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Nebensache oder Funke der Begeisterung

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In Wien geben bewährte Vermittlungsmodelle und neue Ansätze den Ton an
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Es tut sich was in Wien: Seit dem Wintersemester 2001/02 bietet die Lehrkanzel für Instrumental- und Gesangspädagogik ein neues Seminar zum Thema Musikvermittlung an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien an. Gab und gibt es im deutschsprachigen Raum bereits hier und dort Lehrgänge und Kurse, in denen man hören kann, wie neue Publikumsschichten erschlossen werden können, stand eine akademische längerfristige Lehrveranstaltung bislang noch aus. Das besondere an dieser Lehrveranstaltung, die man sich als Studienleistung anrechnen lassen kann, ist die Öffnung sowohl für Konzertfach- als auch für Studierende der Instrumental- und Gesangspädagogik.

Es tut sich was in Wien: Seit dem Wintersemester 2001/02 bietet die Lehrkanzel für Instrumental- und Gesangspädagogik ein neues Seminar zum Thema Musikvermittlung an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien an. Gab und gibt es im deutschsprachigen Raum bereits hier und dort Lehrgänge und Kurse, in denen man hören kann, wie neue Publikumsschichten erschlossen werden können, stand eine akademische längerfristige Lehrveranstaltung bislang noch aus. Das besondere an dieser Lehrveranstaltung, die man sich als Studienleistung anrechnen lassen kann, ist die Öffnung sowohl für Konzertfach- als auch für Studierende der Instrumental- und Gesangspädagogik. Im Rahmen eines Forschungspraktikums (neben klassischen Vorlesungen haben sich die Studenten aktiv Material anzueignen) unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Röbke und Dr. Beate Hennenberg werden dabei Themen behandelt wie „Programm-Dramaturgie bei thematisch orientierten Konzerten“, „Nachdenken über aktuelle Tendenzen in der Musikszene“, „Verfassen von Programmheft-Beiträgen“ oder „Multimediale Vermittlung von Musik“. Darüber hinaus nehmen die Studierenden an Education-Workshops sowie am Projekt „Musik zum Anfassen“ (siehe nmz 5/2001, S. 15) teil. Und ziemlich zeitig wurden die Studierenden zu Musik- und Kulturveranstaltern entsendet, um zu hospitieren. Die Aufgabe war, sich ein kritisches Bild zu machen über die – wie sich herausstellte, beachtlichen – Vermittlungsangebote in Wien. Die folgenden essayistischen Texte, kleine Erlebnisberichte persönlicher Art von Studierenden und Dozenten, sollen einen ersten Überblick geben. B.H.

Walzerschritt und Polkahit

In einem Allegretto-Sonderkonzert präsentierte Marko Simsa – in barockem Clownkostüm – mit dem Orchester Camerata Wien Melodien der Strauß-Familie. Empfohlen war die Veranstaltung für Kinder ab fünf Jahren. Schon bei der Begrüßung wurde die Popularität eines Marko Simsa deutlich: Auf die Frage, wessen Werke diesmal auf dem Spielplan stehen, kam die überzeugte Antwort: „Marko“. Nachdem geklärt wurde, dass nicht Marko Simsa komponiert, kein Blumen-Strauß, und außer Strauß Vater, Sohn und dessen Brüdern der Großvater keine Rolle als Komponist spielt, durften sich alle Annas unter den Zuhörern durch das Spielen der „Annenpolka“ geehrt fühlen. Mit einem Pizza-Wortwitz wurde die „Pizzicato-Polka“ vorgestellt und mit ihr die gleichnamige Spielweise der Streicher. Simsa ist ein kongenialer Entertainer, dessen Kabarettprogramm mit zeitweisen Doppelkonferenzen mit dem Dirigenten vom jungen Publikum begeistert aufgenommen wird, Musik ist oftmals Nebensache. G.F.

Sonntagmorgen im Wiener Musikverein: ich begleite meine fünfjährige Tochter zu einem Konzert für Kinder, bei dem allein schon die Begleitumstände zeigen, dass es sich bei dieser Veranstaltung um ein bewährtes Vermittlungsmodell handelt. Ein professionell gemachtes Programmheft stimmt uns positiv ein, der Verkauf einer Fülle von CDs und Bilderbüchern des heute tätigen Moderators steht bevor, eine Veranstaltungszeitung bezeugt dessen Erfahrungen in Bezug auf Konzertpädagogik. Und tatsächlich enttäuscht der Verlauf der Veranstaltung nicht: Der Moderator findet – im Habitus eines Harlekin oder Papageno – einen ansprechenden Ton, er interagiert mit dem sympathischen Dirigenten des mitwirkenden Kammerensembles auf witzige Weise, die kindlichen Zuhörer werden mit vielen sinnvollen Aktivitäten in Bewegung gehalten: Da wird der Musik gelauscht und über Späße gelacht, mitgeklatscht, mitgetanzt, mitgesungen oder -gesprochen. Allerdings beschleicht mich ein leises Unbehagen angesichts dieser Fülle von Aktionen: Gibt es eigentlich Momente, wo sich der Zauber der Musik oder das Berührende des Musizierens noch gleichsam von selbst entfalten können oder stehen Vermittler und Vermittlung durchweg im Vordergrund? Und wie wesentlich ist eigentlich noch das einzelne Stück oder der konkrete Komponist (in unserem Fall handelt es sich um Johann Strauß und Zeitgenossen)? Führen die zahlreichen Vermittlungsaktivitäten in die Musik hinein oder führen sie ein Eigenleben, bei dem die einzigartige Musik zur – tendenziell auswechselbaren – Begleitmusik wird? P.R.

Musik für den Frieden

„Einen Liederschatz aus Jerusalem“ präsentierten Timna Brauer und das Elias Meiri Ensemble am 25. Januar 2002 im Brahmssaal des Musikvereins. Dieser Abend fand im Rahmen des Abos Capriccio statt, das speziell für junge Leute ab elf konzipiert ist. Timna Brauer, die „musikalische Botschafterin“ Israels in Österreich, bestach durch eine fulminante Bühnenpräsenz und enormes musikalisches Können. Ihr Gesang, ihr Temperament, ihre Freude an der jüdischen Kultur und Musik steckte die Jugendlichen an. Der Funke der Begeisterung sprang auf die Zuhörer über.

Die Jugendlichen wurden dazu animiert, jüdische Wörter zu sprechen und zu singen. Die jungen Menschen waren über den Klang und die Melodie dieser Sprache beeindruckt. Anschließend luden die Musiker noch zum Gespräch und zur Begegnung ein. R.K.

Die Welt der Instrumente

Seit etwa zwei Jahren führt ein dreiköpfiges musikpädagogisches Team Kinder und Jugendliche ins Reich der Instrumente. Jeden Sonntag um 15 Uhr hat man die Möglichkeit, Instrumente – jeweils unter einem anderen Gesichtspunkt – mit fachkundiger Anleitung selbst auszuprobieren und Musik live zu erleben. Für eine Stunde durften auch wir wieder Kind sein! Unter dem Thema „Die Schalmei und ihre Verwandten“ begann unsere Reise im Nahen Osten. Zu den Klängen der Schalmei konnten die Kinder „Schlangenbeschwörungstänze“ üben. Auf der Flöte, der Trompete, ja sogar auf einem Schlauch mit angefügtem Trichter durfte jeder einmal sein Glück versuchen. Die verschiedenen Instrumente, deren Klang in den prunkvollen Sälen widerhallte, hinterließen einen bleibenden Eindruck. Zum krönenden Abschluss wurden dann noch „Schalmeien“ aus Strohhalmen gebastelt, die jeder als Erinnerung mit nach Hause nehmen konnte. Diese abwechslungsreich und einfühlsam gestaltete Führung können sich Familien, Schulklassen und Kindergruppen jeglicher Art gönnen. Die Möglichkeit, sich eigene Themen zu wünschen, spricht für einen mehrmaligen Besuch. A.Z. / C.G.
Triolino

Mit „Triolino“ gibt es eine neue Abo-Reihe der Jeunesse Österreich für die Drei- bis Sechsjährigen, die bislang außen vor standen. Im Januar hatte das imaginäre Schiff, das mit den rund 60 Kids die Welt umsegelt, in Australien angelegt. Schon tanzten und knisterten die Richard Filz Geräuschkünstler zu einem Rhythmus der Aboriginees zur Tür herein. Triolino begrüßte die Kinder sehr persönlich und ansprechend und wunderte sich über einen auf dem Boden sitzenden Künstler, der in eine Art Alphorn blies – ein australisches Didgeridoo. Das war Walter Leo Händler, der auch zur Freude aller Tiergeräusche nachmachte, etwa vom Dingo, vom Känguruh, vom Emu oder dem australischen Lachvogel Kookaburra. Um diesen ging es auch anschließend. Zunächst wurden die etwa 50 Kinder, die zuvor in Gruppen von Farben eingeteilt wurden, zu verschiedenen Stationen geführt. In der Musikstation wurde das Didgeridoo genauer erklärt, es gab einen Skorpiontanz sowie ein neues Lied von jenem Lachvogel zu lernen, das die Kinder mit Windschläuchen und Klangbausteinen begleiteten.
In der darauf folgenden Bastelstation bastelten die Kinder einen Beutel, wie ihn etwa die Känguruhs haben, um die Babys zu tragen. Ein turbulentes Abschlusskonzert, in dem das neue Lied als Kanon mit grooviger Unterstützung von allen mit allen geboten wurde, beendete den Nachmittag.

Fazit: Die Veranstaltung, die unter anderem von Michaela Ulm sachkundig und mitreißend präsentiert wurde, war ohne Frage sehr erlebnisreich und kindgerecht aufbereitet. Vonseiten der Organisation sollte auf einen pünktlichen Beginn geachtet werden. Und, wenn so viel hineingepackt wird, wäre eine straffere Durchführung wünschenswert. B.H.

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