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Ungebrochener Widerstand: 40 Politiker fordern Rücknahme der SWR-Orchesterfusion – Orchesterretter rufen zu Kundgebung auf

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Nachdem der Protest von 160 Dirigenten und 148 Komponisten gegen die faktische Auflösung des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg (SO) am Intendanten und den Rundfunkräten einmal mehr abgeperlt ist, hat sich nun erstmals nennenswerte politische Unterstützung formiert: In einer Erklärung einer „parteiübergreifenden Initiativgruppe“ fordern 40 Bundestags- und Landtagsabgeordnete aus Baden den Erhalt des SO. Die „Orchesterretter“ haben unterdessen zu einer Kundgebung im Vorfeld der Sitzung des Landtagssausschusses am Donnerstag, den 13. Februar, aufgerufen.

„Das SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg erhalten! Kulturverlust für Baden vermeiden!“ Unter diesem Motto steht die Erklärung, die von einem aus sieben Politikern bestehendem Initiativkreis erarbeitet wurde und von weiteren 33 Unterzeichnern unterstützt wird. Mit Verweis auf die veränderten Rahmenbedingungen (Mehreinnahmen durch die Umstellung auf den Rundfunkbeitrag) und das Stiftungsmodell als Alternative, appellieren sie „an den SWR, an den Landtag und an die Landesregierung sowie an die Verantwortlichen der Stadt Freiburg, die Chance für die Schaffung neuer innovativer Formate für die Orchesterarbeit zu nutzen, um SO und RSO zu bewahren, damit sich das SO als unverzichtbarer Kulturträger im Land und als weltweit auftretender Botschafter der Musikkultur Baden-Württembergs künftig weiter entfalten kann.“

Die Erklärung kommt zur rechten Zeit, denn am Donnerstag, den 13. Februar, tritt der Landtagsausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kunst im Stuttgarter Abgeordnetenhaus zusammen und berät erneut über das Thema SWR-Orchesterfusion. Anwesend sein wird diesmal auch SWR-Intendant Peter Boudgoust. Um das ungebrochene Engagement der Fusionsgegner und Befürworter einer Stiftungslösung zu unterstreichen, haben die „Orchesterretter“ für 13.30 Uhr zu einer Kundgebung vor dem Abgeordnetenhaus aufgerufen. Es gehe dabei, so der Aufruf der Freunde und Förderer des SO, „nicht allein um das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, sondern viel mehr darum, ein Zeichen zu setzen gegen den langfristigen Kulturabbau, der sich nicht nur bundesweit, sondern international immer weiter auszubreiten scheint.“

Die Erklärung des Initiativkreises im Wortlaut:

Das SWR-Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg erhalten! Kulturverlust für Baden vermeiden!

Erklärung der parteienübergreifenden Initiativgruppe zum Erhalt des SWR-Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg

1. Die unterzeichnenden Bundes- und Landtagsabgeordneten fordern den Erhalt des SWR- Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg (SO). Die für 2016 geplante Fusion mit dem RSO Stuttgart des SWR zu einem neuen gemeinsamen Rundfunkorchester mit Sitz in Stuttgart stellt faktisch die nicht hinnehmbare Auflösung des SO dar.

2. Mit der Fusion würde der nach Auffassung vieler namhafter Experten weltweit renommierteste Klangkörper für die Aufführung zeitgenössischer Musik unwiederbringlich vernichtet werden. Zugleich würde ein Kulturbotschafter Baden-Württembergs von der Weltbühne verschwinden. Freiburg und die anderen Spielorte des SO in der trinationalen Region Oberrhein erlitten einen erheblichen Kulturverlust und die breit angelegte, von Begeisterung getragene musikalische Jugendarbeit des SO fände mit der Fusion ihr Ende.

3. Der aus Beiträgen finanzierte SWR hat als gemeinnützige rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts eine besondere Verantwortung für ein gleichwertiges Kulturangebot im gesamten Sendegebiet. Land und Kommunen haben einen verfassungsrechtlichen Auftrag zur Förderung des kulturellen Lebens in Baden-Württemberg.  Dazu gehört die Berücksichtigung aller Landesteile bei der Umsetzung eines guten Kulturangebots.

4. Seit der Entscheidung des SWR zur Orchesterfusion haben sich wesentliche Rahmenbedingungen erheblich verändert: Der SWR hatte auf Grund der Umstellung der Rundfunkgebühr auf den Rundfunkbeitrag Mindereinnahmen erwartet; tatsächlich werden in nicht unerheblichem Umfang Mehreinnahmen erzielt. Die Folgekosten der geplanten Orchesterfusion gestalten sich deutlich höher als ursprünglich veranschlagt. Der zunächst entworfene Orchesterspielplan hat sich als nicht umsetzbar erwiesen, so dass das Konzertprogramm ab 2016 deutlich reduziert werden müsste. Und der Wegfall der musikalischen Jugendarbeit des SO für Freiburg und Umgebung tritt in seinen Konsequenzen erst allmählich in das Bewusstsein der Öffentlichkeit.

5. Die geplante Orchesterfusion ist keineswegs alternativlos. Angesichts der veränderten Rahmenbedingungen kann unter maßgeblicher Beteiligung des SWR sowie unter ergänzender Einbeziehung des Landes und von Kommunen der Region Oberrhein mit Unterstützung von Wirtschaft und Zivilgesellschaft ein innovatives Modell entwickelt werden, das dem SO eine dauerhaft stabile Perspektive eröffnet. Die Unterzeichnenden appellieren
an den SWR, an den Landtag und an die Landesregierung sowie an die Verantwortlichen der

Stadt Freiburg, die Chance für die Schaffung neuer innovativer Formate für die Orchesterarbeit zu nutzen, um SO und RSO zu bewahren, damit sich das SO als unverzichtbarer Kulturträger im Land und als weltweit auftretender Botschafter der Musikkultur Baden-Württembergs künftig weiter entfalten kann.

Freiburg, den 7. Februar 2014Die Initiativgruppe:

Kerstin Andreae (MdB), Bündnis 90/ Die Grünen, WK Freiburg i.Br.
Dr. Gernot Erler (MdB), SPD, WK Freiburg i.Br.
Matern von Marschall (MdB), CDU, WK Freiburg i.Br.

Christoph Bayer (MdL), SPD, WK Breisgau
Bärbl Mielich (MdL), Bündnis 90/ Die Grünen, WK Breisgau
Dr. Patrick Rapp (MdL), CDU, WK Breisgau
Gabi Rolland (MdL), SPD, WK Freiburg II

Weitere unterzeichnende Abgeordnete in alphabetischer Reihenfolge:

Dr. Franziska Brantner (MdB), Bündnis 90/ Die Grünen, WK Heidelberg
Prof. Dr. Lars Castellucci (MdB), SPD, WK Rhein-Neckar Elvira Drobinski-Weiß, (MdB), SPD, WK Offenburg Thomas Dörflinger (MdB), CDU, WK Waldshut
Dr. Johannes Fechner, (MdB), SPD, WK Emmendingen-Lahr
Axel E. Fischer (MdB), CDU, WK Karlsruhe-Land Thorsten Frei (MdB), CDU, WK Schwarzwald-Baar Josef Frey (MdL), Bündnis 90/ Die Grünen, WK Lörrach Anneke Graner (MdL), SPD, WK Ettlingen
Manfred Groh (MdL), CDU, WK Karlsruhe I Walter Heiler (MdL), SPD, WK Bruchsal
Karl-Wolfgang Jägel (MdL), CDU, WK Rastatt Gabriele Katzmarek (MdB), SPD, WK Rastatt Ernst Kopp (MdL), SPD, WK Rastatt
Sylvia Kotting-Uhl (MdB), Bündnis 90/ Die Grünen, WK Karlsruhe
Kordula Kovac (MdB), CDU, WK Offenburg
Dr. Dr.h.c. Karl A. Lamers (MdB), CDU, WK Heidelberg-Weinheim
Ulrich Lusche (MdL), CDU, WK Lörrach
Thomas Marwein (MdL), Bündnis 90/Die Grünen, WK Offenburg Reinhold Pix (MdL), Bündnis 90/ Die Grünen, WK Freiburg I Heribert Rech (MdL), CDU, WK Bruchsal
Wolfgang Reuther (MdL), CDU, WK Singen-Stockach Dorothee Schlegel (MdB), SPD, WK Tauber-Odenwald Gabriele Schmidt (MdB), CDU, WK Waldshut
Alexander Schoch (MdL), Bündnis 90/ Die Grünen, WK Emmendingen
Armin Schuster (MdB), CDU, WK Lörrach-Müllheim
Rita Schwarzelühr-Sutter, (MdB), SPD, Staatssekretärin, WK Waldshut
Willi Stächele (MdL), CDU, WK Kehl
Johannes Stober (MdL), SPD, WK Karlsruhe I Georg Wacker (MdL), CDU, WK Weinheim
Peter Weiß (MdB), CDU, WK Emmendingen-Lahr Ingo Wellenreuther (MdB), CDU, WK Karlsruhe-Stadt Sabine Wölfle (MdL), SPD, WK Emmendingen

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