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Rheingold. Foto: Hufner
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Weigala Wau Wau – Am Thalia Theater in Hamburg versucht sich Antú Romero Nunes an Wagners Ring

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Einen Ring fast ohne Musik auf die Bühne bringen, wie es der als Regiewunderknabe gehandelte Antú Romero Nunes jetzt versucht hat, heißt vom Gesamtkunstwerker Richard Wagner vor allem den Dichter ernst nehmen. Was für sattelfeste Wagnerianer zumindest ein Déjà-vu Vergnügen ist. Bei dem man dann auch gerne darüber hinwegsieht, dass Fricka, Freias Apfelplantage mit bewirtschaftet und Erda als Kriemhild mitspielt.

Das Programmheft fasst die Quellenlage sicherheits- (und auch bequemlichkeitshalber) mit „nach Richard Wagner und Altvätern“ zusammen. Nimmt aber überwiegend den Kampf mit Wagners stabgereimter Version auf. Und gewinnt ihn im ersten Teil erstaunlich souverän. Wohl, weil er da noch ansatzweise mit der ironischen Distanz gewürzt ist, die Figuren wie dem Filou Loge (Peter Jordan), der keifenden Fricka (Bärbel Schwarz) oder dem ganovigen Wotan gut zu Gesicht steht. Im zweiten Teil bei der Wälsungenstory zieht sich dann vor allem Wotans Abschied ziemlich in die Länge, so, wie er es mit Wagners Einschlafmusik im XL-Format auch gelegentlich macht.

Dass Richard Wagner eben nicht sein eigner Hugo von Hofmannsthal ist, gehört zu den wenigen und wenig überraschenden Erkenntnissen dieses Dreistunden-Abends in Hamburg. Was vor allem daran liegt, dass sie sich die Stabreime so abringen, als wollten sie Hebbels Nibelungen mit Stadtheaterpathos im 21. Jahrhundert befragen.

Dabei fängt alles durchaus originell und beim Urschleim an. Weit vor Erfindung der Sprache. Mit einem Goldklumpen in einem Erdhaufen mitten auf der leeren, von Matthias Koch nur schwarz ausgehängten Bühne. Was man da anfangs in schnell aufeinanderfolgenden, kurzen Spotts aufblitzen sieht, ist eine Klopperei und ein Grunzen um blitzendes Gold als neckischem Tand. Feuer haben sie schon, Worte dafür noch nicht. Die finden sie aber irgendwann. Weigaleweia wau wau wau … Das steht noch unter Idee-Verdacht. Eine Sprache, die so entsteht, taugt für jeden untergangsträchtigen Unsinn.

Tief ist der Brunnen der Vergangenheit wusste schon Wagnerfan Thomas Mann. Nunes hat sich mit seinen ersten beiden Ringteilen darin abgeseilt. Bis auf den Grund. Und da ist die tierische Blöße der langhaarigen Menschen, Halb- und Ganzgötter gerade mal ansatzweise verdeckt. Und kommt immer wieder durch. Hunding der Hündische (Thomas Niehaus) etwa suhlt sich erst mal in dem Dreckhaufen, wenn er heim kommt zu Sieglinde. Man beißt sich auch tot, wenn man nicht gerade Wotan heißt und eine Handbewegung dafür genügt. Doch am Boden dieses Brunnens der Vergangenheit, der gut die Idee für die Bühne sein könnte, sieht man kein bisschen von dem was ist, was sein könnte und rein gar nichts von dem was wird. Loge zündelt zwar kräftig und wenn die Flammen, die Brünnhilde (Marina Galic) bestellt hat, lodern, dann ist das ein effektvolles Bild. Aber mehr eben nicht.

Überhaupt gibt es einige Ideen, die Spaß machen. Etwa, wenn Fafner (Fasolt ist wie Freia weggespart) in einer glänzenden Pantomime zum bearbeiteten Riesenmotiv die Mauern von Walhall errichtet, so dass kein Stein im Gestämme wankt. Wenn dann die prangende Burg euphorisch begrüßt wird, dann sind Lacher in der Stadt mit dem Philharmonie-Walhall am Hafen sicher. Ein Luftschloss hier wie dort.

Wenn sich Nunes aber jede ironische Brechung (die Alexander Simons Wotan „rettet“) spart, dann beginnt man sich zu fragen, was das ganze eigentlich soll. Diese Neubefragung ist doch mehr eine Altbebilderung. Ohne nennenswerte Erkenntnislichtblicke zum Weltendrama. Die blitzen immer nur dann auf, wenn Wagners Musik eingespielt wird. Weil die die Gedankentür zu den Ring-Interpretationen öffnet, die die Welt im Visier haben. Bejubelt wurde die Premiere dennoch. Das Projekt wird im Januar mit Siegfried und Götterdämmerung auch fortgesetzt.

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