nmz - neue musik
Neue Noten 2022/06 – Neue Kammermusik mit Klarinette(n)
Werke von Christian Diemer, Theo Loevendie, Andrea Sarto, Oliver Schneller und Stefan Streich
Christian Diemer: Unirii für Bassklarinette, Trompete, Horn und Posaune (mit Trillerpfeifen und Vuvuzela) +++ Theo Loevendie: Metamorph. Trio für Klarinette, Viola und Klavier +++ Andrea Sarto: (Senza) für Klarinette in B +++ Oliver Schneller: Hadron für Bassettklarinette (in A) und Streichquartett +++ Stefan Streich: Entrée für acht B-Klarinetten im Kreis
Zärtliche Zukunftsmusik – Leoš Janáčeks „Jenůfa“ an der Berliner Lindenoper
Coronabedingt fand die Online-Premier per Livestream am 13. Februar 2021 statt, jetzt erst gab es als zweite Vorstellung die eigentliche Premiere vor Publikum live Unter den Linden. Eine weithin neue Besetzung wurde anberaumt, der Dirigent wurde ausgewechselt und man spielte die Brünner Fassung von 1908, hrsg. von Charles Mackerras, der sich große Verdienste um die Janáček-Aufführungspraxis erworben hat.
Hauptbild:23.5.2022: Veranstaltungen aktuell +++ Veranstaltungen
Jan Vogler setzt «Cellomania» bei den Dresdner Musikfestspielen fort +++ Flucht und Flüchtlingsschicksale: Sinfonische Dichtung in Friedland uraufgeführt +++ Mehr als 400 junge Sänger bei katholischem Chorfest in Dresden
Jan Vogler setzt «Cellomania» bei den Dresdner Musikfestspielen fort
Psychedelische Baustellen (mit Gefühl)
Neue CDs neuer Musik, vorgestellt von Dirk Wieschollek
Malin Bång ist eine Komponistin, die die experimentelle Erweiterung des Instrumentalklanges noch längst nicht ad acta gelegt hat und diese oft im kommunikativen Spannungsfeld großer Besetzungen erkundet. +++ Nach den „Amproprifications“ von Maximilian Marcoll nun die „Amphiference“ von Steffen Krebber, ein Neologismus, der ebenfalls ein speziell entwickeltes Verfahren der Modifizierung von Instrumentalklängen im Hinblick auf bereits bestehende Musik beschreibt. +++ Eine weitere Vinyl-Novität aus dem Hause Umland stammt von Ephemeral Fragments
„Ein Rot, das bleibt“ – „Galen“, Oper von Thorsten Schmid-Kapfenburg am Theater Münster uraufgeführt
Die Rezeption des Wirkens von Clemens August Graf von Galen teilt sich bis heute in zwei Lager: den einen gilt der Bischof von Münster als mutiger Mann, der sich gegen die Diktatur der Nationalsozialisten gestellt hat; die anderen kritisieren, er habe - wie weite Teile des deutschen Klerus‘ - viel zu wenig getan und der Verfolgung und Ermordung der jüdischen Glaubensschwestern und -brüder tatenlos zugesehen. Jetzt ist Bischof von Galen im Theater Münster zum Zentrum einer abendfüllenden Oper geworden, komponiert von dem Detlev Glanert-Schüler, Dirigenten und Pianisten Thorsten Schmid-Kapfenburg.
Hauptbild:Zwingende Zumutung: „The Damned and the Saved“ von Malin Bång und Pat To Yan bei der Münchner Biennale
Als letzte Uraufführung der diesjährigen Münchner Biennale für neues Musiktheater ging „The Damned and the Saved“ über die Bühne der Muffathalle. Was Komponistin Malin Bång aus der Vorlage von Pat To Yan gemacht hat, ergibt den schlüssigsten Premierenabend des Festivals, findet Juan Martin Koch.
Hauptbild:Glauben im Sonderangebot – Karol Szymanowskis „Król Roger“ in Cottbus entfesselt Sogwirkung
Karol Szymanowskis (1882-1937) einzige Oper „König Roger“ entfaltet auch am Staatstheater in Cottbus vor allem ihre unglaubliche musikalische Wucht. Der 1926 uraufgeführte kurze Dreiakter des polnischen Komponisten kann sich in der Beziehung durchaus neben „Salome“ von Richard Strauss oder „Penthesilea“ von Otmar Schoeck sehen bzw. hören lassen. Obendrein sind bewusst französische, gar orientalische Klangfarben unter die aufrauschende Opulenz gemischt.
Hauptbild:Konzentriert und symbolhaft – Viktor Ullmanns „Der Kaiser von Atlantis“ in Duisburg
Es ist vollbracht! Drei Jahre lang schleppte man an der Deutschen Oper am Rhein die Produktion von Viktor Ullmanns Einakter „Der Kaiser von Atlantis“ nun schon mit durch die Spielpläne, nun hat es auf der Bühne des Theaters Duisburg endlich geklappt mit der Premiere. Und wieder wäre man fast gescheitert: in letzter Minute musste krankheitsbedingter Ersatz für zwei Rollen gefunden werden, und das – kleine Pointe am Rande – hatte noch nicht mal was mit Corona zu tun.
Hauptbild:Klangsinnarm und harmlos: Benjamin Brittens „A Midsummer Night‘s Dream“ in Frankfurt
Zum fünften Mal führt Brigitte Fassbaender Regie bei Brittens „A Midsummer Night‘s Dream“. Die Realisation an der im Bockenheimer Depot der Frankfurter Oper bleibt blass: „da ist nichts Gespenstisches, Subversives, Freches zugange“, findet unser Kritiker Dieter David Scholz. Das liege auch im „allzu vorsichtigen Dirigat des britischen Frankfurt-Debütanten Geoffrey Paterson, das ohne dramatisches Temperament Kraft und gestalterische Chuzpe die Musik Brittens weitgehend teilnahmslos buchstabiert.“
Hauptbild:Der Demagoge tänzelt übers Grün: „The Little Lives“ von A.L. Kennedy und Ann Cleare bei der Münchner Biennale
Zwischen Brexit-Irrsinn und Corona-Lockdowns kann einem schon mal ein wenig klaustrophobisch zumute werden. Die auch hierzulande bekannte und präsente schottische Autorin A.L. Kennedy hat dieses Gefühl für die Münchner Musiktheater-Biennale in ein Libretto gegossen, das auf den ersten Blick eine interessante szenische Konstellation verspricht.
Hauptbild:Makellose Märchenoper – Thierry Escaichs „Shirine“ wurde an der Oper Lyon uraufgeführt
So etwas gibt es manchmal. Alle machen alles irgendwie richtig und trotzdem fehlt am Ende etwas. Im Falle der neuen Oper des französischen Komponisten und Organisten Thierry Escaich ist das so. Ein Bericht von Jörn Florian Fuchs aus Lyon. Er konstatiert: „Man folgt allem durchaus gerne, es gibt schöne Schauwerte mittels häufig wechselnder, leicht übernaturalistischer Settings (Bühne: Etienne Pluss, Kostüme: Wojciech Dziedzic), aber die szenischen und musikalischen Funken fehlen.“
Hauptbild:Eheklamotte macht Laune – Paul Hindemiths „Neues vom Tage“ in Gelsenkirchen
Seinerzeit sorgte sie für einen handfesten Skandal, heutzutage ist nicht mal die Premiere ausverkauft: Paul Hindemiths „Lustige Oper“ Neues vom Tage. Was in den 1920er Jahren noch für einen Sturm der Entrüstung sorgte, ist heute nur eine Eheklamotte von Anno dazumal, aber eine, die wenigstens Laune macht. Denn die Spiellaune auf der Bühne des Gelsenkirchener Musiktheaters im Revier ist nicht zu übersehen. Das Ensemble sorgt vor nicht ganz ausverkauftem Haus für kurzweilige zwei Stunden. Auch eine pfiffige Marketing-Idee des MiR schien da nicht gefruchtet zu haben: frisch Geschiedene oder Getrennte erhielten Freikarten für die Premiere.
Hauptbild:Die Menschen ein Alp-Traum! – Die Oper Halle mit Aribert Reimanns „Ein Traumspiel“
Eine gewisse tollkühne Zuversicht in die Neugier seines Publikums kann man dem neuen Intendanten der Oper in Halle Walter Sutcliffe nicht absprechen. Mit Benjamin Brittens „Mittsommernachtstraum“ in die Spielzeit zu starten und dann als letzte Premiere vor den Händelfestspielen (zu denen auch der Beitrag der Opern in der Geburtsstadt des Barockmeisters bislang jedenfalls schon immer ein Selbstläufer waren) mit Aribert Reimanns „Ein Traumspiel“ das coronagenervte Publikum ins Theater zurückzulocken, ist schon recht optimistisch.
Hauptbild:Konfrontieren statt reflektieren: Eindrücke vom Eröffnungswochenende der Münchner Biennale
Mit zwei auf sehr unterschiedliche Weise schmerzhaft aktuellen Produktionen zu Krieg und Vertreibung einerseits und Alltagsrassismus andererseits ist die Münchner Biennale für neues Musiktheater eröffnet worden. Juan Martin Koch hat Bernhard Ganders „Lieder von Vertreibung und Nimmerwiederkehr“ gesehen und das VR-Dokutheaterprojekt „Davor“ erlebt.
Hauptbild: Weiterführende Informationen: Münchner BiennaleAusschreibung des 5. Internationalen Hanns-Eisler-Stipendiums
Im Jahr 2023 wird das „Internationale Hanns Eisler-Stipendium der Stadt Leipzig“ zum fünften Mal ausgeschrieben. Damit setzt die Musikstadt Leipzig erneut ein Zeichen des lebendigen Erinnerns an Hanns Eisler, einen der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, der 1898 in Leipzig geboren wurde. Bis zum Geburtsdatum des Komponisten am 6. Juli können sich Komponistinnen und Komponisten aus aller Welt um das Stipendium bewerben.
Über die Vergabe wird Mitte Juli 2022 eine Auswahljury unter dem Vorsitz des Leipziger Komponisten Steffen Schleiermacher entscheiden.
unüberhörbar 2022/05
Hans Abrahamsen | Terence Blanchard
Hans Abrahamsen: Schnee. Lapland Chamber Orchestra, John Storgårds. Dacapo +++ Terence Blanchard: Absence. The E-Collective & The Turtle Island Quartet. Blue Note
Buch-Tipps 2022/05
Adjuvantenkultur | Gutes Lernen | Musik und Vergangenheit in Wien um 1900
Dorlies Zielsdorf: Adjuvantenkultur in Thüringen +++ Govinda Wroblewsky: Gutes Lernen im künstlerischen Einzelunterricht +++ Michael Meyer: Moderne als Geschichtsvergewisserung. Musik und Vergangenheit in Wien um 1900
Nordischer Ton, Ironie der Geschichte
Notenneuheiten von Niels Wilhelm Gade, Gustav Mahler, Bernard van Dieren und Bohuslav Martinu
Niels Wilhelm Gade war der erste nordische Komponist, der in den musikalischen Zentren Mitteleuropas, insbesondere in Deutschland, Furore machte. Die Schweden Johan Helmich Roman und Franz Berwald waren nur gelegentlich wahrgenommen worden, doch in Gades Ouvertüre „Nachklänge von Ossian“ von 1840 hörten alle den seither so oft beschworenen ‚nordischen Ton‘, der in einer Zeit, die vor allem das Nationale in der Kultur hervorkehrte, als identifikationsstiftendes Merkmal beschworen wurde.
Auf der Suche nach der Kreativität
Absolute Beginners 2022/05
Wer in verschiedenen Ländern Informatik studiert, wird Ähnliches auf ähnliche Weise lernen. Wer dagegen ein künstlerisches Studium anstrebt, wird davon geprägt werden, wie im Studienland Kreativität vermittelt und verstanden wird. Und da gibt es dramatische Unterschiede.
Zwischen Glücks- und Ausfall – „Der Schatzgräber“ von Franz Schreker an der Deutschen Oper Berlin
Es war einer der großen Opernerfolge des 20. Jahrhunderts, Franz Schrekers „Der Schatzgräber“, eine der meistgespielten zeitgenössischen Opern der Weimarer Republik. Zwischen 1920, dem Jahr der Uraufführung, und 1932 sind 385 Aufführungen in 50 verschiedenen Städten nachgewiesen. Die Nazis brandmarkten die Musik Schrekers als „entartet“. Es dauerte bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts, bevor das Werk wiederentdeckt wurde. Doch die damals einsetzende, hoffungsvolle „Schreker-Renaissance“ hielt nicht lange vor. Zuletzt sah man das Werk in Amsterdam und in Frankfurt am Main.
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