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Personalia 02/2010

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Da klang es an der Elbe auch hin und wieder nach Wien. Zum Tod des österreichischen Dirigenten Otmar Suitner - Preis für Misato Mochizuki - Musiker des Jahres - 54. Kompositionspreis Stuttgart

Da klang es an der Elbe auch hin und wieder nach Wien

Zum Tod des österreichischen Dirigenten Otmar Suitner. Die Lebensgeschichte des österreichischen Dirigenten Otmar Suitner ist auf eine mitunter fast grotesk-komische Weise zugleich zu einem Stück deutsch-deutscher Nachkriegsgeschichte geworden. Diese begann für Otmar Suitner im Jahr 1960, als er noch Generalmusikdirektor der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz in Ludwigshafen war. Die Sächsische Staatsoper und ihre traditionsreiche Kapelle wünschten sich den am 16. Mai 1922 in Innsbruck geborenen Künstler als „Chef“. Ein Dirigent, zu dessen Hausgöttern Richard Strauss und Richard Wagner zählten, konnte diesem Ruf an den Strauss-Tempel par excellence natürlich nicht widerstehen – obwohl dieser in der so genannten DDR lag und das alte Opernhaus noch nicht neu „aus Ruinen auferstanden“ war. Als österreichischer Staatsbürger genoss Otmar Suitner allerdings erheblich große künstlerische und auch persönliche Freiheiten, die er dann im Interesse der Musik auch zu nutzen verstand. Eine Reihe hervorragender Schallplatteneinspielungen belegt den unverändert schönen Klang der Staatskapelle.

Die beengten räumlichen Verhältnisse in Dresden – die Oper spielte im damaligen Schauspielhaus – mögen mit dazu beigetragen haben, dass Suitner schon vier Jahre später das Angebot annahm, als Generalmusikdirektor an die Deutsche Staatsoper Berlin zu wechseln. Dort traf er auf eine chaotische Situation. Von den einhundertfünfzig Musikern der Berliner Staatskapelle fand er nur mehr siebenunddreißig vor; die anderen waren nach dem Mauerbau in den Westen geflüchtet.

Irgendwie muss sich Otmar Suitner von dieser musikalischen Trümmerlandschaft herausgefordert gefühlt haben, anders ist es nicht zu begreifen, dass er unverzagt mit einer imponierenden Aufbauarbeit begann, die alsbald auch wieder bemerkenswerte künstlerische Ergebnisse zeitigte. In dem Vierteljahrhundert seiner Berliner Zeit baute Suitner für die Lindenoper wieder ein beachtliches Repertoire auf, in dem sich neben den Klassikern auch etliche Uraufführungen fanden. Sänger wie Theo Adam, Peter Schreier oder Sylvia Geszty sorgten für vokalen Glanz; die Regisseurin Ruth Berghaus, die Suitner für die Werke ihres Ehemannes Paul Dessau verpflichtete, sorgte auch für ein moderneres inszenatorisches Profil des Hauses – Dessaus Opern „Puntila“, „Einstein“ und „Leonce und Lena“ waren dafür signifikante Beispiele. Dass es Otmar Suitner gelang, gegen das Verlangen der DDR-Oberen Hans Pfitzners „Palestrina“ auf den Spielplan zu setzen, verdankte er wohl nur seiner – als neutraler Österreicher – unangefochtenen Stellung in der DDR. Diese Freiheit erlaubte es ihm auch, beliebig in den Westen zu reisen. Von 1964 bis 1967 leitete er verschiedene Aufführungen bei den Bayreuther Festspielen. Dort sprang er unter anderem für den erkrankten Karl Böhm im „Ring“-Zyklus ein. Suitners Wagner-Klang zeichnete sich durch eine wunderbare Transparenz und klare thematische Zeichnung aus. Sein Klangideal war von den Wiener Philharmonikern geprägt, deren „weicher“ Intonation und farbreichen instrumentalen Valeurs. Diesen „Wiener Klang“ fand er ebenso in Dresden vor, und oft klang auch die Berliner Staatskapelle ein wenig nach Wien.

Dass nach Otmar Suitners aus gesundheitlichen Gründen erfolgtem Abgang von der Berliner Position die Leistungen des Dirigenten ungewöhnlich rasch der Vergessenheit anheim fielen, stellt der immer oberflächlicher und gedankenloser agierenden Gesellschaft unseres Landes kein besonders gutes Zeugnis aus. Da ist es nur noch von pikantem Interesse, dass der Dirigent zwei Ehen geführt hat, eine in Ost- und eine in West-Berlin, natürlich nur eine legalisiert. Aber streng genommen war Suitner ohnehin nur und vor allem mit der Musik verheiratet. Jetzt ist er im Alter von siebenundachtzig Jahren gestorben.
[Gerhard Rohde]

Preis für Misato Mochizuki

Die japanische Komponistin Misato Mochizuki erhält den Heidelberger Künstlerinnenpreis 2010, einen der wichtigsten deutschen Kulturpreise. Er wurde 1987 von der Sängerin Roswitha Sperber ins Leben gerufen und seitdem an zeitgenössische Komponistinnen verliehen. Zu den Preisträgerinnen gehören Adriana Hölszky, Sofia Gubaidulina, Ruth Zechlin und Olga Neuwirth. Beim Festakt am 27. Januar 2010 in Heidelberg wurde Mochizukis Orchesterwerk „Insula Oya“ erstmals in Europa unter der Leitung von Cornelius Meister mit den Heidelberger Philharmonikern aufgeführt. Der Konzertmitschnitt wird am 28. Februar um 21.15 Uhr im DLF gesendet.

Musiker des Jahres

Aus den Top-Wettbewerben des vergangenen Jahres haben deutsche Musiker oder in Deutschland lebende und studierende Musiker rund zwei Dutzend Preise mit nach Hause genommen, soweit dies aus dem Jahresbericht der Weltföderation internationaler Musikwettbewerbe hervorgeht. Mit ersten Preisen ausgezeichnet wurden die Geigerin Clara-Jumi Kang in Seoul, der Organist Daniel Beckmann in Saint-Maurice, der Pianist Michael Lifits in Bozen, und die Cellistin Christine Rauh in Tongyeong/Korea. Zweite Preise holten sich die Violin-Klavier-Duos Stefan Hempel/Daniel Seroussi und So-Young Kim/So-Jin Kim in Graz, der Fagottist Philipp Zeller in Prag und der Bassist Wilhelm Schwinghammer in München. Dritte Preise sammelten ein: das Gesang-Klavier-Duo mit Katharina Persicke/Pauliina Tukiainen und das Amaryllis Quartett in Graz, der Bariton Falko Hönisch in München und der Cellist Norbert Anger in Paris. Das Violin-Klavier-Duo Andrea Kim/Florian von Radowitz und Tobias Berndt/Alexander Fleischer erhielten in Graz Sonder- beziehungsweise Spezialpreise, ebenso im Fach Gesang die Sopranistin Katharina Persicke in Oslo, die Sopranistin Katharina Göres in Helsinki und der Cellist Gabriel Schwabe in Paris. Die Geigerin Martha Cohen errang in Gorizia einen fünften Preis. ro

54. Kompositionspreis Stuttgart

Die Landeshauptstadt Stuttgart verleiht am 14. Februar 2010 um 11.30 Uhr im Mercedes-Museum in Stutt-gart-Untertürkheim ihren bereits 54. Kompositionspreis an Annesley Black (Frankfurt/Main) und Daniel Smutny (Leipzig). Das Stadler Quartett wird Smutnys Streichquartett „So zaghaft diese Worte der Nacht“ (2008) aufführen, und das Ensemble „Ascolta“ Blacks „Humans in Motion“ für sieben Musiker.

Beide Komponisten erhalten ein Preisgeld in Höhe von 6.000 Euro. Um den 54. Kompositionspreis der Landeshauptstadt Stuttgart 2009 hatten sich 14 Komponistinnen und 78 Komponisten mit insgesamt 175 Werken beworben.

Stuttgart schreibt den Kompositionspreis seit 1955 jährlich aus. Frühere Preisträger waren unter anderem Helmut Lachenmann, Peter Ruzicka, Aribert Reimann, Younghi Pagh-Paan und Adriana Hölszky.
Seit vielen Jahren findet die Preisverleihung im Rahmen des Neue-Musik-Festivals Eclat statt. Im Vorfeld gab es dieses Mal viel Aufregung um weniger Zuschüsse. Die Krise hinterlässt im Kulturhaushalt von Deutschlands Autostadt erste verheerende Spuren. Nun hat sich die Stadt Stuttgart doch noch davon überzeugen lassen, ihr wichtigstes Festival der Neuen Musik, das Eclat Festival, nicht sterben zu lassen. Auch die Idee einer Biennale ist vom Tisch. Eclat 2010 findet vom 12. bis zum 14. Februar wieder im Theaterhaus statt. Im Zentrum von ECLAT 2010 steht erneut das Musiktheater: Beat Furrers 2001 konzertant uraufgeführtes Werk „Begehren“ – der Versuch, den Ursprung der Oper radikal aufzudecken – steht in Verbindung mit einem szenischen Anhang, „danach“, der den Orpheusmythos ins Gegenwärtige überträgt.

Überstrahlt im ersten Teil die Musik, so beherrscht im zweiten Teil dieses Großprojekts das Theater die Szene. Regie führt Thierry Bruehl, Konzept und Texte sind von Wolfgang Hofer, und für Raum, Licht und Kostüme ist rosalie verantwortlich. Das SWR Vokalensemble Stuttgart und das Ensemble Modern werden von Beat Furrer geleitet. Auf der Bühne stehen Sibylle Canonica und Stefan Hunstein sowie Petra Hoffmann, Sopran und Torsten Müller, Stimme.

Eine spätnachmittägliche Klavier- und Liedermusiktafel bestreitet der 82-jährige Komponist Wilhelm Killmayer. Markus Schäfer singt die Trakl-Lieder und Siegfried Mauser spielt Etüden Wilhelm Killmayers, darunter zwei Uraufführungen.

Sowohl das Preisträgerkonzert der Stadt Stuttgart als auch das Chor- und Orchesterkonzert zum Abschluss des Festivals präsentieren Komponisten der jüngeren Generation. In diesem Jahr sind insgesamt 24 Kompositionen zu hören von Georges Aperghis, Nikolaus Brass, Beat Furrer, Saed Haddad, Markus Hechtle, Manuel Hidalgo, Helmut Lachenmann, Claus-Steffen Mahnkopf, Johannes Schöllhorn und anderen, davon 15 Uraufführungen. www.eclat.org

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