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Oh Manno, keiner will mich hören

Untertitel
Ferchows Fenstersturz 2014/10
Publikationsdatum
Body

Furchtbar, diese Meckerei. Ständig ist alles zu teuer. Benzin, Lebensmittel, Roaming-Gebühren und die GEZ. Und dann kommt er endlich, der Messias, äh Bono, und wieder passt es keinem. Ich schreie Sie jetzt einfach mal cholerisch an: WAS WOLLEN SIE DENN BITTE NOCH? Brot- und Fischvermehrung wie in der Bibel ist halt nicht mehr. Und von den 20 Prozent mehr Inhalt in der Lidl-Nutella mag man sich dann doch eher distanzieren. Was bleibt Bono also anderes übrig, als die digitale Armenspeisung zu wählen? 500 Millionen Menschen, falls man iTunes-Nutzer dazu zählen möchte, bekamen das neue U2-Album „Songs of Innocence“, höchstpersönlich von Franziskus geweiht und gewaschen, ungefragt gespendet.

Einmal aufgewacht und schon war man stolzer Besitzer des neuen Albums im iTunes-Speicher. Da geht es den iTunes-Jüngern wie Wladimir Putin. Einmal verpennt und plötzlich ist die Ukraine downgeloadet. Jetzt mal ehrlich: U2 geht doch noch irgendwie. Es hätten auch James Blunt oder Marius Müller-Westernhagen sein können. Klar, fragen hätte Putin, äh Bono, schon können. Aber versetzen Sie sich in Bonos Lage. Vielleicht ist Ihnen der Wert des Wörtchens „gratis“ vor lauter Rabattmarken, die Sie bei McDonald‘s oder im Baumarkt auf den Tisch knallen, nicht mehr geläufig. Was glauben Sie denn, wie sich Bono fühlt, der „gratis“ geis­tiges Eigentum verteilt? Ziemlich alleine nämlich. Und da sollten nun bei einigen von Ihnen ein paar Synapsen im Großhirn schnalzen. Wie war das noch bei manchem von uns in der frühen Kindheit? Da wurde den ganz speziellen Kindern – und vielleicht auch Ihnen – von den Eltern ein Schnitzel um den Hals gebunden, damit wenigstens die Hunde mit einem spielten. Was bitte sollen wir jetzt dem einsamen Bono umhängen, damit wenigstens ein paar Leute seine unschuldigen Songs hören möchten? Einen iPod?

Entschuldigung, der Mann hat Afrika durch Wasserkistenschleppen gerettet, die Reisernte in China revolutioniert und – wie böse Zungen behaupten – die EU fast vor den Schotten gerettet. Soll das nun der Dank dafür sein? Und überhaupt. Auch die gesamte Hornbrillen-Nerd-Generation unter 25 hat ein Recht, von U2 gequält zu werden. Warum sollen die nicht das Gleiche ertragen müssen wie wir damals (I have climbed highest mountains, I have run through the fields, only to be with you). Das waren noch Folter-Methoden. Im Sportheim. An der Jukebox. G8 drücken. Das war die Mutter der „Ice Bucket Challenge“.

Dass hinter der U2/Apple-Aktion ein Drama steckt, hat niemand erkannt. Irgendwie haben sich die vier Jungs verirrt. Geopolitisch und musikalisch. Also Rücktritt. Jetzt könnte man das würdelose Verkümmern der Stones nachahmen. Aber nein. U2 folgen der geregelten Altersteilzeit nach irischem Modell. Noch einmal richtig auf die Kacke hauen und das nächste Album dann eigenhändig in den Alters- und Pflegeheimen der Welt verteilen. So sieht’s nämlich aus. Größe zeigt sich durch Nähe zum Fan. Sympathisch, der Bono.

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