Hauptrubrik
Banner Full-Size

Gefühlvolle Spender und rationale Sponsoren

Untertitel
Beim 10. Deutschen Orchestertag in Berlin drehte sich alles ums liebe Geld
Publikationsdatum
Body

Zeugt das Motto von unausrottbarem Optimismus oder aber sarkastischer Selbstironie? Der 10. Deutsche Orches­tertag (DOT) widmete sich dem Thema: „Wie werde ich reich?“. Es ging um unterschiedliche Möglichkeiten der Akquise: um Sponsoren und Förderer, um Stiftungen oder aber Erbschaften. Rund 70 Intendanten, Geschäftsführer und Manager trafen sich Anfang November in Berlin – womit sich rund die Hälfte der deutschen Orchesterlandschaft beim DOT präsentierte.

In der Auftaktdiskussion trafen Rolf Bolwin, Direktor des Deutschen Bühnenvereins und Gerald Mertens, Direktor der Deutschen Orchestervereinigung, aufeinander. Wobei man mit dem äußerst weit gefassten Thema „Orchester vor zehn Jahren. Heute. In zehn Jahren“ wohl hätte eine eigene Tagung bestreiten können. 

Mertens hält die derzeitige finanzielle Situation vieler Orchester für „unverändert dramatisch“. Vor der Zukunft „graust“ es ihm gar, wenn er an Schuldenbremse und das Auslaufen des Solidarpakts für die neuen Bundesländer denkt. Eine weitere Sorge: Er sieht eine Politikergeneration heranwachsen, die „keine Empathie für den Kulturbereich“ zeige. 

Bolwin hingegen will „nicht immer in einer Negativhaltung“ verharren; die Darstellenden Künste bekämen nach wie vor viel Geld von der Öffentlichen Hand. Eine Hemmschwelle für die Zukunft der Institution Orchester sieht der Direktor des Bühnenvereins hingegen in der Trägheit vieler angestellter Musiker, die sich gegen Veränderungen in ihren Ensembles sperren. 

Einig sind sich beide darin, dass Bürger und Politiker von der Bedeutung der Orchester für die Kommunen überzeugt werden müssen. Während Mertens das durch eine Optimierung des Managements erreichen will, und mit Begriffen wie „Unternehmensstrategie“, „Mission Statements“ und „nachhaltige Markenbildung“ jongliert, setzt Bolwin auf den Faktor Begeisterung: „Die Menschen mü ssen im Konzert auf der Stuhlkante sitzen“, meint er. 

Maurice Lausberg von der actori GmbH, die unter anderem das Fundraising der Bayerischen Staatoper betreut, sprach über Strategien beim Einwerben von Drittmitteln. „Wer auf diesem Parkett Erfolg haben will, muss sich den Unterschied zwischen einem Spender und einem Sponsor klarmachen“, stellte er fest. „Der Spender will Gutes tun; die Ansprache sollte aufs Herz zielen. Der Sponsor verlangt eine Gegenleistung und entscheidet mit dem Kopf.“ 

Dem Thema Stiftungen widmete sich anschließend Evelin Manteuffel, die als Beraterin beim Deutschen Stiftungszentrum tätig ist. Keinesfalls sollte man unter den bundesweit etwa zehntausend Stiftungen wahllos Förder-Anträge verschicken. Stattdessen müsse man sich mit einer maßgeschneiderten Bewerbung an eine genau passende Institution wenden. „Stiftungen betreiben meist keine Basisförderung“, gab Manteuffel außerdem zu bedenken. „Sie unterstützen lieber konkrete Projekte, bei deren Umsetzung sie durchaus auch mitreden wollen.“ 

Um die Basisförderung zu ergänzen, sei die Gründung einer Stiftung besser geeignet. „Die Zahl orchestereigener Stiftungen hat sich im vergangenen Jahrzehnt verdoppelt“, stellte Manteuffel fest. Ihr Tipp: Großspender und langjährige Fördermitglieder auf diese Möglichkeit hin anzusprechen. 

Die eingeladenen Experten sind sich darin einig, dass sämtliche Drittmittel – ob von Stiftungen, Sponsoren oder Freundeskreisen – die Förderung durch die öffentliche Hand lediglich ergänzen, nicht aber ersetzen können. Derzeit machen sämtliche Drittmittel bei den Orchestern lediglich fünf Prozent der öffentlichen Förderung aus – auf diese Zahl weist Maurice Lausberg hin. Dieser Anteil lasse sich auch nicht beliebig steigern, stellt der actori-Geschäftsführer fest: „Eine Opernaufführung wird nie so viele Menschen erreichen wie eine Fußball-Übertragung.“

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!