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Musical «89 - Das Political» wird an Bremer Schule uraufgeführt

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Bremen - In der Aula der Alexander-von-Humboldt-Schule im Bremer Stadtteil Huchting herrscht an diesem Nachmittag Probenatmosphäre. Bis zum 10. März muss alles sitzen. Dann soll «89 - Das Political» in der Schule uraufgeführt werden. Es ist eine aus der Feder norddeutscher Autoren stammende Ost-West-Liebesgeschichte vor dem Hintergrund der politischen Ereignisse in den letzten Monaten vor dem Mauerfall vor 20 Jahren.

Auf der hell erleuchteten Bühne ein Tisch und ein paar Stühle als Requisiten: «Er hatte so unglaublich schöne Hände», sagt Jessica alias Mutter Kubiak gerade zu ihrer Bühnentochter Nadine, gespielt von Mitschülerin Nike. Weiter im Text kommen die beiden nicht, denn Regisseur Hans Hermann Hille springt auf die Bühne und ruft: «Während du das sagst, musst du sie romantisch angucken.»

«Die Schüler wissen wenig über diese Ereignisse, deshalb ist es umso wichtiger, daran zu erinnern», sagt Hille. Das unterscheide dieses Musical auch von anderen wie beispielsweise «Marie Antoinette», das gerade in Bremen läuft. «So ein Stoff hat doch mit unseren Problemen nichts zu tun«, sagt der pensionierte Lehrer.

Das dachten die 17 bis 19 Jahre alten Schüler der Humboldt- und der Wilhelm Wagenfeld-Schule jedoch zunächst auch über das »Political«. «Ich wollte einfach nur Theater spielen», erzählt Jessica, und Nike nickt zustimmend. Inzwischen interessiere sie das Thema mehr und das Verständnis sei gewachsen.

«Ich entdecke immer mehr Stellen, wo es Anspielungen gibt», fügt der 17-jährige Michael hinzu. Er spielt den West-Studenten Tom, der sich in die Ostberlinerin Nadine verliebt. «Es gibt eine Szene, in der sich Leute aus dem Osten in einem West-Kaufhaus auf Waren stürzen. Währenddessen führt ein Zauberer Tricks vor. Dieser 'faule Zauber' steht für den Kapitalismus», sagt Michael.

Geschrieben haben das Musiktheaterstück die in Ostberlin geborene und jetzt in Fischerhude bei Bremen lebende Lehrerin Bettina Brauer, der Bremer Musiker Holger Twietmeyer und die Hamburger Sängerin und Komponistin Anne Schröder. «Wir wollten Schülern unsere jüngste Geschichte ohne pädagogischen Zeigefinger nahebringen», sagt Schröder. Und das gehe auch oder gerade über Musik. Die Mischung reicht mit ihren Pop-, Rap- und Jazzelementen von der Ballade bis zum Punk-Song. «Liebeslieder wie die Duette von Nadine und Tom sind nicht schwierig zu schreiben, Songs mit politischem Inhalt dagegen schon», sagt die 40-Jährige.

Seit rund vier Monaten proben die 25 Nachwuchs-Schauspieler plus Band das Stück - ausschließlich in der Freizeit. «Die Choreografien haben wir gemeinsam erarbeitet», sagt der 68-jährige Hille. «Da hatten vor allem die Mädchen viele Ideen.» Als Kulisse für die Handlungsorte - Dönerladen in Berlin Kreuzberg, Alexanderplatz und das Wohnzimmer von Nadines Eltern - dienen überdimensionale Plakate. Zusätzlich werde der Zuschauerraum durch einen Bauzaun in Ost und West getrennt. «Die Kostüme, beispielsweise von Nadines Vater, dem Volkspolizisten, leihen wir vom Goethe-Theater.»

«89 - Das Political» wird nach der Uraufführung noch an vier weiteren Abenden gespielt. «Das ist eine ganz tolle Sache für uns», sagt Hille. «Huchting liegt am Rande von Bremen und wird eigentlich kulturell nicht wahrgenommen.» Damit sich das ändert, hat er 350 Plakate und 2000 Flyer drucken und in der ganzen Stadt verteilen lassen.

«Die Bremer sind die Schnellsten», sagt Schröder, die schon Lyrics oder Songs für Fernsehserien wie «Freunde fürs Leben» geschrieben hat. «Insgesamt studieren derzeit acht Schulen in ganz Deutschland das Musical ein.» Ob das Autoren-Trio jede Inszenierung besuchen kann, sei fraglich, «in Bremen sind wir aber auf jeden Fall dabei».

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