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Jungstar Jamie Cullum beschließt seine Deutschlandtournee im Münchener Backstage

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Sein Auftritt in München war der letzte einer kurzen Deutschlandtournee, allein der Ort des Geschehens von Aussagekraft: eine proppenvolle Diskothek, in der sich sonst Rock-, Punk- oder Popacts tummeln. Jamie Cullum kommt zwar hörbar vom Jazz, nutzt jedoch das akustische Pianotrio mit Geoff Gascoyne am Bass und Sebastiaan de Krom am Schlagzeug dazu, einfach Musik zu machen, wie sie ihm gefällt. Er mag und verbindet Sinatra und Nirvana, Hendrix und U2, Cole Porter und die Neptunes.

Ein jugendlicher Struwelpeter mit rotgefärbten Haarspitzen und lausbubenhafter Fröhlichkeit im Babyface steht auf der Bühne und singt jenseits aller musikalischer Lagertheorien mit entwaffnend lebendiger Natürlichkeit Jazzstandards, Rockklassiker und eigene Songs. Der Einstieg a cappella und ohne Mikro verschafft dem jungen Mann auch in der vollbesetzten Diskothek recht schnell Gehör – nur ein paar Unverbesserliche brauchen etwas länger um zu begreifen, dass der Sinn eines Konzertbesuchs im Zuhören besteht. Eine freche Version von Cole Porters Klassiker „I get a kick out of you“ mutiert alsbald zum Härtetest für den Steinway, der passend zum Text schon mal einen Fußtritt in die Tastatur kriegt; später dient er dann seinem Herrn beim „slapping“ auch als Hand- und Fußschlagzeug: „So richtig Spaß macht’s, wenn man unter dem Flügel liegt ...“. Dabei ist Cullum ein recht guter Pianist, agiert in seinen Soli mit neugieriger Lust wie ein lebhafter Kobold, der ein neues Spielzeug entdeckt hat und es mit begeistertem Vergnügen ausprobiert. Der Gesang zeugt von erfrischender Respektlosigkeit und hohem Sinn für Entertainment, ohne Schmalz und Devotion, dafür mit jeder Menge Spaß und Energie – eher wie ein Rocksänger als wie ein klassischer Crooner: „Tun wir mal so, als wären wir nicht in einem Jazzkonzert!“ Jamie Cullum sucht sich seine Songs sehr bewusst aus, Dramaturgie wie Präsentation des Konzerts sind perfekt auf ihn abgestimmt, die Show auch in den witzigen spontanen Ansagen von höchstem Unterhaltungswert; einzig die zum Satanszeichen erhobene Faust bei Jimi Hendrix’ „Wind Cries Mary“ ist völlig überflüssig. Ansonsten: Eine zunächst cool und locker schnippend angegangene Version des alten Who-Knallers „My Generation“ entpuppt sich zunehmend zu nach wie vor gültigem Aufbegehren. Dem folgt zur Freude des Jazzpuristen ein rasant swingendes Pianosolo, dann wiederum mit „All At Sea“ ein eher MTV-unplugged klingender Popsong. Zu der während der Tour entstandenen Hommage an die Faulheit „Why Do Today What You Can Do Tomorrow“ greift der auch als Songwriter talentierte junge Mann sodann statt des Klaviers zur Klampfe. Das Publikum geht begeistert mit und ist sich einig: Man wird sich wiedersehen – spätestens „Next Year, Baby!“

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