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Bologna

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Cluster 2012/09-1
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Als vor zehn Jahren der Bologna-Prozess der Hochschulen in die Tat umgesetzt werden sollte, gab es nicht geringen Widerstand. Viele Hochschulen verweigerten geradezu ihre Mitarbeit. Ziele von Bologna waren es, a) einen Abschluss für Studienabbrecher zu erfinden, den Bachelor, b) den innereuropäischen Studentenaustausch durch Angleichung der Studiengänge zu „harmonisieren“ und c) einfach die Studenten mit präzis-variablen Studienplänen zu befreien. Jetzt hat man Bilanz gezogen seitens der Hochschulrektorenkonferenz.

Das Ergebnis: Alle drei Ziele wurden verfehlt. Den Bachelor machen nur Studienabbrecher, die dann für den Markt uninteressant sind, die Harmonisierung ist nicht gelungen, da gleichzeitig hunderte neue Studienfächer aus der Taufe gehoben wurden, die jeweils einzigartig sind und eben nicht kompatibel – früher hätte man das simpel als Aufbaustudiengänge konzipiert. Selbst die angeblich kompatiblen sind es nicht. Manfred Götzke: „Zu Zeiten des guten alten Magisters war es einfacher, von München nach Madrid zu wechseln, als im Bologna-System von Hamburg nach Bremen.“ Drittens erwies sich das flexible Punkteansammeln als Hemmschuh für das Beschreiten eigener Wege, für die Förderung individueller Studienplanung. 

Herausgekommen ist dagegen ein hochschulpolitisches Bürokratiegebirge mit dem die Verwaltung von Wissen und Kunst zum Selbstzweck wurde – ein vollkommen hirnrissiges, sich wiederholendes Akkreditierungsverfahren für die Studienfächer setzte dem Ganzen die Krone auf. Selbst die Hochschulrektorenkonferenz spricht von einer grundlegenden Reform. 

Im Rückblick fragt man sich, wieso? Und niemand weiß dabei, wer dafür verantwortlich ist. Die Rektoren haben jedenfalls die Vorgaben prima wie Lemminge umgesetzt, manchmal vielleicht auch tatsächlich die eine oder andere Unsinnigkeit entfernt. Aber welcher Leichtsinn war es nur, so schludrig mit der angeblich so wichtigen Ressource „Bildung und Wissen“ umzugehen. Jedes Medikament gegen Fusspilz oder Durchfall muss intensivere Tests durchlaufen, bevor es in den Handel kommen darf. Es geht eben nicht um Wissen und Bildung, denn dann würde es um die Menschen gehen, die sich bilden sollen und Wissen aneignen sollen oder dürfen. Doch wofür sind Menschen eigentlich gut? Sie sollen nicht leben, sie sollen gelebt werden. Da muss der Mensch der Form folgen, nicht umgekehrt. 

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