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Mathias Spahlinger. Foto: Charlotte Oswald
Mathias Spahlinger. Foto: Charlotte Oswald
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Zum 70. Geburtstag des Komponisten Mathias Spahlinger

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Erst Anfang dieses Jahres war Mathias Spahlinger mit dem mit 15.000 Euro dotierten Großen Kunstpreis Berlin ausgezeichnet worden. Die Akademie-Jury würdigte ihn als einen Komponisten, dessen Schaffen in herausragender Weise künstlerische Verantwortung und gesellschaftspolitisches Bewusstsein verbinde. „Seine Musik gewinnt ihre Kraft aus dem konsequenten Versuch, unter der Oberfläche der Erscheinungen die Mechanismen ihrer Entstehungsbedingungen mitzudenken und in unerhörte klangliche Erfindungen zu verwandeln. Seine Werke existieren in einem Spannungsfeld zwischen ästhetischer Autonomie und politischem Bewusstsein wie bei kaum einem anderen Komponisten.“

Spahlinger wurde am 15. Oktober 1944 in Frankfurt am Main geboren und lebt heute in Potsdam. Ab 1951 erhielt er Unterricht bei seinem Vater, von Beruf Violoncellist, in Fidel, Gambe, Blockflöte und später Violoncello. Ab 1952 kam Klavierunterricht dazu und seit 1959 folgte die intensive Beschäftigung mit Jazz.
Nach erstem Kompositionsunterricht bei Konrad Lechner folgte eine Phase, in der Spahlinger als Lehrer für Klavier, Theorie, musikalische Früherziehung und experimentelle Musik an der Stuttgarter Musikschule tätig war (1968 1973). Er absolvierte ein Studium der Komposition bei Erhard Karkoschka an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart und übernahm 1984 selbst eine Professor für Komposition und Musiktheorie an der Hochschule für Musik, Karlsruhe. Von 1990–2009 Professor für Komposition und Leiter des Instituts für Neue Musik an der Hochschule für Musik, Freiburg. Bis heute ist sein Werk durch verschiedenste musikalischen Einflüsse und Stilrichtungen geprägt, die von der Renaissance zum Jazz, von der musique concrète zu Webernschem Minimalismus reichen.

In einer von Armin Köhler organisierten virtuellen Gesprächsrunde mit zwanzig Komponisten zum Thema „Schönheit“ und „Wahrheit“ in der Musik kam auch Spahlinger zu Wort (März 2006 nmz):

„(…) Man hat angefangen zu verstehen, dass es eine schlecht verstandene romantische Kategorie ist, nach dem Ausdruck für Eindruck überhaupt erst zu suchen: Man will etwas Bestimmtes sagen und sucht dafür den adäquaten Ausdruck. Schon das ist falsch. Sondern man experimentiert oder man macht Erfahrungen und arbeitet an neuem Material und dann erkennt man, was eine bestimmte Konstruktionsweise an expressivem Potenzial enthält. Ich finde zum Beispiel die Klaviervariationen von Webern unglaublich expressiv. Aber was daran expressiv ist, das spricht sozusagen die Konstruktion selber aus, kommt da zu Wort und sagt etwas. Da steht eine bestimmte Haltung dahinter. Und wenn man dann noch liest, wie der mit einem Pianisten gearbeitet hat und wie er ihm erklärt hat, wie er die einzelnen Intervalle spielen soll, fast wie Brahms, dann versteht man, warum das expressiv wirkt. Weil das auf eine kondensierte Weise und geronnen in Konstruktionen da drin steckt. Und das war, glaube ich, das Modell: Man schreibt keine Kantate über den Untergang der Welt und sucht nach Ausdrucksmitteln für eine bestimmte Haltung, sondern man sucht ein verändertes Material. Und das veränderte Material transportiert mit einer neuen Haltung eine neue Expressivität.“

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