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«Singen ist Teil meiner Seele» - Ein Interview mit Marlis Petersen

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New York - Marlis Petersen ist mit 20 Jahren Berufserfahrung inzwischen ein «alter Hase» im Operngeschäft, wie sie selbst sagt. Nach dem Studium an der Stuttgarter Musikhochschule gelang ihr ein steter Aufstieg an deutschen Theatern und Opernhäusern. 2005 stand sie schließlich erstmals auf der Bühne der renommierten New Yorker Metropolitan Oper. In diesem Jahr eröffnete sie in Mozarts «Die Hochzeit des Figaro» dort die Saison.

 
 
Im Interview mit Friederike Frantz (dpa) erzählt Petersen von den Unterschieden zwischen amerikanischer und deutscher Oper und wie sich ihr Gemütszustand auf ihre Stimme auswirkt.
 
Frage: Es ist schon fast zehn Jahre her, seit Sie das erste Mal auf der Bühne der Metropolitan Oper standen. Ist es immer noch etwas Besonderes für Sie?
 
Antwort: Ja, gerade weil es gar nicht so oft ist, das letzte Mal ist ja schon vier Jahre her. Die Bühne ist mit fast 4000 Plätzen eine der größten. Es ist eine besondere Aufgabe, diesen Raum zu füllen. Man muss das Optimum ausloten, wie man seine Stimme transportfähig macht. Das hat etwas mit Resonanzkörper zu tun, mit der Position, aus der man singt, und mit dem Bühnenbild.
 
Frage: Inwiefern unterscheiden sich das amerikanische und das deutsche Publikum?
 
Antwort: Die Amerikaner mögen es konservativer, sie möchten schöne Kostüme und ein üppiges Bühnenbild. Deswegen gehen sie in die Oper. Sie wollen nicht den Irakkrieg auf der Bühne oder irgendwelche Nazi-Geschichten.
 
Frage: Was gefällt Ihnen denn besser, eine moderne oder eine ganz klassische Inszenierung?
 
Antwort: Ich mag die modernen Deutungen sehr gern - aber nur, wenn sie Sinn machen. Wenn ein Regisseur sich wirklich mit dem Stück beschäftigt hat, wenn sein Blick darauf einer ist, der wirklich aus dem Stück und der Musik erwächst, und er etwas Bestimmtes zeigen möchte. Wenn nur damit Furore gemacht wird, mag ich das nicht. Der «Figaro» hier in New York ist sehr konservativ, die alte Schule, aber trotzdem für den heutigen Menschen lesbar gemacht.
 
Frage: Sie haben dieses Jahr auch schon in Wien und London gesungen, als nächstes werden Sie unter anderem in Nürnberg, Zürich und München zu sehen sein. Mögen Sie diese häufigen Ortswechsel?
 
Antwort: Ich sage wieder ja. Ich hatte mal zwei, drei Jahre, in denen ich das viele Reisen nicht so gern mochte. Jetzt macht es mir wieder Spaß. Aber das geht nur dann, wenn ich auch ein Gegengewicht habe, wenn ich auch mal Zeit habe, zu Hause zu sein. Seit ich in Griechenland lebe, ist das gleich, wenn ich ankomme, ein ganz anderes Gefühl. Ich komme gleich zur Ruhe und habe die Sonne. Das gibt mir so viel Kraft, dass dann das Reisen auch wieder einfacher wird.
 
Frage: Als Sängerin haben Sie im Gegensatz zu anderen Musikern Ihr Instrument immer dabei. Sorgen Sie sich häufig, Sie könnten vor einem wichtigen Auftritt krank werden?
 
Antwort: Ich gehöre zum Glück nicht zu den Sängern, die sehr viel Sorgen haben. Man muss sich darüber bewusst sein, dass das Instrument im Inneren liegt und mit dem Inneren verbunden ist. Wenn man mal eine Phase der Traurigkeit hat, schlägt das auf die Stimme. Aber ich trinke trotzdem am Abend vor einer Vorstellung nochmal einen Gin Tonic. Ich bin mit sehr viel Gesundheit und Positivismus gesegnet, Gott sei Dank. Aber ein respektvoller Umgang ist ganz klar vonnöten.
 
Frage: Sie sind seit vielen Jahren auf den großen Bühnen der Welt zu Hause. Haben Sie noch berufliche Träume?
 
Antwort: Es gibt noch ein paar Rollen, ein paar Regisseure und Dirigenten, die mich interessieren. Ich sehne mich aber auch nach mehr Ruhe und Privatleben. Ich gehe ja jetzt auch schon auf die 50 zu. Singen ist für mich natürlich Nummer eins, ein Teil meiner Seele und meines Seins. Aber es gibt noch ein paar andere Sachen, die ich gern noch machen würde, zum Beispiel Massagen. Ich mache das manchmal für Freunde und habe da auch wirklich ein gutes Gespür und kriege gutes Feedback. Vielleicht habe ich da auch noch ein Geschenk mitbekommen. Aber das Singen ganz aufzugeben, kann ich mir nicht vorstellen.
 
ZUR PERSON: Marlis Petersen (46) ist eine deutsche Sopranistin. Nach dem Studium an der Musikhochschule in Stuttgart trat sie 1994 ihr erstes Engagement an den Städtischen Bühnen Nürnberg an. Von 1998 bis 2003 war sie Ensemblemitglied der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf/Duisburg. Seitdem ist sie als Opern- und Konzertsängerin auf zahlreichen Bühnen in Europa und den USA zu sehen. 2015 wird sie unter anderem als Alban Bergs «Lulu» in München und New York auftreten. Petersen stammt aus Baden-Württemberg und lebt in Griechenland.
 
 
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