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Musik in und aus Deutschland

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Uraufführungen 2021/12
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Mit dem Jahr 2021 endet die von Arnold Schönberg proklamierte einhundertjährige „Vorherrschaft der deutschen Musik“. 1921 hatte sich der Komponist auf einem Berliner Spaziergang gegenüber seinem Schüler Josef Rufer zur Behauptung verstiegen, mit seiner soeben erfundenen „Methode der Komposition mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen“ der seit dem 19. Jahrhundert ohnehin schon dominierenden deutschen Musik für weitere einhundert Jahre die weltweite Vorherrschaft gesichert zu haben.

Schönberg formulierte diesen Anspruch nach der Niederlage des Ersten Weltkriegs sowohl aus gekränkter deutschnationaler Gesinnung als auch aus dem selbstbewussten Verständnis, die von den deutschen Meistern Bach, Beethoven, Brahms und Wagner entwickelte Polyphonie, Harmonik und Durchführungstechnik konsequent zur Atonalität und Ultrathematik weitergetrieben und gegen Rückfälle in tonale Muster abgesichert zu haben.

Nach 1950 machte die Dodekaphonie tatsächlich international Schule, vor allem in der erweiterten Spielart als Serialismus der Darmstädter Schule sowie bei den Donaueschinger Musiktagen und im Studio für Elektronische Musik des WDR. Um „deutsche Musik“ handelte es sich dabei freilich eher nicht oder nur teilweise. Vornehmlich war es Musik von Komponisten und wenigen Komponistinnen, die aus der hal­ben Welt in die Bundesrepublik kamen, um hier Unterrichts-, Arbeits- und Aufführungsmöglichkeiten zu finden. Auch heute gibt es keine „Vorherrschaft der deutschen Musik“, sehr wohl aber eine Vorherrschaft neuer Musik in und aus Deutschland. Denn hierzulande wird neue Musik von zahlreichen Institutionen, Kulturämtern, Staatskanzleien, Veranstaltern, Ensembles, Stiftungen und Medien gefördert. An deutschen Musikhochschulen studieren junge Musikerinnen und Musiker aus bis zu fünfzig und mehr Herkunftsländern. Viele von ihnen bleiben und bestimmen mit, welche Musik vor Ort entsteht. Die daraus resultierende Vielfalt und Internationalität belegen eindrücklich einige Uraufführungen der nächsten Wochen. Doch der hiesige Reichtum ist zugleich erkauft durch die künstlerische Verarmung eben der Länder, welche die vielen Musikschaffenden verließen.

Bei der musica viva im Herkulessaal der Münchner Residenz erklingen am 3. Dezember neue Orchesterwerke von Minas Borboudakis und Francesca Verunelli. In der Philharmonie Luxembourg gibt es am 5. Dezember die Premiere von Toshio Hosokawas Monodram „Deine Freunde aus der Ferne“. Am 19. Dezember spielt das Kammer­ensemble hand werk in der Alten Feuerwache Köln ein internationales Programm mit Stücken von Grisey, Marino, Alvarez, Schnebel und Gorlinsky sowie einer Novität von Clara Ianotta. Das Ensemble Musikfabrik präsentiert am 10. Januar in seinem Kölner Studio neue Stücke für westliches Instrumentarium und die orientalische Kurzhalslaute Oud von Karen Keyhani, Sara Abazari, Joachim Heintz und Arshin Samsaminia. Am 14. Januar erklingt in der Münchner Isarphilharmonie erstmalig Fazil Says Konzert „Anka kusu“ für Klavier vierhändig und Orchester. Und das Festival Ultraschall Berlin bietet vom 19. bis 23. Januar Uraufführungen von Sara Glojnarić, Hannes Seidl, Charles Kwong, Steingrimur Rohloff, Juliana Hodkinson, Mirela Ivicevicć, Philipp Mainz, Oxana Omelchuk, Jesse Broekman und Johannes Schöllhorn.

Weitere Uraufführungen:

  • 15.12.: Gregor Forbes, Diffuse Planes für Konzertgitarre, Stefan Beyer, Clair de lune für Konzertgitarre und Sinustöne, Grieg-Begegnungsstätte Leipzig
  • 17.12.: Tom Belkind, Junho Jang, Tamara Miller, Carmen Pomet, Luise Volkmann, neue Stücke für Ensemble Musikfabrik, HfMT Köln
  • 18.12.: Peter Wittrich, Der kleine Prinz – Concerto poetico, Alte Pädagogische Hochschule Heidelberg
  • 21.12.: Georgia Koumará, neues Werk für Schlagquartett Köln, Musik der Zeit, WDR Köln
  • 15.01.: Peter Eötvös, Steven Daverson, neue Werke für WDR Sinfonieorchester, Musik der Zeit, WDR Köln
  • 28.01.: Hans Thomalla, Liza Lim, neue Orchesterwerke für BR-Sinfonieorchester, musica viva München

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