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Musikalische Poesie

Untertitel
Ein Konzert der Reihe „Studio für Neue Musik“ des TKV München
Publikationsdatum
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Ein besonders stimmungsvolles Programm hatten die Mitglieder des Ensemble Zeitsprung für ihr winterliches Konzert in der Versicherungskammer Bayern zusammengestellt.

Beinahe alle Stücke waren mit poetischen Untertiteln versehen oder bezogen sich direkt auf Gedichte. „En Passant“ bezeichnet etwas Beiläufiges, sich in Bewegung Befindendes und gibt damit eine kleine Idee, in welche Richtung das gleichnamige Stück für Flöte, Oboe und Klarinette von Markus Zahnhausen zielt. In „Alter Hain im Nebel“ hören wir langsame lyrisch-melodiöse, auch melancholisch angehauchte Phrasen, mit kleinen, schnellen Einwürfen, die an fallende Blätter denken lassen. „Irrgang“ dagegen hat einen aggressiveren Grundcharakter: Die Musik treibt rastlos in rhythmischen Folgen in unterschiedliche Richtungen dahin. Den Musikern Tobias Kaiser (Flöte), Claire Sirjacobs (Oboe) und Oliver Klenk (Klarinette) gelang es mühelos, sich in das Stück einzufühlen. Konzentriert, sensibel und mit viel Spielfreude spürten sie den Stimmungen nach und ließen sie lebendig werden. Ganz und gar unerwartet beginnt „Ottocento“ für Bassklarinette und Klavier von Meinrad Schmitt – mit einem direkten Zitat aus Beethovens „Mondscheinsonate“. Doch nur kurz dauert dieser bekannte Moment. Dann lässt Schmitt sich eher von dem Untertitel „Una fantasia“ inspirieren und fantasiert das Stück in seiner eigenen Tonsprache beschwingt weiter. Als ebenfalls schwungvoll entpuppt sich „Under Lindentreet“ von Morten Gaathaug. Die Musik steigert sich von eng verwobenen Klangteppichen vor allem zwischen Flöte und Klarinette zu einem fröhlichen, beinahe deftigen Tanz. Den Instrumentalisten Kaiser, Klenk und Sachiko Hara am Klavier gelang dabei das Kunststück, die Klangfarben ihrer Instrumente so einander anzunähern, dass es wie ein einziges, facettenreiches, Instrument klang – ein wahres Meisterwerk des Zusammenspiels!

Für die Zuhörer sicher die anspruchsvollste Komposition des Abends war die Uraufführung der „4 japanischen Miniaturen“ für Oboe, Bassklarinette und Klavier von Volker Nickel. Den Miniaturen liegen japanische Gedichte aus der Zeit um 1200 zugrunde, die allesamt metaphorisch zu verstehen sind. Der Komponist fängt die Fremdartigkeit und den Reiz dieser alten japanischen Kultur gut ein und übersetzt sie in seine eigene – sehr formale und doch poetische – Sprache. Um den Kompositionen über eine assoziative Ahnung hinaus auf den Grund zu gehen, genügt das einmalige Hören aber sicher nicht.

Im Kontrast dazu: die „Drei Hirten“ von Rodion Shchedrin. In diesem Trio für Flöte, Oboe und Klarinette drückt sich die Idee des Stücks ganz unmittelbar, sogar szenisch aus: Jedes Instrument steht für einen Hirten. In raffiniert einfachen, beinahe bukolischen Weisen kommunizieren die drei miteinander – zunächst entfernt voneinander bis sie sich gefunden haben, später dann alle drei gemeinsam auf der Bühne. Dort kommt es zu einem turbulenten Austausch, vielleicht sogar einem Streit, bis sie sich wieder trennen und jeder seiner Wege geht – mit der eigenen Musik. Und so wurde auch das Publikum nach Hause entlassen – jeder mit seiner eigenen Stimmung nach diesem stimmungsvollen Konzert.

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