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Bildgewaltig und behutsam: „Das Rheingold“ in München. Foto: Wilfried Hösl
Bildgewaltig und behutsam: „Das Rheingold“ in München. Foto: Wilfried Hösl
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Loges listiger Abend: München startet mit „Rheingold“ sein neues Ringprojekt

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Dass sich München seit langer Zeit als musikalisches Gegengewicht zu Bayreuth sieht, davon zeugt nicht nur das 1901 mit Wagners „Meistersinger von Nürnberg“ erbaute und architektonisch dem Grünen Hügel nachempfundene Prinzregententheater. Vielmehr liefert man sich seit Jahrzehnten einen künstlerischen Wettbewerb bei der Pflege des Wagnerschen Erbes. Im Jahrestakt stemmen beide Häuser den kompletten Ring, und mit der Inszenierung des Rheingold haben Andreas Kriegenburg (Regie) und Kent Nagano am Pult ein künstlerisch überzeugendes Ergebnis vorgelegt.

Für beide Künstler war es übrigens eine doppelte Premiere, also die erste Auseinandersetzung mit Wagners Tetralogie. Kriegenburg, der vom Theater kommt, hat zwar bereits einige Opern inszeniert – in München 2008 den Wozzeck – und auch Naganos Auseinandersetzung mit dem Ring hat in Teilen bereits schöne Ergebnisse erzielt. Die vier Opern innerhalb von fünf Monaten auf die Bühne zu bringen verlangt von allen Beteiligten aber ein übergroßes Maß an Arbeit und Disziplin.

Wie alles anfängt und wieder endet, davon handelt das Rheingold mit seinem berühmten Es-Dur Auftakt. Den Mythos erzählen ist das explizite Anliegen in München. Aus der Distanz des Gewesenen – der Untergang in der Götterdämmerung – sich noch einmal zu vergegenwärtigen, wie alles begann. Und so spielen die Menschen, konkret die fabelhaft agierende Statisterie der Bayerischen Staatsoper (Choreographie: Zenta Haerter) – eine wesentliche Rolle bei der Ringerzählung.

Kriegenburg und Nagano wählen einen kammermusikalischen Ansatz. Die zum Vorspiel offene Bühne ist mit einer Gruppe Ausflügler bevölkert, die mit dem Einsetzen der Musik die rhythmischen Bewegungen des Rheinflusses verkörpern, und in denen sich die Rheintöchter (Eri Nakamura, Angela Brower und Okka von der Damerau) tummeln. Die Bühne (Haralde B. Thor) ist mit wenigen, aber aussagekräftigen Objekten gebaut.

Wenn Alberich – in Dämonischem Schwarz: Johannes Martin Kränzle – dem Rhein das Gold entrissen hat, zeigt sich Walhall als Finanzhypothek des Götterensembles. Es ist bereits alles verkorkst, bevor Wotan (mit hell und leicht klingendem Bass: Johan Reuter) erwacht. Es gibt kein Rezept, um aus der Krise zu kommen, nur Löcher kann man stopfen. Und so liegt es an Loge, dem logos, die Rezepte auszubreiten.

Kriegenburg zeigt ihn uns als alternden Dandy, der mit Stöckchen in der Hand mal auf dieses, mal auf jenes Problem aufmerksam macht. Der präzise artikulierende Tenor von Stefan Margita macht jedes gesungene Wort verständlich. Dies liegt aber auch an den musikalischen Vorstellungen Kent Naganos. Die Musik kommt filigran und niemals dick aufgetragen aus dem Orchestergraben. Die Sänger werden begleitet und nicht zugedeckt. Große Momente gelingen dem Bayerischen Staatsorchester und seinem Chef in den großen musikalischen Bögen der Oper, etwa bei Alberichs Fluch, der sich zu Dämonischer Größe steigert.

Rheingold als Schauspiel mit Musik hat alle überzeugt. Bildgewaltig und behutsam, mit einer genauen, aber unaufdringlichen Personenregie, die Wagners Theater-Vorstellungen ernst nimmt, haben Regisseur und Dirigent den Auftakt, den Vorabend zum großen Bühnenfestspiel gewonnen. Das Publikum dankte es beiden und allen Mitwirkenden mit einmütigem, donnerndem Applaus.

Schon in einigen Wochen wird sich zeigen, ob das Konzept aufgeht, wenn mit der Walküre das Pathos auf die Bühne kommt.

Weitere Aufführungen: 08.02.12 und 12.02.12
 

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