzlich mögliche Alternative zum Musikunterricht ohne Schwerpunkt verstanden werden, eben weil viele Kinder diese fokussierte Beschäftigung nicht leisten wollen oder können. Bereits hier, im Bereich der konzeptuellen Überlegungen zur Bildung und konkreten Zusammensetzung einer Gesangsklasse wird klar: Scheitern und Gelingen eines derartigen Models liegen sehr nahe beieinander, und um ersteres zu verhindern, ist es hilfreich, sich der Unterstützung und Erfahrung derer zu versichern, die bereits Pionierarbeit geleistet haben. Und es herrscht Nachholbedarf bezüglich derartiger Hilfestellungen: Nach einer Veröffentlichung bei Schott aus dem Jahre 2008 liegt nun bei Helbling der „Leitfaden Gesangsklasse“ vor. Die zwei Bände, in Lehrerband (nebst DVD) und Schülerheft gegliedert, entwickeln einen durchdachten Strukturplan für die Einrichtung und Durchführung des Gesangsklassenmodells. Die Musikpädagogen Gregor Müller und Roland Bolender erweisen sich einerseits als äußerst versiert im gesangspädagogischen Bereich, schaffen es andererseits aber eben auch, ihre Ideen, Hilfestellungen und Anregungen unter dem Dach eines Drei-Säulen-Konzeptes (Stimmbildung – Audiation – Literatur) ausbalanciert zu vereinen. Sind die Tipps zur Einrichtung der Gesangsklasse eher noch minimalistisch gehalten und in dieser Knappheit wiederum eher allgemein formuliert, so ist die Darstellung des oben genannten Säulenmodells profund, nachhaltig und vor allem motivierend für den Nachvollzug geraten. Grundsätzlich wohltuend ist es, dass ideologisch-ästhetische Ausschweifungen durch die Weiten der Gesangspädagogik keinerlei Raum bekommen, vielmehr, dass didaktische Überlegungen immer unverzüglich mit Möglichkeiten der methodischen Umsetzung verknüpft werden.

Innerhalb des Säulen-Modells vollzieht sich die Entwicklung in den einzelnen Bereichen streng nach dem aufbauenden Prinzip, auch unter Einbezug speziell ausgerichteter Leistungsmessung. Gerade letzterem Aspekt muss im Rahmen einer auf intensiver Spezialförderung beruhenden Unterrichtsform große Bedeutung zuerkannt werden: Freude am Singen und das Bewusstsein, durch intensive Beschäftigung und das Bewältigen sinnvoll gesetzter Standards einen höheren musikalischen Kompetenzgrad zu erreichen … um vielleicht gerade dadurch noch mehr Freude am Singen zu erleben, bilden letztlich einen Zirkelschluss.

Die bewährten Mittel zur Förderung der Klangvorstellung (Relative Solmisation) und des musikalischen Zeitempfindens (Rhythmussprache) werden sinnvoll integriert und – auch dies erfreulich – in ihren begrenzten Möglichkeiten akzeptiert. Sie dienen lediglich dazu, bestimmte Ebenen zu erreichen und bilden somit die Grundlage für die berechtigte Hoffnung, dass auf der Basis dieser Schulung auch Musik mit komplexerer Rhythmik und vagierender Harmonik leichter imaginiert und umgesetzt werden kann.

Das Schülerheft ist mit der Struktur des Lehrerbandes verzahnt und bildet sicherlich ein gut einsetzbares Lernmittel, den Unterricht vor- und nachzubereiten. Der Erfahrung des Autors nach dürfte die grundschulorientierte graphische Gestaltung die ästhetischen Erwartungen der primär anvisierten Jahrgangsstufen 5 und 6 aber eher verfehlen. Auch in der Darstellung und der Aufbereitung theoretischer Aspekte bleiben die Autoren im Schülerheft manchmal hinter dem systematischen Anspruch des Lehrerbandes zurück. So wäre beispielsweise der Einbezug des Zirkelmodells zur Halbton-Ganztonvorstellung gerade im vokalen Zusammenhang zumindest als Ergänzung zum instrumental geprägten Tastaturmodell wünschenswert.

Die beiliegende DVD darf als sinnvolles Hilfsmittel zum Verständnis und der Umsetzung der im Lehrerband exponierten methodischen Schritte bezeichnet werden. So ganz „nebenbei“ gibt sie natürlich auch den Autoren die Möglichkeit, die Ergebnisse ihrer Bemühungen zu demonstrieren. Hierbei wirkt es sehr sympathisch, dass nicht nur vokale Dressurhöchstleistungen zu sehen/hören sind, sondern vielmehr, dass auch Schüler/-innen einer Gesangsklasse den ganz normalen Motivationsschwankungen des Schulalltags zu unterliegen scheinen.

Gerade in ihrer praktischen Verwurzelung und schulischer Realitätsnähe kann die Veröffentlichung die mit einem „Leitfaden“ verbundenen Hoffnungen bestens erfüllen.

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