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Als Hoforchester gegründet: Staatskapelle Berlin feiert 450 Jahre. Foto: Staatskapelle Berlin
Als Hoforchester gegründet: Staatskapelle Berlin feiert 450 Jahre. Foto: Staatskapelle Berlin
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Als Hoforchester gegründet: Staatskapelle Berlin feiert 450 Jahre

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Berlin - Eines der ältesten Orchester in Deutschland hat runden Geburtstag: Die Staatskapelle Berlin, das Orchester der Staatsoper Unter den Linden, wird 450 Jahre alt. Mit einem Konzert unter der Leitung ihres Chefdirigenten Daniel Barenboim und einer Festrede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird an diesem Freitag (11. September) im großen Saal der Staatsoper gefeiert.

Das Konzert wird auf arte Concert live gestreamt und am 13. September (16.50 Uhr) im arte-Fernsehen übertragen. Auf dem Programm stehen unter anderem Ludwig van Beethovens 7. Sinfonie und Jörg Widmanns Auftragswerk «Zeitensprünge - 450 Takte für Orchester». Eine Ausstellung im Apollo-Saal zeichnet die Orchestergeschichte nach, am Samstag (12. September) treten die Musiker zu einem «Tag für die Staatskapelle» auf.

Die Staatskapelle blickt auf eine bewegte Geschichte zurück. Gegründet wurde sie 1570 als Kurbrandenburgisches Hoforchester von Fürst Joachim II. Über Kriege, politische Umbrüche und Wirtschaftskrisen hinweg entwickelte sich die Kapelle zum berühmtesten Orchester der deutschen Hauptstadt - neben den Berliner Philharmonikern. Erst gut 170 Jahre nach Gründung des Orchesters bekam die Hofkapelle 1742 auch das Opernhaus Unter den Linden.

Die Cellistin Isa von Wedemeyer, die seit 1999 in der Staatskapelle spielt, empfindet diese Geschichte auch ganz persönlich. «Ich bekomme Gänsehaut, wenn ich daran denke, dass hier auch einmal Felix Mendelssohn durch die Gänge schritt», sagt sie.

Ob der Mauerbau 1961, der durch den Weggang vieler Musiker in den Westen große Lücken im Orchester riss, oder der Mauerfall 1989, mit dem die Staatskapelle neue Perspektiven bekam - «das Orchester stand immer im Zentrum der Politik», sagt die Geigerin Susanne Schergaut, die seit rund 30 Jahren der Staatskapelle angehört.

Am Ende der Kaiserzeit stand durch die Flucht von Wilhelm II. die Staatsoper zunächst ohne Gönner da. Mit der Weimarer Republik stieg das Opernhaus zu neuer Blüte auf, Dirigenten-Legenden wie Richard Strauss, Otto Klemperer, Erich Kleiber oder Wilhelm Furtwängler standen an der Spitze.

Dann bemächtigten sich die Nazis auch der Staatsoper, während auf dem Bebelplatz Bücher verbrannt wurden. Auch vor einer «Säuberung» im Orchester machten die neuen Herrscher nicht halt - angetrieben von internen Verdächtigungen und ideologischem Eifer, wie der Historiker Misha Aster in seiner Geschichte der Lindenoper im 20. Jahrhundert schreibt.

Am 1. September 1944 wurde die Preußische Staatsoper offiziell aufgelöst, die Musiker mussten in Rüstungsfabriken in Berlin-Reinickendorf arbeiten. Am 3. Februar 1945 dirigierte Herbert von Karajan die Staatskapelle zur Wiedereröffnung in der Staatsoper, die gerade durch alliierte Bomben beschädigt worden war. Wenig später wurde sie wieder mit Brandbomben zerstört. Mit dem Wiederaufbau zu DDR-Zeiten, doch vor allem mit der jüngsten Sanierung erhielt die Staatskapelle eine Spielstätte mit ausgetüftelter Akustik.

Ihr größtes Kapital hat die Staatskapelle über die Jahrhunderte gerettet: Ihre Doppelrolle als Opern - und Konzertorchester. «Das gibt uns eine enorme Flexibilität», sagt Geigerin Schergaut. Morgens die Probe für eine Brahms-Sinfonie, abends im Orchestergraben eine Mozart-Oper - diese geteilten Funktionen prägten die Musiker besonders, sagt auch Cellistin von Wedemeyer. Die großen Emotionen der Oper färbten auf die Spielweise in den Konzerten ab.

Dabei war nach der Wende die Zukunft der Staatsoper keineswegs sicher. Als um das Jahr 2000 die Berliner Spardiskussion um einen Zusammenschluss der Hauptstadt-Opernhäuser entbrannte, stand auch die Staatskapelle zur Disposition. Mit Barenboim, der 1992 die Leitung der Staatsoper übernommen hatte, kamen die Pläne vom Tisch, der Bund stieg neben dem Land Berlin als Geldgeber für die Staatskapelle ein.

Überhaupt Barenboim: Unter dem argentisch-israelischen Dirigenten und Pianisten wurde die Staatskapelle so etwas wie die Botschafterin für den «german sound», wie die «New York Times» schrieb. Barenboim lege eben großen Wert auf den Klang, sagt Schergaut. Natürlich sei er der Chef, er suche aber im Orchester stets auch einen starken musikalischen Partner. Barenboim wird demnächst 78, das Orchester hatte ihn im Jahr 2000 zu seinem Chef auf Lebenszeit ernannt.

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