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Friede und Störer

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Da wird ein internationaler Menschenrechtspreis verliehen und Herr Stoiber fühlt sich nach menschenrechtlichem Ermessen beleidigt. Da wird der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen und Herr Hintze sieht sich veranlaßt, über das herrschende Artikulationsvermögen, zu dem er selbst bisher keinen allzu großen Anteil beitrug, nachzudenken - als Resultat konstatiert er intellektuellen Tiefstand. Was ist nun schon wieder? Mögen unsere Politiker keinen Frieden und keine Menschenrechte mehr? Davon reden sie doch immer?! Dem analytischen Blick enthüllt sich freilich schnell: Sie mögen Frieden und Menschenrechte nur dann nicht, wenn andere davon erzählen, sei es nun mit Worten, wie ein gewisser Herr Grass in einer Laudatio, sei es mit Worten und Tönen, wie ein gewisser Herr Nono in seinem „Canto sospeso“. Deren Friede ist offenbar der Unfriede Generalsekretäre. So scheint es zwei Sorten Menschenrechte, zwei Frieden zu geben: die künstlichen der Künstler und die wirklichen der Politiker. Wenn also ein Schriftsteller sagt, daß er sich für todbringenden Waffenhandel der BRD und deren Asylrechtsverweigerung schäme, wenn ein Komponist die Schande der politischen Morde im Dritten Reich in Klagegesängen auf Abschiedsbriefe von zu Tode Verurteilten hart akzentuiert hinausschreit, dann haben sie sich, so befinden die Politiker, im Ton vefehlt. Auch wenn es die Wahrheit ist, kündet es von künstlerischer Niveaulosigkeit, die den guten Geschmack beschäme. Aber eine Zensur findet ja nicht statt: Jedenfalls solange der wirkliche, politkonforme Friede nicht gestört ist. Geschieht dies aber, dann muß wohl zu anderen Maßnahmen gegriffen werden.

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