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Kolumne

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Spender, Stifter und Sponsoren
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Verehrte Kolleginnen und Kollegen, Ende des vergangenen Jahres durfte ich einige Überraschungen erleben: Weihnachtsoratorien und -konzerte allerorten, viele von herausragendem Niveau, dazu die Einweihung einer neuen Musikschule im Stuttgarter Raum. Da kommt man gelegentlich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Diese neue Musikschule gäbe es nicht, wäre da nicht ein Stifter, der einfach mal über zwölf Millionen Euro rüberwachsen lässt, den Betrieb mit weiteren 300.000 Euro jährlich unterstützt und fast nebenbei auch noch einen neuwertigen Steinway-Konzertflügel auf die Bühne stellt.

Auch gewisse Weihnachtsoratorien auf Weltniveau kämen uns nicht zu Ohren, gäbe es da nicht Spender und Sponsoren, die nicht nur Steuersparmodelle verwirklichen, sondern ganz diskret und unauffällig bei den Konzerten auch persönlich anwesend sind. Oft Inhaber erfolgreicher mittelständischer Unternehmen, die besonders kulturaffin sind, oder auch mal ein Bankdirektor, der eigentlich lieber Pianist geworden wäre. Ein großes Glück für Chöre, Orchester und das Kulturleben allgemein.

Doch diese goldene Münze hat auch eine Kehrseite: Je mehr Geld von privater Seite in das Kulturleben fließt, desto weniger Anstrengungen von öffentlicher Hand sind opportun. Da kann leicht die Tendenz verstärkt werden, Kultur und kulturelle Bildung in die Abteilung Privatvergnügen zu verschieben. 

Und was nützt eine repräsentative Musikschule, wenn die potenziellen Nutzerinnen und Nutzer – unsere Kinder und Jugendlichen – bis 16.30 Uhr in einer Ganztagsschule gefangen sind oder wegen außerordentlicher Stressfaktoren des achtjährigen Gymnasiums eine musikalische Bildung lieber auf Eis legen?

Vielleicht kommen unsere Politiker/-innen gelegentlich auch mal zu der Erkenntnis, dass erfolgreiche Unternehmer/-innen unter anderem auch deswegen in Führungspositionen gelandet sind, weil sie dank musikalischer und kultureller Bildung eine markante Persönlichkeit, einen erweiterten Horizont und besondere Menschenkenntnis entwickeln durften. Hirnforscher und Neurologen wissen das längst. 

Und mit verschmitztem Lächeln darf ich erfahren, dass heute Herr B. Direktor eines Weltunternehmens und Herr R. heute als Prof. Dr. R. Chef einer psychiatrischen Klinik ist: Beide waren vor 45 Jahren meine Flötenschüler. Hat sich wohl doch ein bisschen gelohnt…

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