Banner Full-Size

Das Konzept „Musikgymnasium“

Untertitel
Am Beispiel des Musikgymnasiums „Käthe Kollwitz“ in Rostock
Publikationsdatum
Body

Derzeit beherrschen JeKi-Projekte in all ihren Erscheinungsformen unter anderem die aktuelle musikpädagogische Diskussion, wobei sich die empirische Forschung mit Nachhaltigkeitseffekten, Aussteigerquoten und ähnlichem beschäftigt. Auch wenn es nach wie vor fraglich ist, ob denn überhaupt jedes Kind ein Instrument spielen, Teil einer Bläser- oder Streicherklasse sein oder seine eigene Stimme schulen möchte, so bleibt sicher unbestritten, dass der dem Ganzen zugrunde liegende Basisgedanke, möglichst vielen Kindern die Möglichkeit zu bieten, sich musikpraktisch auszuprobieren, nachvollziehbar und sinnvoll ist und bleibt. Die folgenden Ausführungen möchten den Blick nun aber ans andere Ende des Spektrums führen und kurz skizzieren, welche Möglichkeiten (spezialisierte) allgemeinbildende Gymnasien haben, mit musikalischer Hochbegabung und sich daraus ergebender musikalischer Frühförderung umzugehen. des Bildungsministeriums M-V vom 12. August 2009, S. 11.

Die Ausgestaltung der musikalischen Ausbildung variiert von Bundesland zu Bundesland, die grundlegenden Aspekte finden sich jedoch in allen Musikgymnasien wieder. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es beispielsweise drei Musikgymnasien (Rostock, Schwerin, Demmin), denen es – im Gegensatz zu anderen Gymnasien – erlaubt ist, Schüler in speziellen Musikklassen ab der fünften Jahrgangsstufe zu beschulen, während das Gymnasium in Mecklenburg-Vorpommern in der Regel mit der siebenten Jahrgangsstufe beginnt.

Voraussetzung für den Besuch einer solchen speziellen Musikklasse ist zunächst das Bestehen einer Eignungsfeststellung: „Für die Aufnahme am Musikgymnasium sind sehr gute instrumentale, theoretische und gesangliche Fähigkeiten entsprechend der jeweiligen Jahrgangsstufe notwendig. Bestandteile der Prüfung sind der inhaltsbezogene und intonationssaubere Vortrag von zwei altersgerechten Liedern sowie der Nachweis der Fähigkeiten, Töne und Melodien richtig nachzusingen, Rhythmen nachzugestalten sowie kreativ und freudvoll mit Musik umzugehen. Des Weiteren sind sehr gute Kenntnisse im Umgang mit dem Notentext sowie entsprechende Instrumentalkenntnisse erforderlich.“ 1

Hat ein Kind nun die Aufnahme in eine solche Musikklasse geschafft, stellt sich natürlich die Frage, was ein Musikgymnasium über das, was Konservatorien und freie Musikschulen bieten, hinaus zu leisten in der Lage ist. Die Schüler am Musikgymnasium in Rostock lernen ihr Hauptinstrument weiterhin außerhalb des Gymnasiums, wobei sie am Schuljahresende benotet werden und ihren jeweiligen musikpraktischen Entwicklungsstand in einem Klassenvorspiel unter Beweis stellen. 

Der „traditionelle“ Musikunterricht wird um die beiden Fächer „Musiktheorie/Gehörbildung“ und „Stimmbildung“ erweitert; dieser Unterricht findet in Kleingruppen statt. Daneben haben die Schüler wöchentlich das Fach „Chorerziehung“, zu welchem Generalproben, Auftritte, Chorlager als integrative Bestandteile dazugehören. In den Klassenstufen fünf und sechs gibt es die Möglichkeit, obligatorisch in einem Instrumentalensemble zu musizieren, wobei hier auf basale Fähigkeiten Wert gelegt wird (Partitur mitlesen, Pausentakte auszählen, richtiges Tempo beim Einsatz finden, Erlernen musikalischer Interaktion usw.). Dieses Musizieren in unterschiedlichsten Formationen bedeutet ein sehr großes Potenzial hinsichtlich der Entwicklung der Sozialkompetenz der Schüler.

Die größeren Schüler, die bis einschließlich der Jahrgangsstufe zehn das Fach „Chorerziehung“ verpflichtend belegen, können dann in der Big Band oder anderen gemischten Ensembles musizieren. 

In Mecklenburg-Vorpommern gibt es darüber hinaus für die Sekundarstufe II (nicht nur für die Musikgymnasien) die Möglichkeit, das Fach „Ensemblemusizieren (vokal oder instrumental)“ anzubieten, welches dann ein reguläres Fach in der Oberstufe ist. Das Hauptfach Musik (Leistungskurs) umfasst vier Wochenstunden und bedeutet in Mecklenburg-Vorpommern für Schüler, die das schriftliche Abitur ablegen, dass sie einen Pflichtteil „Gehörbildung“ absolvieren müssen und die musikpraktische Leistung mit 40 Prozent in die Abiturprüfung einfließt.

Viele Schüler der oberen Klassenstufen kommen am Musikgymnasium damit ganz leicht auf einen wöchentlichen Musikunterricht, der sechs bis acht Stunden umfasst, und lernen darüber hinaus ihr Hauptinstrument außerhalb der Schule. 

Bedingt durch den um Musiktheorie, Tonsatz und Gehörbildung erweiterten Musikunterricht, die im Zuge von Wettbewerben (Chorwettbewerbe, Jugend musiziert etc.) gewonnene Auftrittsroutine, das Engagement in kleineren Einzelprojekten und die Teilnahme an Workshops unterschiedlichster Provenienz sind die durch die Ausbildung am Musikgymnasium geförderten Schüler in der Lage, die Aufnahmeprüfungen an deutschen Musikhochschulen zu meistern, um dann ein künstlerisches oder Lehramtsstudium aufzunehmen.

1 Verordnung zur Arbeit am Musikgymnasium, verkündet im Mitteilungsblatt

Ort
Print-Rubriken
Unterrubrik