Banner Full-Size

Der Rucksack fürs Leben

Untertitel
Alter(n) in der populären Musik – Internationale Tagung in Remscheid
Publikationsdatum
Body

Der Arbeitskreis Studium populärer Musik (ASPM), der Landesmusikrat NRW und die Musikhochschule Köln luden zur Tagung über Alter und Altern in der populären Musik in die Akademie Remscheid ein. Vom 31. Oktober bis zum 2. November beschäftigten sich 20 Referenten mit den Phänomenen, die die Zeit in eine Musik bringt, die stets als jung empfunden und deren Hörer als jung angenommen wird.

In seiner Begrüßung zeigte Werner Lohmann, Präsident des Landesmusikrats NRW, auf, wie aktuell die Fragestellungen sind und wie auch Landespolitiker die Fragen innerhalb des Gesamtkomplexes „Kultur und Alter“ auf die Tagesordnung setzen. In Deutschland ist eine Akzeptanz alter Musiker, die der brasilianischen oder kubanischen vergleichbar wäre, in der Welt von Pop und Rock nicht zu beobachten. Zwar füllen auch hierzulande internationale Rockmythen wie die Stones mühelos Hallen und Stadien, doch ansonsten herrscht zumindest in der kommerzialisierten Musikwelt nach wie vor der Jugendkult. Auf der anderen Seite gibt es viele Bands, die aus älteren Musikern bestehen und Cover-Versionen älterer Rocktitel spielen. Das Publikum altert überwiegend mit den Musikern und ihrer Musik.

Im musikalischen Programm des Symposions trat die Band „Cadillac Music Co.“ aus Münster auf, und sie stand dem Publikum auch Frage und Antwort. Die Band um Walter Lindenbaum und Stephan Siebenkotten-Dahlhoff besteht aus sechs Musikern, von denen fünf deutlich über 50 Jahre alt sind. Sie covern Rockstücke der späten 50er- bis späten 70er-Jahre: in der musikalischen Aussage oft entspannter, wie Moderator Volkmar Kramartz es bezeichnete.

Die Sozialisation des Menschen muss immer im Blickwinkel bleiben, will man Wirkungsmechanismen zwischen Musik, Musikgeschmack und Altern untersuchen – das war für eine Reihe von Referaten Grundvoraussetzung. Wie gewinnen wir unseren Musikgeschmack und wie verändert er sich während des Alterns? Welche Alterstrukturen haben die Hörerschaften der verschiedenen Musikrichtungen? Stefanie Reim aus Ludwigsburg („Mit dem musikalischen Rucksack durchs Leben. Musikgeschmack und Musikrezeption im Lebenslauf“) löste eine lange Diskussion aus: Zuständig für den musikalischen Geschmack sind die Erfahrungen, die man in Kindheit und Jugend erwirbt – und diese nicht immer freiwillig. Jeder trägt einen Rucksack voller Erfahrungen mit sich herum, den er überwiegend nicht selbst gefüllt hat.

Reim geht von der Möglichkeit aus, dass man seinen Rucksack in jeder Altersphase auch umpacken kann. Thomas Phleps vom ASPM sieht dies pessimistischer: In seinen Rucksack sind Schlagertexte hinein gegeben worden, die er nie mehr los wird. Obgleich er sie hasst, sind sie in ihm – bis ins Alter.

Ort
Print-Rubriken
Musikgenre