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Mondlicht, Seegrün und wiegendes Wasser

Untertitel
Turandot in der Verbotenen Stadt auf Video
Publikationsdatum
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Giacomo Puccini: Turandot; Zubin Mehta/Zhang Yimou; BMG, 1998. Ein Hoch denen, die sich gemeinhin weniger in der ersten Reihe ihren Applaus abholen können: dem Lichtdesign von Guido Levi, der Kamera von Cristiano Pogany, den Kostümen von Zheng Li, dem Szenenbild von Gao Guang Jian, und dann auch der Choreographie von Chen Weiya und: Franco Alfano. Er ist es schließlich, der durch bewegliche Variablen den vorgegebenen Rahmen der Freiluftszenerie wertvoll ergänzt: Tore und Türen, die sich mal hier, mal dort öffnen und schließen, Vorbauten, die sich hin und her schieben lassen und das einzig wahre Kulissengebäude mal in seiner Einfachheit, mal verschachtelt erscheinen lassen, und und und... Empore und Treppen als Handlungsort, Ränge wie Chorgestühl für den eindrucksvoll oft statisch plazierten Chor. Überdies, das Intro des Videos führt den Zuschauer zunächst in eine ganz andere Richtung: „Turandot in der verbotenen Stadt von Peking“ im Hinterkopf folgt er fasziniert den stimmungsvollen Bildern aus China mit seiner Mauer, grünen Tälern in Nebel gehüllt, Bauwerke mit ihren Dächern, nichtsahnend hin zur Verbotenen Stadt, eine exotische Welt, in die man sich nur allzu gerne hineinführen läßt, begleitet von exakter folkloristischer Perkussion – und dann das: Zubin Mehta schreitet gekonnt die lange Treppe hinunter zu seinem Orchester, begleitet vom Beifall des Auditoriums. Und diese Unart behält das Video zu Beginn eines jeden Aktes bei. Es entzaubert den Rezipienten aus der Welt, die das Lichtdesign, die Kamera, die Kostüme, das Szenenbild und die Choreographie in schwer überbietbarem Einfallsreichtum da entstehen lassen. Nur deswegen ist schließlich der Zuschauer geneigt zu verzeihen, daß ihn derart unsanft die Opernhausatmosphäre immer wieder einholt. Warum nur? Da kann man sich doch immer wieder illustrativ eingeblendeten Natur- und Architekturschönheiten hingeben, auch dem oft zitierten Mondlicht, mit wiegendem Wasser und Seegrün schwingen, verstärkt durch Kameraeinstellungen wie monumental von unten, übersichthaft von oben oder mittendrin und gar von hinten durch die Fußreihen, oft geheimnisvoll ausgeleuchtet und, wo die Musik es verlangt, sanft überblendet. Sie kennen die Gestaltungsmöglichkeiten des Formgenres. Sicher tut die Musik das übrige. Die Komposition sowieso. Aber die ist nun mal, verzeihen Sie bitte, die Grundlage dieser großartigen, den Menschen in der Gänze seiner Genußfähigkeit herausfordernden Inszenierung von – er sei nun genannt – Zhang Yimou, hochdotiert in der Filmwelt. Aber auch die Akteure tragen natürlich ihr Scherflein bei. Gekonnt in Mimik, Wort und Ton: der Chorus of Maggio Musicale Fiorentino. Und farbenfroh und üppig bekleidet, effektvoll be- und ausgeleuchtet, präzise bewegt. Und die Solisten: Sergej Larin als Calaf – wohltuend: es gibt nicht nur die „Drei“ –, Barbara Frittoli als Liù – hingebungsvoll in echt –, José Fardilha, Francesco Piccoli und Carlo Allemano als Ping, Pang und Pong – würdige Träger dieser Namen –, Sergio Spina als der Prinz von Persien – schade, daß er dem Gesetz seiner Rolle folgen muß – sowie Ottavia Vegini und Laura Lensi als Prima und Seconda Ancella – ja – und Giovanna Casolla als Turandot – der harte gutturale Tonansatz verkommt vom wertvollen Gestaltungsmittel leider zur schwer zu ertragenden Manier. Alle farbenfroh und üppig bekleidet, effektvoll be- und ausgeleuchtet, präzise bewegt. Eben. Schließlich das Orchester gleichen Namens wie der Chor. Bei dem musikalischen Leiter! Noch Fragen? Ja doch. Nicht nur sein Auftritt ist Spitzenklasse. Und noch eins: das Schlußbild möchte man auch nicht mehr gerne hergeben: diese statischen Farbflächen, blockartig gebildet aus Menschenkörpern...

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