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Kulturpolitiker, Jazzunternehmer, aber vor allem: Bass-Mann: Mini Schulz. Foto: Wolf-Peter Steinheißer
Kulturpolitiker, Jazzunternehmer, aber vor allem: Bass-Mann: Mini Schulz. Foto: Wolf-Peter Steinheißer
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Keine Angst vor der gGmbh

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Die Vorteile der gemeinnützigen GmbH am Beispiel des Stuttgarter Jazzclubs BIX
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Stuttgarts Jazzclub BIX kann im November auf neun Jahre Spielbetrieb zurückblicken. Mit über 250 Konzerten im Jahr gehört das BIX zu den großen Jazzclubs in Deutschland. Dass die erfolgreiche Arbeit des BIX nicht nur in der baden-württembergischen Landeshauptstadt wahrgenommen wird, zeigte die Tatsache, dass man Mitte Oktober in München aus der Hand von Kulturstaatssekretärin Monika Grütters den Spielstättenförderpreis APPLAUS in Höhe von 30.000 Euro erhalten hat. Andreas Kolb sprach mit dem Geschäftsführer Mini Schulz über die Vor- und Nachteile einer gGmbH am Beispiel des Jazzclubs BIX. 

neue musikzeitung: Bringt die gGmbH für einen Jazzclub wirklich nur Vorteile?

Mini Schulz: Bei einem Club unserer Größe mit über 250 Konzerten im Jahr bringt die gGmbH nur Vorteile. Sie bietet eine bessere Verankerung gegenüber den öffentlichen Geldgebern, ermöglicht eine vertrauensvollere Zusammenarbeit, weil sich auch die öffentliche Hand in dieser gGmbH engagieren kann. Die gGmbH bietet eine hohe Attraktivität für Public Private Partnership: Persönlichkeiten, die sich engagieren wollen, können sich gut finanziell einbringen und den größten Teil ihrer Einlage auch noch steuerlich wirksam machen. Die gGmbh kann anders mit einer Buchhaltung umgehen als ein Verein, etwa beim Thema Rückstellungen. Als gGmbH ist das BIX ein Teil der Kulturwirtschaft, und daher marktfähiger gegenüber einer Vereinsstruktur.

nmz: Begonnen haben Sie aber doch mit einem e.V.?

Schulz: Wir haben 2005 noch nichtsahnend als Verein begonnen. Diesen Verein gibt es noch heute: Er ist aber inzwischen einer der 20 Gesellschafter des BIX. Der Verein hat festgestellt, dass die immense Finanzlast von 450.000 Euro Umsatz im Jahr zuviel wird für eine normale Vereinsstruktur. 2011 hat man sich dann in die ­gGmbH umgewandelt. Das brachte uns auch in eine stärkere Position gegenüber der Gastronomie im Haus.

nmz: Kulturstaatssekretärin Monika Grütters und die Initiative Musik haben den Jazzverband Baden-Württemberg mit einem APPLAUS für die beste Jazzförderung in Deutschland ausgezeichnet. Baden-Württemberg ist somit das einzige Bundesland, in dem die Clubs Mindestgagen bezahlen. Trifft das auch auf das BIX zu?

Schulz: Ich bin Präsidiumsmitglied des Jazzverband BW und finde, das ist eine feine Geschichte. Das BIX hat damit aber nichts zu tun. Wir erhalten circa 65.000 Euro institutionelle Förderung durch die Stadt Stuttgart, aber keine Landesförderung. Das Problem ist: Das BIX hat so hohe Umsätze, dass es, würde es an der Landesförderung teilnehmen, den andern Clubs das Geld abziehen würde. Zudem hätte das BIX mit fünf Konzerten in der Woche, darunter meistens zwei bis drei Künstler aus Baden-Würt­temberg, einen derart großen Verwaltungsaufwand, dass die Förderung davon aufgefressen würde. Das Musiker-Fördermodell Baden-Württemberg ist dagegen ideal für Vereine mit bis zu acht Veranstaltungen pro Monat.

nmz: Zahlt das BIX also keine Mindestgage?

Schulz: Bei uns erhalten die Künstler eine Gage, die erwirtschaftbar ist auf dem Markt.

nmz: Wer macht die Arbeit beim BIX?

Schulz: Für über 50 Konzerte im Jahr halten wir eine schlanke Struktur vor. Die handelnden Personen sind ich selber als Künstlerischer Leiter und Geschäftsführer des BIX, David Wilcke als Co-Geschäftsführer und Produktionsleiter, Arndt Wirth als Technischer Leiter sowie Charlotte Kreuter für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Dazu kommen zehn freie Mitarbeiter als Technikstamm sowie etliche sozialversicherungspflichtige Kassenkräfte.

nmz: Aus welcher Motivation heraus machen Sie das BIX?

Schulz: Es war mir Verpflichtung. Ich hatte das große Glück, 2006 eine Jazzprofessur an der Stuttgarter Musikhochschule zu bekommen. Man kann nicht auf der einen Seite Musiker ausbilden und auf der anderen Seite gibt es keinen Marktzugang. Und die Professur gibt mir eine gewisse Unabhängigkeit und Freiheit, auch was das BIX angeht.

nmz: Sie drängen mit Ihren Studenten nicht nur auf den Markt, sondern wollen auch einen Markt für sie schaffen?

Schulz: Jeden Dienstag ist Hochschultag im BIX. Als Gage bekommen die Studenten nur das, was in der Kasse ist. Platt gesagt: Wenn sie ein attraktives Produkt auf die Bühne stellen, haben sie auch gute Einnahmen. Das berührt Themen wie Selbstvermarktung, Werbung, Bühnenpräsenz bis hin zu Outfit und Anmoderation. Werden Miese gemacht, müssen sie das Kassenpersonal aus eigener Tasche bezahlen. So lernt man ganz schnell die Gesetze des Marktes kennen. Doch inzwischen kann man sagen: Die Dienstage freuen auch unseren Gastronom – will sagen, sind sehr gut besucht. Zudem versuche ich, die Studenten auch bei anderen Stuttgarter Festivals unterzubringen. Schließlich haben wir viele der Abschlussprüfungen der Hochschul-Jazzklasse im BIX. Da kommen 200 Menschen pro Prüfung.

nmz: Im Rahmen der ministeriell verordneten Schwerpunktbildung der Musikhochschulen in Baden-Württemberg setzt die Hochschule auf einen Schwerpunkt „campus gegenwart“ mit explizitem Einbezug des Jazzstandorts Stuttgart. Der Jazzstudiengang ist also definitiv nicht mehr von Schließung bedroht?

Schulz: Der Jazz an der Hochschule ist deutlich gestärkt! Da mussten sich die Pläne des Kunstministeriums deutlich verändern.

nmz: Wen und was kann ich mir im BIX anhören?

Schulz: Wichtig ist für mich, stets eine klare Programmatik zu fahren: Am Dienstag Hochschule, manchmal auch Austauschprogramm mit Nürnberg, am Mittwoch D-A-CH-Profil – auch Jazz, der hart am Wind geht; der Donnerstag ist Stuttgarts Ausgehtag: Hier bieten wir kulinarischen Jazz, Soul, Swing mit Gesang; Freitag ist der Tag für den internationalen Jazz-Zirkus. Am Samstag sprechen wir mit DJ auch mal das Ausgehpublikum an – es soll Lust auf Jazz bekommen. Und am Sonntagmorgen gibt es oftmals Jazz für Kinder. Das BIX will den Jazz für das Publikum öffnen. Und in der Lounge kann man sogar lauschen, ohne Eintritt zu zahlen.

nmz: Sie sind ein unermüdlicher Jazz-Initiator. Stichwort Scala in Ludwigsburg …

Schulz: Ich habe seit dem 1. April 2015 die Künstlerische Leitung des Scala in Ludwigsburg übernommen. Während das BIX 220 Plätze bietet, hat das Scala 500 Sitzplätze, kombiniert mit Stehplätzen haben wir Platz für bis zu 800 Besucher. Die Spielstätte liegt unmittelbar neben der Filmakademie Baden-Württemberg und ist von der Stadt mit einer Film und Tonanlage ausgestattet worden, die ihresgleichen sucht. Zusammen mit der charmanten Innenarchitektur in Anlehnung an die 50er-Jahre ein wirklich einzigartiger Ort. Im November finden die Ludwigsburger Jazztage statt, unter anderem mit einem Multimediaprojekt, das sich dieser Ressourcen bedient.

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