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Der Music Traveler auf Durchreise

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Aleksey Igudesman mit einem Konzert in Marburg
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Der russisch-deutsche Geiger und Komponist, Dirigent und Showmaster Aleksey Igudesman gab unter dem Titel „strings of the world“ ein Konzert in Marburg. Seine Partner: Alexandra Tirsu (Geige) aus Moldawien, Ananda (Mridanga-Trommel) aus Indien, die „Streicherbande“ und das Jugendorchester „M&M“ (Marburg and Music) der Marburger Musikschule. Die Reisenden sind weitergezogen, zurück bleiben beglückte junge Musiker und ein fasziniertes Publikum.

Wer bei der Barockgeigerin und Lehrerin Marie Verweyen Geigen- oder Bratschenunterricht hat, bekommt nicht nur solide Instrumentalstunden mit einem breiten klassischen Repertoire, sondern unweigerlich irgendwann Noten von Igudesman auf’s Pult gelegt. Und wer bei ihr im Orchester spielt, lernt nicht nur sauberes und engagiertes Zusammenspiel, sondern muss sich einfach von ihrer Begeisterung für gute Musik aller Art anstecken lassen. Für ihr jüngstes Projekt hat sie sich Verstärkung bei den Weltreisenden Igudesman, Tirsu und Ananda geholt und sie zu einem Workshop mit ihren Orchestern eingeladen, der vom 14. bis 16. Juni in der hessischen Universitätsstadt stattfand.

Was dabei heraus kam, konnte man am Samstag auf dem Oberstadtmarkt und am Sonntag in der Lutherischen Pfarrkirche erleben: Ein Feuerwerk an Streicherklängen, Rhythmen, Tänzen und eine gute Portion Show. So ließ sich der sympathische Star mitten im Spiel seinen Bogen stibitzen und nahm sich vom Pult eines Kindes dafür einen anderen, winzigen, mit dem er nichtsdestotrotz virtuos agierte. Die Kompositionen und Anregungen zu Improvisationen stammten alle aus der Feder von Igudesman. Den Ausgangspunkt seiner musikalischen Ideen verraten schon die „& More“-Titel der Sammlungen, aus denen sie stammen, wie: „Celtic/Latin/Klezmer/Asia/Mozart & More“, doch wäre es nicht Igudesman, hätte er nicht auch durch das Programm geführt, charmant seine solistischen Partner einbezogen und die jungen Marburger Musikerinnen und Musiker animiert. Zwei von ihnen, Bodam Lee und Marcel Borggrefe haben auch im Kreis der Solisten eine gute Figur gemacht. Wenn man sich in den Orchestern umhörte, merkte man, dass Igudesman offenbar gut mit jungen Menschen umgehen kann. Einfühlsam hat er sich ihnen zugewandt und mit der Erlaubnis, im Konzert Fehler zu machen, solche weitgehend verhindert.

Spannend war ein Blick in die Komponistenwerkstatt: In einer Einlage animierte Igudesman seine Partnerin dazu, mit ihm zusammen den türkischen Marsch von Mozart harmonisch zu verändern: Aus Moll wurde Dur, aus h aber doch wieder b … Das ganze Konzert war eine große musikalische Reise – um die Welt und in die Vergangenheit. Klassische Musik wurde ebenso angesteuert und verwandelt wie volkstümliche Klänge aller Herren Länder, selbst Obertongesang kam zum Einsatz. Die Aufschrift „Music Traveler“ auf dem T-Shirt, das Igudesman am Samstag trug, ist also offenbar ein Lebensmotto – auch wenn es zugleich der Name seiner App ist, die Musiker miteinander in Kontakt bringen will. Der Freiluftauftritt bei strahlendem Sonnenschein und Wochenendfeeling war spontan als Werbezug gedacht, und nicht zuletzt deshalb war die Kirche zum eigentlichen Konzert gut gefüllt. Nach ihrem klingenden Einzug haben die Musiker in einem Halbkreis Aufstellung genommen, in dessen Mitte Igudesman und die Solisten standen. Die Streicherbande in roten T-Shirts, M&M in schwarz-weiß.

Musiziert wurde in der Regel im Stehen – klar, sonst kann man schlecht dazu tanzen, und das gehörte genauso wie Verbeugungen und große Gesten vielfach dazu. An die Lockerheit und Freiheit, mit der die Profis in der Mitte musizierten, ja die sie geradezu verkörperten, kamen die Marburger Schülerinnen und Schüler natürlich noch nicht heran, aber auch ihnen war neben musikalischem Ernst Begeisterung anzusehen.

Und wie Igudesman und Tirsu in einem musikalischen Sketch demonstrierten: Der Weg vom Anfänger auf einem Streichinstrument zum Profi ist weit. Aber Verweyens Schüler haben schon ein großes Stück zurückgelegt. Sicher nehmen sie von dem Wochenende eine gute Portion Spielfreude und natürliche Beweglichkeit mit, die sie ihr Musikleben lang begleiten wird.

 

 

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