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Unser Agent am Ohr der Macht. Foto: Hufner
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Kurz-Schluss – Wie ich einmal die Gründung einer Akademie fürs gesunde Volksempfinden einleiten durfte

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Horror, Notstand, Abgrund: Deutschlands Brutto-Inlands-Produkt (BIP) sinkt ebenso aktuell wie überraschend um Nullkomma-Zwo Prozent. Galoppieren wir blind in nordkoreanische Ökonomie-Verhältnisse? Italien rumpelt in die Rezession. Die Euronen-Zone stottert und humpelt. Angeblich denken Österreich, die Schweiz und Liechtenstein schon darüber nach, ihre Grenzen vor abgemagerten bundesrepublikanischen Wirtschaftsflüchtlingen zu schützen, auch um deren Flucht übers Mittelmeer nach Nordafrika etwas schwerer zu machen. Der DAX röchelt kurz vor dem Erstickungstod knapp über der Neuntausender-Marke herum. Krauss-Maffei, Heckler & Koch, Sig Sauer sowie weitere wichtige Protagonisten unseres Wirtschafts-Wunderlandes denken über Werksschließung nach. Und wer ist schuld? Natürlich die Politik.

Was haben wir da für einen trägen, moralinsauren Beamtenhaufen im Bundestag und in den Länder-Parlamenten versammelt. Hochbezahlte pensionsberechtigte Bedenkenträger, ideologiegeschwängerte Oberflächen-Rhetoriker und Floskel-Akrobaten mancherlei Geschlechtes. Allen voran eine Bundeskanzlerin, die im Katzenkörbchen liegt und seit Jahren monoton vor sich hin schnurrt und tätzelt. An ihrer Seite ein Vizekanzler, der demnächst, wenn er nicht platzt, auch noch den Export von Audi-, BMW-, Mercedes- und gar Volkswagen-Edelkarossen nach China, Russland oder Saudi-Arabien verbieten wird. Um die bedrohliche Mobilität in diesen – zugegeben menschenrechtlich betrachtet etwas problematischen – Ländern zu hemmen. Mit der Folge, unsere ehedem so gesunde Volkswirtschaft restlos in die Knie zu zwingen. Dann ein Außenminister, mit dessen folgenarmem Reiseetat der fast allseits ungeliebte „Soli“ spielend zu finanzieren wäre. Vor lauter pseudosozialer muff-humanistischer Warmluft geriet die gute alte aber ewig gültige Maxime „Das Hemd ist mir näher als die Jacke“ bei den regierenden Weicheier-Kreisen offensichtlich in Vergessenheit.

Es waren Unternehmer-Typen, Außenseiter, Querköpfe, geschickte listige Einzelkämpfer, die dereinst dieses unser Land in materielle Stabilität und internationales Ansehen brachen: der Erzkapitalist Ludwig Erhard, gemütlicher Zigarrenraucher, als Erfinder des Begriffes der „sozialen Marktwirtschaft“. Wie haben da die Krupps, die Klöckners, die Quandts und Axel Springer verschmitzt gelacht. Helmut Kohl, der Kreator blühender Landschaften dank billigster Arbeitskräfte und verschwiegenst sprudelnder Parteispenden. Oder auch der gewissermaßen selbsternannte Sozialdemokrat Gerhard Schröder, dessen „Agenda 2010“ samt den Hartz-Reglementierungen heute noch immer und immer mehr zu einer ökologisch sinnvollen Verwertung überlagerter Lebensmittelreste sorgt. Ganz zu schweigen von seiner selbstlosen Pflege der deutsch-sowjetischen Freundschaft.

Traurig, dass man solche Polit-Profis heutzutage mit der Lupe suchen muss. Peter Gauweiler, der Jura-Millionär und Zeitmanagement-Primus, was seine Bundestagspräsenz betrifft, wäre eine solche Perle, hätte er im eitelkeitszerfressenen Gemütsmulch seiner Fraktion denn genug zu sagen. Oder eben mein mutmaßlicher Boss, Wolfgang Schäuble, der seit Jahrzehnten einfach alles klar durchblickt, der hochkompetent durch die verschiedensten Ressorts pflügt, pflügen muss, weil sein eigentlich angemessener Stammplatz von einer ostdeutschen Vollbremse beklebt bleibt.

Woher die rund neunhundert Millionen Euro nun genau kamen, die mich in die Lage versetzten, eine erste „Deutsche Polit-Profi-Akademie“ ins Leben zu rufen, konnte ich bei allem investigativen Talent leider nicht eruieren. Umso klarer waren die Vorgaben für die Startkonfiguration des Institutes. Es handelt sich um einen Über-Aufbau-Studiengang. Aufgenommen werden Master-Absolventen in BWL, bei besonderer Bewährung auch VWL, Mathematiker und Physiker mit Spitzenabschluss. Sie erhalten nach strengem körperlichem, seelischem und mentalem Gesundheitscheck ein sechsstelliges Semesterstipendium, kostenlose Mitgliedschaft bei einer C-Partei samt Quereinsteiger-Garantie dank Spitzenplatz für die nächste Bundestagswahl im Fall der erfolgreichen Abschlussprüfung.

Die Professuren für Ethik und gesamtgesellschaftliche Wertegestaltung besetzen Dirk-Jens Nonnenmacher (Ex-Nordlandesbank-Chef), Jürgen Fitchen (Noch-Deutsche-Bank-Boss), und Bernie Ecclestone (Formel 1). Er kümmert sich kommissarisch auch um die inhaltliche Formatierung der juristischen Fakultät. Als Praxis-Tutor hat ab Freigang bereits Uli Hoeneß zugesagt. Die Fächer Volksbildung, Aufklärung und Konsumenten-Education übernehmen RTL-Chefin Anke Schäferkordt, Mathias Döpfner (Springer) und der „Geiz-ist-geil“-Erfinder Constantin Kaloff aus der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt. Mehr will ich noch nicht verraten. Schließlich handelt es sich bei diesem Elite-Institut um die vielleicht letzte Hoffnung für den deutschen Parlamentarismus. Gefahr droht vielseitig. Und erste heimtückische Heckenschüsse kommen schon aus Bayern (natürlich) und Berlin (ausgerechnet). Sicherheitshalber habe ich mir aber schon eine kleine autarke Insel namens Maui (ehemals Hawai) gekauft. Das eigentliche Mutterland der Demokratie, die USA, haben da gerade unter ökonomischen Gesichtspunkten sehr vernünftig agiert. Einzige Einschränkung: Aufnahme von hundert Guantanamo-Häftlingen und: Kein Asyl für Edward Snowden…

Theo Geißler ist Herausgeber von Politik & Kultur

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