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Fola Dada und Joo Kraus. Foto: Helmut Schönecker
Fola Dada und Joo Kraus. Foto: Helmut Schönecker
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Landesakademie Ochsenhausen: 10 Jahre „Jazz and more“ – Workshop-Finale im Holzwerk Schilling

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Eine knappe Woche lang befand sich die ehrwürdige Landesakademie für die musizierende Jugend Baden-Württemberg in Ochsenhausen im Jazzfieber. Über 80 Teilnehmer zwischen elf und 71 Jahren, laut Akademiedirektor Dr. Klaus Weigele erneut ein Teilnehmerrekord, besuchten den zum zehnten Mal angebotenen oberschwäbischen Sommer-Workshop „Jazz and more“ für instrumentale und vokale Einzelausbildung, Masterclasses, Combo- und Bigband in Theorie und Praxis.

Ein Dozentenkonzert zu Beginn der sechstägigen Arbeitsphase an der Landesakademie begeisterte nicht nur das Publikum im übervollen Bräuhaussaal des ehemaligen Benediktiner-Reichsstifts, sondern zeigte den von einer geschickten Regie direkt hinter der Dozenten-Formation auf der Bühne untergebrachten Lehrgangsteilnehmern gleich zum Auftakt wo es musikalisch lang geht. Die als doppelte Anspielung auf den Veranstaltungsort und den Ausbildungsstand der Teilnehmer gedachte Auftaktkomposition „Wie der Ochs‘ vor‘m Berg“, von Schlagzeugdozent Torsten Krill aus Stuttgart eigens zu diesem Anlass geschrieben, zog gleich alle Register in der hochkarätig besetzten Formation. In einem stilistischen Spagat zwischen groovigem Funk und archaischer Kollektivimprovisation mit kammermusikalischem Sujet zeigten sich die Dozenten auch am Ende eines langen Arbeitstages noch hoch motiviert, begeistert und begeisternd. 

Die renommierten Jazzmusiker und –pädagogen um den agilen Lehrgangsleiter Klaus Graf (Saxophon, Nürnberg, SWR-Bigband) legten die musikalische Messlatte gleich ziemlich hoch. War doch mit Joo Krauss (Trompete, Ulm) gar ein frisch gekürter Echopreisträger mit von der Partie. Mit Fola Dada (Gesang, Stuttgart), Veit Hübner (Kontrabass, Stuttgart), Martin Schrack (Klavier, Nürnberg), Johannes Herrlich (Posaune, München, Wien) und Göran Klinghagen (Gitarre, Göteborg) wurde die All-Star-Formation komplettiert.

Zu einer ganzen Reihe von Eigenkompositionen aus der Dozentenriege, darunter ein wundervolles Klaviertrio von Martin Schrack mit dem Titel Goya, kamen auch bekannte Standards aus der langen Jazzhistorie oder ausgewählte neuere Werke, etwa der nach der Pariser Metrostation „Strasbourg Saint-Denis“ benannte Funk-Jazz-Titel von Roy Hargrove oder das funkensprühende „I feel good“ von James Brown als Schmankerl fürs Publikum, unter die gestalterischen Räder. Jazztypisch wurden Themen oder Harmoniefolgen in ein neues Gefüge eingebunden und als formale Grundlage oder gestalterischen Rahmen für mustergültige Solo-Improvisationen verwertet und damit Modellhaftes für die begeisterten Eleven aufgezeigt. Besonders erfolgreich konnte sich dabei der als Assistent und Meisterschüler von Klaus Graf für die über 20 Saxophonisten des aktuellen Kurses in die Riege der Altstars eingeführte junge Saxophonist Markus Harm präsentieren, der noch vor seinem Abschluss an der Nürnberger Musikhochschule als einer der vielversprechendsten jungen Saxophonisten Deutschlands gehandelt wird. Ein hell begeistertes, fachkundiges Publikum entließ die spielfreudigen Künstler nicht ohne Zugaben in den verdienten Feierabend.

Neben einer Jamsession auf dem Marktplatz Ochsenhausen zur Halbzeit ist seit nunmehr neun Jahren das gemeinsame Abschlusskonzert im rustikal-stilvollen Ambiente des Holzwerks Schilling im benachbarten Schwendi zu einem ganz besonderen Event geworden. Alle Ensembles und Solisten haben hier dank finanzieller und logistischer Unterstützung vom Lionsclub Ulm/Neu-Ulm ein jazztypisch improvisiert wirkendes Forum vor mehreren hundert Jazzfans aus der ganzen Region gefunden. Akademiedirektor Weigele, der Präsident des Lionsclubs Walter Goller und der Unternehmer Hans-Erich Schilling eröffneten in der Produktionshalle des Holzwerkes den dreieinhalbstündigen Jazz-Marathon auf dem sich unter Leitung der Dozenten zehn junge Ensembles, von der Combo bis zur Bigband präsentieren durften. Herausragend und originell, neben den fulminanten Bigbands unter Leitung von Johannes Herrlich und den Fortgeschrittenen-Combos von Veit Hübner und Martin Schrack war schon konzeptionell die Funktruppe „GeFUNKsverein“ von Joo Kraus. Mit dem nötigen Groove und trotz der Örtlichkeit alles andere als hölzern, lieferten die jungen Jazzer im auch optisch passenden, hippen Outfit einen überaus frischen Zugang zu einer Musik, die sich auf diese Weise erfolgreich dagegen verwahrt, auf den Abstellplatz der Musikgeschichte geschoben zu werden.

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