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Personalia 2010/03

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Jürg Baur *** Pierre Boulez *** Dieter Zimmerschied *** Josef Häusler

Musik, die den Menschen erreicht und bewegt
Human, tröstend, poetisch heiter – Zum Tod des Komponisten Jürg Baur

Am 31. Januar dieses Jahres starb der Komponist Jürg Baur im Alter von 91 Jahren in seiner Geburtstadt Düsseldorf. Jürg Baur hat für alle Gattungen der Musik komponiert. Allerdings fand er erst spät zum Musiktheater: mit 87 Jahren hat er seine erste Oper komponiert. Unser Mitarbeiter Reinhard Schulz hat Jürg Baur anlässlich dessen 85. Geburtstages eine Hommage gewidmet, die wir im folgenden auszugsweise wiedergeben.

Sein Geburtsort Düsseldorf blieb im Grunde sein Leben lang Zentrum seines musikalischen Wirkens. Zwischen 1937 und 1939 hatte er Unterricht bei Philipp Jarnach in Köln, die Studien setzte er dort nach russischer Kriegsgefangenschaft zwischen 1946 und 1948 fort, und Baur ergänzte seine Ausbildung durch ein Studium der Musikwissenschaft in Köln (bis 1951). Schon ab 1946 wirkte er als Dozent am Robert-Schumann-Konservatorium in Düsseldorf, dem er nach Kantorentätigkeit an der Pauluskirche Düsseldorf zwischen 1965 und 1971 als Direktor vorstand. Als Nachfolger von Bernd Alois Zimmermann wirkte er von 1971 bis 1990 als Professor für Komposition in Köln.

Baurs Werk knüpft an Hindemith, Bartók, Strawinsky und diverse neoklassizistische Bestrebungen an. „Ich war nie Avantgardist in extremer Art und Weise, wollte Neue Musik schreiben, welcher der ‚normale’ Hörer zu folgen vermag, einen tiefen Zusammenhang darin erkennt und sich davon angerührt fühlt. Aber ich habe viele neue Techniken in die eigene Tonsprache und Klangvorstellungen einbezogen, zum Teil sogar sehr streng (dodekaphone Strukturen, serielle Ordnungen auf den Spuren von Schönberg und Webern).“

Er dachte daran, fortzuschreiben, was von der seriellen Seite her vernachlässigt wurde: ein Verständnis der Musik als spielerischen Akt. So hatte er einmal formuliert: „…das, was das eigentliche Wesen der Musik ausmacht, Klang, Form, Ausdruck, entzieht sich der Verbindung mit sozialer Ideologie. Die Neue Musik sollte vielmehr, kraft ihrer besonderen Tonsprache, sich bemühen, nicht das vordergründige Zeitgeschehen (wenn auch noch so verschlüsselt und verfremdet) wiederzugeben und wiederzuspiegeln, sondern zu überhöhen – und dabei Ausdruck des Humanen, Tröstenden, ja sogar des poetisch Heiteren (natürlich auch des schmerzvoll Verzweifelten) zu finden …

Es geht letzten Endes nicht um Konstruktion und System, sondern um das Wesen der Dinge – Dinge, die den fühlenden und denkenden Menschen ansprechen, erreichen und bewegen wollen.“ Unter diesen Aspekt hat Jürg Baur sein ganzes Schaffen gestellt.

Der unermüdliche Komponist, Interpret und Mentor
Pierre Boulez zum fünfundachtzigsten Geburtstag

Im traditionellen Musikjournalismus werden von einem gewissen Alterszeitpunkt an eigentlich nur die Zehnergeburtstage eines Künstlers
gefeiert: Sechzig, Siebzig, Achtzig ... Neunzig? – Weil man aber nie weiß, ob der Achtzigjährige auch noch die nächsten zehn Jahre „schafft“, fügt man vorsichtshalber den Fünfund-achtzigsten ein, vorausgesetzt, dass die betroffene Persönlichkeit noch irgendwie aktiv im künstlerischen Leben steht, mit seinem Schaffen und seinem Werk unverändert auf das Kunstleben ausstrahlt.

Diesbezügliche Überlegungen braucht man bei Pierre Boulez gar nicht erst anzustellen. Am 26. März 2010 wird der Komponist, Dirigent, Lehrer und Politiker Boulez fünfund-achtzig Jahre alt. Na und? Zu seinem „Achtzigsten“ hat unser Mitarbeiter Gerhard R. Koch in der neuen musikzeitung die Bedeutung, die Pierre Boulez für die Musik des zwanzigsten Jahrhunderts und deren Geschichte gewonnen hat, umfassend gewürdigt (nmz 5/2005 S.3). Diese Zeilen sollen nur ein kurzer Geburtstagsgruß sein, wie es sich gehört, wenn man einem Jubilar einen herzlichen Glückwunsch zuruft. Die unermüdlichen Aktivitäten des Dirigenten, die Interpretationen seiner Werke, neue Kompositionen wie die Fortsetzung seiner „Notations“-Orchestrierungen, seine hoch verdienstvolle Arbeit in Luzern bei den Festwochen, wo er junge Musiker und Musikerinnen zu präzisem Notenlesen und Umsetzen des in den Partituren Notierten in Klang anleitet – das alles wird Gelegenheit geben, immer wieder auf die Arbeit von Pierre Boulez kritisch begleitend einzugehen. „Ich wage die Behauptung, dass noch nie in der Geschichte der Musik ein Künstler derart gleichbedeutend in den Bereichen der Kreation und Interpretation tätig war.“ Das sagte Wolfgang Rihm in seiner Laudatio auf Pierre Boulez anlässlich der Verleihung des Adorno-Preises anno 1992 an den Komponisten in der Frankfurter Paulskirche. Achtzehn Jahre später braucht man nur statt des „... war“ ein „... ist“ zu setzen.
In diesem Sinne. [Gerhard Rohde und die nmz]

Musik-Lehrer
Dieter Zimmerschied gestorben

Am 15. Februar verstarb überraschend der Musikpädagoge und Musiker Dieter Zimmerschied im Alter von 75 Jahren. Von 1990 bis 1996 war Zimmerschied Bundesvorsitzender des Verbandes Deutscher Schulmusiker (VDS) und für einige Jahre auch stellvertretender Vorsitzender des Wettbewerbs „Jugend musiziert“. Weiter war er Gründungspräsident der „European Association for Music in Schools e.V.“. Seine berufliche Laufbahn begann der Autor und Herausgeber zahlreicher Fachbücher als Lehrer für Deutsch und Musik am Schlossgymnasium in Mainz. Zimmerschied war Professor für Musikpädagogik an der Musikhochschule Stuttgart sowie Gastprofessor in Weimar. Die nmz bringt in ihrer nächsten Ausgabe eine ausführliche Würdigung des Musikpädagogen, Musikers, Autors und Musikförderers, der das bundesdeutsche Musikleben maßgeblich mitgeprägt hat.

Donaueschinger Festival-Macher
Zum Tod des langjährigen Musiktage-Chefs Josef Häusler

Josef Häusler, der Programmchef der Donaueschinger Musiktage, starb Ende Februar in Freiburg im Alter von 83 Jahren. Häusler begann seine Laufbahn als Musikkritiker beim Badischen Tagblatt und wurde 1959 Dramaturg und Redakteur beim Südwestfunk. Von 1975 bis 1992 war er Festivalleiter der Donaueschinger Musiktage, der dritte nach Heinrich Strobel und Otto Tomek. Seine Kriterien für die Dramaturgie „seines“ Festivals beschrieb er selbst einmal mit „Qualität, kompositorische Ideenkraft und Interessantheit“.

„Spiegel der Neuen Musik: Donaueschingen. Chronik – Tendenzen – Werkbesprechungen“ hieß das Buch, das Häusler 1991, nach seiner Pensionierung, in Angriff nahm und das 1996 anlässlich des 75. Geburtstages des Festivals erschien. Es ist bis heute ein Standardwerk geblieben. Den Einsatz dieses Mentors der Moderne spiegeln auch seine Arbeiten für Pierre Boulez wider, dessen umfangreiches Œuvre er ins Deutsche übersetzt hat. Foto: Hans Kumpf

 

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