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Der Piano-Heiland und sein Katechismus

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Zum Tod des Pianisten und Pädagogen Peter Feuchtwanger
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In der nmz konnten wir vor 15 Jahren lesen, wie die Teilnehmer damals die Kurse bei Peter Feuchtwanger in Würzburg und München erlebten, wie sie seinen menschlichen, pädagogischen und künstlerischen Einsatz, geprägt von profundem Wissen und großer Erfahrung, erfuhren. Wer ihm zu seinen Meisterkursen beim Schleswig-Holstein-Festival, nach Salzburg, in die USA oder bis in den Nahen und Fernen Osten nachreiste, suchte nicht so sehr den Meisterpianisten, sondern eher den Piano-Heiland, der die Klavierlöwen heilte vom angelernten Virtuosentum, dem die Seele fehlte, und sie zu inspirieren verstand.

Seine „Klavierübungen zur Heilung physiologischer Spielstörungen und zum Erlernen eines funktionell-natürlichen Klavierspiels“ waren gefragt, waren legendär geworden und galten als „Basis eines natürlichen Bewegungsverhaltens am Klavier“, wie sein Assistent Stefan Blido es formulierte. Dieser hatte auch die geheimnisvoll umwitterten Feuchtwanger-Übungen ediert. Sie stellen Feuchtwangers Vermächtnis dar, so etwas wie einen Kompromiss zwischen Katechismus und Empfehlung für aufgeschlossene und einsichtige Pianisten. Verinnerlicht man sie vor dem Üben, so wird man spüren, wie konkret, praktikabel, heilsam und zugleich vergnüglich es sich mit Feuchtwanger und seinen Übungen arbeiten lässt, wenn es um Körperhaltung, besonderen Fingersatz, behutsamen Umgang mit Dynamik oder generell um den Faktor Klaviertechnik geht.

Schon sein Weg zum Klavier, zum Pianisten und Pädagogen war für den in München als Sohn eines Bankdirektors geborenen Peter Feuchtwanger sonderlich. Sein unkompliziertes und natürliches Spiel, rein nach Gehör, zunächst ohne Notenkenntnisse angeeignet, überraschte. Man erkannte seine außerordentliche Begabung, ermöglichte ihm die pianistische Ausbildung, unter anderem bei Edwin Fischer und Walter Gieseking. Schließlich hatte er, wenn es um Konzert oder Klavierpädagogik ging, seine spezielle Methodik, seine eigene ökonomische Spieltechnik, seinen eigenen Klavierstil. Ganz besonders beeindruckt und beeinflusst hat ihn die Begegnung mit der rumänischen Pianistin Clara Haskil und die Musikalität, die ihr Belcanto-Spiel ausstrahlte. Zu seiner prominentesten Schülerin wurde mit ihrem Chopin-Preis 1965 die aus Argentinien stammende Martha Argerich; Feuchtwanger hatte sie auf den Wettbewerb in Warschau vorbereitet.

Mehr als die Konzerttätigkeit interessierte ihn Komposition, er studierte bei Hans Heimler, Schüler von Berg, Schenker und Weingartner. Yehudi Menuhin erbat sich ein Werk für Violine, Tabla und Tamboura für das Bath-Festival. Seine „Studies in Eastern Idiom“ für Klavier und weitere Kammermusik fanden internationale Resonanz.

Ansonsten setzte er zunehmend seinen Schwerpunkt auf die Musikpädagogik, unterrichtete in London, Karlsruhe, Basel und Salzburg, engagierte sich in der European Piano Teachers Association, war gern gesehener Juror bei internationalen Musikwettbewerben und Autor etlicher journalistischer und musikwissenschaftlicher Schriften.

Peter Feuchtwanger starb am 18. Juni 2016 in London, wenige Tage vor seinem 77. Geburtstag.

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