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Die Sonne geht auf

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Jimi Hendrix: First Rays Of The New Rising SunMCD 11599 (Experience Hendrix) Das vom Gros der Rockkritiker als Höhepunkt Hendrixschen Könnens apostrophierte Doppelalbum „Electric Ladyland“ (1968) kam mir immer schon genauso unausgewogen wie das zeitgleich entstandene „Weiße Album“ der Beatles vor: Obskures und unverzeihlicher Mist (besonders der Song von Bassist Noel Redding!) steht neben Rock-Klassikern wie „Crosstown Traffic“; technisch mulmig aufgenommene Tracks wie „All Along The Watchtower“ kontrastieren mit der klanglichen Brillanz eine „Voodoo Chile“. Nach der Arbeit an dem Mammutwerk waren Jimi Hendrix und seine Begleitband „Experience“ ausgelaugt, der Rest des Jahres 1968 und das gesamte Jahr 1969 sind von qualvoller Suche nach Neuem und gleichzeitiger künstlerischer Stagnation geprägt. Erst die Fertigstellung des nach eigenen Vorstellungen gebauten „Electric-Ladyland“-Studios in New York brachte den Knoten zum Platzen. „First Rays Of The New Rising Sun“ sollte der kreative Befreiungsschlag nach dem Willen des Gitarristen heißen – ein Doppelalbum, das er auch in drei arbeitsreichen Monaten (Juni bis August 1970) fast fertigstellen konnte. Sein Tod am 18. September 1970 verhinderte jedoch die Vollendung des Projektes. Die selbsternannten Nachlaßverwalter – allen voran der unglückselige Alan Douglas – gingen wenig zimperlich mit dem umfangreichen und in verschiedenen Vollendungsstadien hinterlassenen Material um, mischten und streckten es mit Minderwertigem auf insgesamt fünf LPs. Wie „First Rays Of The New Rising Sun“ geworden sein könnte, zeigt uns nun die fünfte CD-Erscheinung in der von der Hendrix-Familie autorisierten Neuausgabe seiner Werke. Die siebzehn ausgewählten Tracks, teils noch von Hendrix, teils posthum gemixt, ergeben ein Album voller Feuer und Struktur. Weder Klangspielereien noch endloses Jamming sind hier zu finden, als Songschreiber erreicht Hendrix textlich und musikalisch den Zenit seines Könnens. Die Frische und Schönheit aller Songs im einzelnen zu rühmen, dafür fehlt hier der Platz, nur dies: Hendrix fusioniert Rock, Blues und Jazz so einzigartig, daß alle hochgelobten Nebengötter des Jahres 1970 (Eric Clapton, Jim Morrison, Frank Zappa) einfach nur veraltet aussehen.

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