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Otto Schily hielt die Festrede beim Sitftungsfestakt der Musikschule Iserlohn.
Otto Schily hielt die Festrede beim Sitftungsfestakt der Musikschule Iserlohn.
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Musikschulförderung dient innerer Sicherheit

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Musikschule Iserlohn erhält eigene Förderstiftung
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Der Hinweis, dass es um das Kulturleben in der Bundesrepublik gegenwärtig nicht gut bestellt ist, mag bei dem einen oder anderen nur noch ein Gähnen hervorrufen. Das Wehklagen ist bekannt: Vielen Kulturbetrieben fehlen die nötigen Mittel, da die Finanzen der öffentlichen Hand immer knapper werden.

Angesichts solcher Tendenzen wirken Veranstaltungen wie das Konzert, das etwa 250 Schüler/-innen der Musikschule Iserlohn Anfang Juni boten, nachhaltig erfrischend. Souverän, diszipliniert, dabei doch lebensfroh und ganz der Musik zugetan, boten die Musizierenden dem Publikum eine Veranstaltung der besonderen Art – und auch der Anlass stellt sich als ein ganz besonderer dar.

Die Zahl von circa 1.000 im Verband deutscher Musikschulen organisierten Schulen, an denen über eine Million Schüler/-innen unterrichtet werden, lässt erkennen, dass diese Institutionen einen bedeutenden Faktor im Kulturleben darstellen und aus dem Leben der Menschen kaum noch wegzudenken sind. Umso bedrückender ist die Tatsache, dass viele öffentliche Träger über die Schließung oder Privatisierung ihrer Schulen nachdenken (müssen). Musikschulen sind freiwillige kommunale Einrichtungen, die in Zeiten angespannter Wirtschaftslage als ein vermeintlicher Luxus zur Disposition stehen. Dass die Musikschulen seit Jahren durch Erschließung neuer pädagogischer Felder und Unterrichtsweisen (Projektarbeit, Gruppenunterricht, Arbeit mit Behinderten, Musical, etc.) versuchen, die kritische Situation aus eigener Kraft zu meistern, ist bekannt.

Die Iserlohner Musikschule bildet hinsichtlich der skizzierten Situation keine Ausnahme. In der Musikschule der „Waldstadt“ werden etwa 1.000 Schüler/-innen in 500 Wochenstunden von 35 Lehrer/-innen unterrichtet. Die Elternbeiträge decken circa 40 Prozent der anfallenden Kosten, die Stadt trägt den Rest. Wie die städtischen Finanzen haben sich aber auch die Bedingungen, unter denen die Schule arbeiten muss, in der jüngeren Vergangenheit insgesamt verschlechtert.

Der „Freundeskreis der Musikschule“, der seit über 20 Jahren die Schule unterstützt, ließ sich nun etwas einfallen, das in der Bundesrepublik wohl Schule machen wird: Der Verein sieht es als seine Aufgabe an, die Unterstützung der Musikschule auch langfristig abzusichern. Er gründete daher als erster Förderverein deutschlandweit eine eigene Förderstiftung zugunsten seiner Musikschule als Bürgerstiftung nach dem neuen Stiftungsrecht. Das bedeutet unter anderem, dass Spendengelder nun nicht mehr einmalig ausgegeben werden (müssen), sondern als Aufstockung des Stiftungskapitals durch ihre Zinserträge langfristig positiven Nutzen bringen. Darüber hinaus ist die Spende an eine Stiftung aufgrund der novellierten Stiftungsgesetzgebung für Spender steuerlich deutlich günstiger als eine Spende an einen gemeinnützigen Förderverein.

Paul Breidenstein, Leiter der Iserlohner Musikschule, sieht neben einem materiellen auch einen bedeutenden ideellen Aspekt in der Stiftungsgründung: Zum einen soll die Stiftung langfristig die Möglichkeiten des Freundeskreises absichern, die Kluft zwischen der Grundausstattung der Musikschule, die weiterhin durch die Stadt getragen wird, und einer gehobenen Ausstattung (Stipendien, Festivals, usw.) zu schließen. Zum anderen geht es ihm darum, den Politikern bei der Entscheidungsfindung zugunsten der Musikschule zu helfen. „Immerhin dokumentiert sich in einer so wohlwollend unterstützten Förderstiftung ein massives Interesse der Bevölkerung.“

Sich der Bedeutung der Stiftungsgründung bewusst, luden die Verantwortlichen keinen Geringeren als Bundesinnenminister Otto Schily ein, die Festrede auf dem Stiftungsfest zu halten. Der Minister zeigte sich denn auch sehr erfreut über so viel Engagement. Schon vor Jahren hatte er sich mit dem Satz „Wer Musikschulen schließt, gefährdet die innere Sicherheit!“ als ein Freund der Musik(schulen) erwiesen, in Iserlohn bekräftigte er seine Haltung.

Mit Bezug auf die Studien Hans Günther Bastians wies der Minister darauf hin, dass Musik(unterricht) ein unverzichtbarer Teil der Bildung sei. Musik beziehungsweise gemeinsames Musizieren wirke sich positiv auf das Sozialverhalten aus, die musikalische Erziehung sei daher unbedingt zu fördern und zu stärken. Angesichts knapper Kassen gelte es allerdings nach neuen Wegen der Finanzierung zu suchen. Forderungen an den Staat nach Unterstützung seien allein nicht hinreichend, die musikalische Bildung für die Zukunft zu sichern. Nur durch Eigeninitiative und Engagement könne man vorankommen. In der Stiftungsgründung sah Otto Schily daher einen Schritt, der zur Nachahmung nachdrücklich zu empfehlen sei. Denn: „Wer Musikschulen fördert, dient der inneren Sicherheit!“
Inzwischen zieht die Iserlohner Initiative größere Kreise. Der Leiter der Rheinischen Musikschule Köln, Michael Kobold, Vorstandsmitglied des Verbandes deutscher Musikschulen (VdM), zeigte sich gleichermaßen von der Feierstunde wie von der Stiftungsidee begeistert. Letztere sei eine „erstrebenswerte Fördervariante für die Musikschulen in Deutschland“. In Absprache mit dem Leiter der Musikschule Iserlohn werde der Bundesvorstand des VdM seinen Mitgliedsschulen die Stiftungssatzung zugänglich machen, um damit zur Nachahmung anzuregen.

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