Hauptrubrik
Banner Full-Size

Groß genug für einen Song

Untertitel
Neuveröffentlichungen der Popbranche im Januar
Publikationsdatum
Body

Das Treffen ist in der Tat unseriös: Ziehharmonika, Gitarrenmauern, Jodler, elektronische Schlagzeugsalven, PC-animierte Klangspektren und tiefschwarz sarkastischer Gesang fungieren bei Edelschwarz aus Bayern als gleichsam kontinuierliche Parameter, aber daneben als unberechenbare Überraschungen.

 „Briten, Bauern und Barone“ ist ein bayerisches Gesamtwerk, das nie den rücksichtsvollen Blick auf die traditionelle Volksmusik verliert, sich aber zu keinem Zeitpunkt scheut, diese Musik stringent und seelenverwandt weiterzuentwickeln. Sauber! Hörhinweis: „Da Lindner vo Kasing“ (www.myspace.com/edelschwarz).

Botanica verblüffen eigentlich nicht mit einem weiteren lässigen, coolen und famosen Album. Nach den vorangegangenen fünf Alben, die allesamt delikat daherkamen, sollte auch „Who you are“ in diese Richtung spuren. Und wie! Das sechste Album beinhaltet kognitiven Indierock in allen Facetten. Botanica haben ein wenig die Schwarzmalerei reduziert, denn gar fröhlich, anschiebend und motivierend präsentiert sich die Majorität der neuen Songs. Wo Wilco ab und an ins „Vergessen“ fallen, setzen Botanica einen nächsten Hebel an. Geheimtipp? Nicht nach sechs Alben. Hörhinweis: „You might be the one“ (www.myspace.com/botanica).

Weltmusik kann schon mal zum Schimpfwort werden. Kristina Kanders verschreibt sich eben dieser und gewinnt. Weil sie gar nicht daran denkt, Einflüsse, Stile und Typisierungen über Songs und Lieder zu stülpen. „Say Something“ ist ein durchdachtes Werk, das in der Bandbreite Pop bis Jazz mit den Eindrücken der Weltmusik spielt und sie nicht vereinnahmt. Der oft experimentelle Albumcharakter, eingelagert zwischen Kanders’ rücksichtsvoller Stimme und moderaten bis expressiven Rhythmen, steht dem Konzept prima. Hörhinweis: „Mother“ (www.myspace.com/kristinakanders).

Mit ihrer Gruppe Siawaloma begibt sich die Schweizer Sängerin Lisette Spinnler auf eine nahezu emsige Jazzjagd. Von idyllisch bis aufgewühlt schälen sich die Jazzarrangements aus ihrer anmutigen Hülle. Lisette Spinnler beteiligt sich untergeordnet mit ihren Scats und ihrer Fantasiesprache an den Songs, aber igendwie dann doch wieder führend. Ein Jazzkomplettpaket ohne Gebrechlichkeiten. Hörhinweis: „Durban’s Township“ (www.lisettespinnler.com).

Dass Dänen tatsächlich eine Art „minimalistische Post-Rock-Indie-Folk“- Legierung hinbekommen überrascht. Giana Factory (was für ein Bandname!)  geben ihr Debüt mit der EP „Bloody Game“ und grasen oben genannte Stilrichtungen gar nicht so unverblümt, dennoch mit eigenem Akzent ab. Leadsängerin Louise Foo besticht durch distinguierten Gesang, ebenso gefällt der Schlafwandler-Soundtrack der Dänen im Gesamtkomplex. Hörhinweis: „Mexican“ (www.myspace.com/gianafactory).

Drei Schweden. Die Geschwister Sarah und Jacob Snavely und Drummer Chuck Bukowski (tolles Pseudonym). Zusammen Dag för Dag. Und bereits im Januar ist „Boo“ ein Anwärter für die Top-Ten-Liste der besten Alben 2010. Indierock mag man das nennen, teils etwas abgedriftet und entstellt, doch im Kern ehrlich und verrückt arrangiert zwischen den Schlagzeugeskapaden des „C.B.“, den oft unbegründeten Gitarren und im Hall ertränkten Gesängen der beiden Geschwister. Hörhinweis: „Hands and Knees“, „Traffic Jam“ (www.myspace.com/dagfordag).

Die Schotten Craig B und Ian Cook „verdingten“ sich einst bei „Aereogramm“. Den Glasgow’schen Stallgeruch pflegen sie nun mit ihrer eigenen Band weiter. The Unwinding Hours verschreiben sich dem Songwriting, den lyrischen Songzeilen, den stillen Augenblicken der Musik und der Brücke Musik/Film. Die Songs sind stets groß genug, um noch als Songs durchzugehen, aber nie zu wenig, um als Sound-Fragment zu darben. Ausgewogen und ergreifend. Hörhinweis: „Solstice“ (www.myspace.com/theunwindinghours).

Diskographie

  • Edelschwarz – Briten, Bauern undBarone (15.01.2010, Lawine)
  • Botanica – Who you are (05.02.2010, rent a dog)
  • Kristina Kanders – Say Something (22.01.2010, Bernd Gast Music)
  • Lisette Spinnler – Siawaloma (15.01.2010, material records)
  • Giana Factory – Bloody Game (11.12.2009, Music For Dreams)
  • Dag för Dag – Boo (12.02.2010, Haldern Pop Recordings)
  • The Unwinding Hours – The Unwinding Hours (12.02.2010, Chemikal Underground)

 

Weiterlesen mit nmz+

Sie haben bereits ein Online Abo? Hier einloggen.

 

Testen Sie das Digital Abo drei Monate lang für nur € 4,50

oder upgraden Sie Ihr bestehendes Print-Abo für nur € 10,00.

Ihr Account wird sofort freigeschaltet!