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Die ersten Hürden wurden genommen

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Aus der Arbeit der Enquete-Kommission Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements des Deutschen Bundestags

Am 14. Februar 2000 wurde die Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ des Deutschen Bundestags von Bundestagspräsident Thierse in ihr Amt eingesetzt. Damit wurde ein Beschluss des Deutschen Bundestags aus dem Dezember 1999 umgesetzt. Der Deutsche Bundestag hat dieser Enquete-Kommission auf Antrag der SPD-Fraktion, der CDU/CSU-Fraktion, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der F.D.P.-Fraktion einen umfassenden Auftrag erteilt.

Enquete-Kommissionen sind institutionalisierte Beratungseinrichtungen des Deutschen Bundestages, in denen Abgeordnete gemeinsam mit nicht dem Parlament angehörenden Sachverständigen ein vom Bundestag übertragenes Thema bearbeiten. Ihre Aufgabe besteht grundsätzlich darin, zu diesem Thema das relevante Material möglichst umfassend zusammenzutragen und dadurch gesetzgeberische Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachkomplexe vorzubereiten.

Der Enquete-Kommission „Zukunft des Bürgerschaftlichen Engagements“ gehören 22 Mitglieder an. Davon sind 11 Abgeordnete und 11 Sachverständige. Die Abgeordneten des Deutschen Bundestags haben jeweils einen Stellvertreter oder eine Stellvertreterin. Die Sachverständigen Mitglieder der Enquete-Kommission haben in der Enquete-Kommuissionsarbeit die gleichen Rechte und Pflichten wie die Abgeordneten des Deutschen Bundestags. Sie werden als Einzelpersonen aufgrund ihres Sachverstands berufen und sind nur ihrem Gewissen verpflichtet. Die Sachverständigen Mitglieder werden von den Fraktionen des Deutschen Bundestags benannt und vom Bundestagspräsidenten ernannt.

Als Mitglieder für die Enquete-Kommission wurden von der SPD benannt:

 Ordentliche Mitglieder: Dr. Michael Bürsch, Renate Gradistanac, Karin Kortmann, Ute Kumpf, Karsten Schönfeld
 Stellvertretende Mitglieder: Lothar Binding, Peter Dressen, Lilo Friedrich, Dieter Grasedieck, Wilhelm Schmidt
 Sachverständige Mitglieder: Prof. Dr. Adelheid Biesecker, Priv. Doz. Dr. Gerd Mutz, Ludwig Pott, Manfred Spangenberg, Olaf Zimmermann

Von der CDU/CSU wurden als Mitgliederbenannt:

 Ordentliche Mitglieder: Ilse Aigner, Marie-Luise Dött, Norbert Barthle
 Stellvertretende Mitglieder: Klaus Holetschek, Eva-Maria Kors, Klaus Riegert
 Sachverständige Mitglieder: Prof. Dr. André Habisch, Prof. Dr. Peter Maser, Prof. Dr. Thomas Olk

Bündnis 90/Die Grünen benannte:

 Ordentliche Mitglieder: Christian Simmert
 Stellvertretende Mitglieder: Dr. Antje Vollmer
 Sachverständige Mitglieder: Prof. Dr. Adalbert Evers

Die F.D.P benannte:

 Ordentliche Mitglieder: Gerhard Schüßler
 Stellvertretende Mitglieder: Ernst Burgbacher
 Sachverständige Mitglieder: Rupert Graf Strachwitz

Die PDS benannte:

 Ordentliche Mitglieder: Dr. Klaus Grehn
 Stellvertretende Mitglieder: Monika Balt
 Sachverständige Mitglieder: Prof. Dr. Roland Roth

Vorsitzender der Enquete-Kommission ist Dr. Michael Bürsch, seine Stellvertreterin ist Marie-Luise Dött.

Laut Einsetzungsbeschluss soll die Enquete-Kommission eine Bestandsaufnahme leisten. Dabei soll sie „die gegenwärtige Situation des Bürgerschaftlichen Engagements erfassen und unter Berücksichtigung folgender Aspekte analysieren und bewerten:
1. Begriffsklärung zum Bürgerschaftlichen Engagement einschließlich damit zusammenhängender Themenfelder wie Ehrenamt, Selbsthilfe und Freiwilligenarbeit; politikrelevante Aufbereitung des Diskussionsstandes in Wissenschaft und Praxis.
2. Das Verhältnis des Bürgerschaftlichen Engagements zur Erwerbsarbeit.
3. Erarbeitung eines typologischen Überblicks über die verschiedenen Erscheinungsformen und Ausprägungen Bürgerschaftlichen Engagements:
o in den verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen wie Kultur, Sport, Soziales, Kirche, Pflege, Jugendarbeit, Altenarbeit, Gesundheitswesen, Bildung, Erziehung, Betreuung, Katastrophenschutz/Rettungswesen, Rechtswesen, Arbeit und Wirtschaft, Umwelt/Ökologie und Politik;
o in den verschiedenen Organisationsformen (Verbände, Vereine, Institutionen etc.) - unter Berücksichtigung des Zusammenwirkens von beruflicher Tätigkeit und Bürgerschaftlichen Engagements in diesen Organisationen;
o Aufgabenspektrum und Akzeptanz von Freiwilligenagenturen und Selbsthilfeorganisationen im Rahmen Bürgerschaftlichen Engagements.
4. Rahmenbedingungen und Bedingungsfaktoren für das Bürgerschaftliche Engagement in Deutschland:
o Rechtliche und finanzielle Rahmenbedingungen, z. B. im Stiftungsrecht, Steuerrecht, Vereinsrecht, Sozialrecht, Arbeitsrecht, Gemeinnützigkeitsrecht; Fragen von Haftung und Versicherungsschutz;
o soziale Bedingungsfaktoren: gesellschafts- und geschlechtsspezifische Ausprägungen Bürgerschaftlichen Engagements; Bedeutung von familiären Verhältnissen, Bildungsstand und Ausbildung;
o wirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Rahmenbedingungen, u. a. Freistellungsregelungen und andere Fragen im Zusammenhang mit der Ausübung einer beruflichen Tätigkeit;
o Fortbildungs-, Qualifizierungs- und sonstige Fördermaßnahmen für bürgerschaftlich Engagierte;
o Formen materieller und immaterieller Anerkennung Bürgerschaftlichen Engagements;
o Rolle der Medien bei der Förderung Bürgerschaftlichen Engagements.
5. Bürgerschaftliches Engagement im internationalen Vergleich: Erfahrungswerte aus anderen ausgewählten Staaten, Übertragbarkeit auf Deutschland.“ (aus dem Einsetzungsbeschluss Drucksache 14/2351)
„Auf der Grundlage der Bestandsaufnahme soll die Enquete-Kommission politische Handlungsempfehlungen erarbeiten, die zu verbesserten Rahmenbedingungen für das Bürgerschaftliche Engagement auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene führen:
1. Erarbeitung eines Orientierungsrahmens für die Förderung Bürgerschaftlichen Engagements; Vorschläge zur verstärkten Motivation der Bürgerinnen und Bürger, insbesondere auch junger Menschen, Aufgaben im Rahmen Bürgerschaftlichen Engagements zu übernehmen;
2. Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Familie und Bürgerschaftlichem Engagement in der Gesellschaft der Zukunft;
3. Förderung des Bürgerschaftlichen Engagements durch staatliche Maßnahmen (insbesondere Steuerrecht, Gemeinnützigkeitsrecht, Arbeitsrecht, Recht der sozialen Absicherung, Haftungsrecht, Versicherungsschutz, Stiftungsrecht, Vereinsrecht); Empfehlungen zur Schaffung materieller und immaterieller Anreize;
4. Vorschläge zur Verbesserung der finanziellen Rahmenbedingungen für das Bürgerschaftliche Engagement;
5. Vorschläge zur Veränderung von rechtlichen Rahmenbedingungen, insbesondere auch zum Schutz vor Risiken, die mit dem Bürgerschaftlichen Engagement verbunden sind; Abbau von bürokratischen Hemmnissen, die die Ausübung Bürgerschaftlichen Engagements behindern;
6. Qualifizierung, Fortbildung und Ausbildung bürgerschaftlich Engagierter; Nutzung durch Bürgerschaftliches Engagement erworbener Qualifikationen in der Arbeitswelt;
7. Strategien zur Motivation bislang im Rahmen Bürgerschaftlichen Engagements unterrepräsentierter Gruppen;
8. Empfehlungen zur Ausbalancierung des Verhältnisses von staatlicher Aufgabenwahrnehmung einerseits und Bürgerschaftlichen Engagements andererseits;
9. Erarbeitung von Richtlinien für die Anerkennung und Qualitätssicherung von Institutionen im Bereich des Bürgerschaftlichen Engagements;
10. Voraussetzungen und Aufgabenspektrum eines "Bündnisses für das Bürgerschaftliche Engagement" in Deutschland; Entwicklung von Modellprojekten.“ (aus dem Einsetzungsbeschluss Drucksache 14/2351)
Zur besseren Strukturierung ihrer Arbeit hat die Enquete-Kommission drei Arbeitsgruppen, so genannte Berichterstattergruppen, gebildet:

 Bürgerschaftliches Engagement und Zivilgesellschaft (Berichterstatter: Rupert Graf Strachwitz, Olaf Zimmermann),
 Bürgerschaftliches Engagement und Erwerbsarbeit (Berichterstatter: Priv. Doz. Dr. Gerd Mutz),
 Bürgerschaftliches Engagement und Sozialstaat (Berichterstatter: Prof. Dr. Adalbert Evers, Prof. Dr. Thomas Olk).

In den Berichterstattergruppen werden zum Themenkomplex gehörende Fragen vertiefend debattiert. Dabei wird vielfach das Gespräch mit externen Expertinnen und Experten gesucht. Weiter haben sowohl die Berichterstattergruppen als auch die Gesamtenquete Gutachten in Auftrag gegeben.

Rückblickend diente das erste Jahr der Enquete-Arbeit in erster Linie der Verständigung über die Inhalte, d.h. sowohl der Eingrenzung als auch in ausgewählten Fällen der Hinzunahme von Themenfeldern. Weiter wurde in Expertengesprächen und mit Hilfe von Kurzgutachten der Wissensstand zu den vielschichtigen Problemlagen des Bürgerschaftlichen Engagements vertieft. Einen Brückenschlag zur Praxis bieten jeweils die Anhörungen der Enquete-Kommission. Hier werden Verbandsvertreterinnen und –vertreter zu spezifischen Fragen ihres Bereiches befragt.

Die Ergebnisse der Expertengespräche, der Gutachten und der Anhörungen fließen in den Abschlussbericht der Enquete-Kommission ein.

Besonderes Augenmerk richtet die Enquete-Kommission auf bestehende Verwaltungshemmnisse bei der Entwicklung bürgerschaftlichen Engagement. In zwei gesonderten Gutachten wird der Frage nachgegangen, inwieweit Verwaltungsvorschriften im Zuwendungsrecht Organisationen des Dritten Sektors beschneiden und damit das bürgerschaftliche Engagement behindern. Zusätzlich wird in einem größeren Rechtsgutachten, das die Enquete-Kommission vergeben hat, diese Fragestellung behandelt. Die Berichterstattergruppe Bürgerschaftliches Engagements und Zivilgesellschaft hat zu dem Thema Staat und Bürgerschaftliches Engagement eine Expertenbefragung durchgeführt, bei der sehr kontroverse Ansichten vorgetragen wurden, so dass sich die Berichterstattergruppe voraussichtlich nochmals der Frage widmen wird.

Ziel aller Mitglieder der Enquete-Kommission ist, die Rahmenbedingungen für das Bürgerschaftliche Engagements zu verbessern. Die Mitglieder werden sich am Ende dieser Legislaturperiode daran messen lassen müssen, was sie über den Abschlussbericht der Enquetekommission dem nächsten Deutschen Bundestag auf den Weg geben werden.

Olaf Zimmermann

(März 2001)