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Piano Panorama

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Jazzneuheiten, vorgestellt von Marcus A. Woelfle
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Der Pianist Elmo Hope (1923–1967) gehört zu den „unsung heroes“ der Bebopgeschichte, das heißt er teilt mit Kollegen Dodo Marmarosa, Joe Albany oder George Wallington das Schicksal, von einigen Kennern und Liebhabern als Legende verehrt, von den meisten Jazzfans aber kaum beachtet zu werden. Elmo Hope war ein Jugendfreund von Bud Powell und war auch mit Thelonious Monk gut befreundet, stand beiden stilistisch nahe, ohne ein Imitator gewesen zu sein. Mit seiner Drogensucht stand er sich selbst im Weg, und er war oft an seiner Karriere unförderlichen Orten, zum Beispiel mit seinem typischen Ostküstenstil an der Westküste oder im Gefängnis. Damit, dass in Jazzlexika, die ihn überhaupt erwähnen, Sätze stehen wie „er fand nie eine seinem Talent angemessene Anerkennung“, ist es nicht getan. Er braucht (neben den eigenen spärlichen Alben) ein Denkmal. Hope hinterließ hörenswerte Kompositionen wie das orientalisierende „Stars over Marakesch“ oder die Raumfahrt-Themen „Race For The Space“ und „Into The Orbit“, über die zu improvisieren Herausforderung und Vergnügen ist.

Kaum einer wäre dafür besser gewappnet als Claus Raible, der so klingt, als hätte er seinerzeit diesem exklusiven Freundeskreis angehört. Was andere von sich glauben machen wollen ist Raible wirklich: ein reiner Bebop-Pianist, der heute so spielt als könne man die letzten 60 Jahre der Entwicklung des Jazzklaviers einfach ausblenden. Bei einem minderen Talent wäre das Ergebnis eine verstaubt-anachronistische Powell-Stilkopie. Dass Raible aber dieses Idiom nicht nur virtuos beherrscht, sondern mit solch einem Reichtum an Nuancen und Einfällen spricht, die es nachgerade neu und aktuell klingen lässt, vor allem aber mit der Dringlichkeit eines Künstlers, der nur tun kann, was innerste Entsprechung eigensten Wesens ist, macht den Münchner zu einem bewundernswert authentischen Vertreter des Bebop-Pianos. In der heutigen Zeit, die fast nur vielfältige Stilmischungen kennt, ist solch seltene Stilreinheit nicht nur erfrischend, sondern notwendig wie ein auf höchstem Niveau gelebtes Grundprinzip. „Searchhin‘ For Hope“ wurde eingespielt vom international besetzten Gradischnig / Raible Quintet, dem auch Herwig Gradischnig (ts), Steven Fishwick (tp), Georgios Antoniou (b) und Matt Home (dr) angehören, Individualisten, auf die auch Hope in seiner Band stolz gewesen wäre. (Alessa)

Auch auf „Book Of Intuition”, einer Freudenfeier swingender Delikatessen, verbeugt sich Kenny Barron vor Pianisten, die ihm in der Jugend den Weg gewiesen haben. Das wieselflinke „Bud Like“ ist ein Salut an Bud Powell, „Cook’s Bay“ ist von Ahmad Jamal inspiriert. Thelonious Monk wird von Barron, der einst in der Monk-Tribut-Band Sphere wirkte, mit zwei von dessen seltener gespielten Stücken „Shuffle Boil“ und „Light Blue“ geehrt. Doch wo Monk Sparsamkeit zelebrierte, Ecken und Kanten bevorzugte, da verströmt sich Barron in der barocken Fülle sprudelnder Eloquenz eines Virtuosen, der dem Affen Zucker gibt. Das Album, übrigens das erste (!) des seit zehn Jahren bestehenden Trios mit Kiyoshi Kitagawa (b) und Johnathan Blake (b), besticht nicht nur durch seine Vielfalt, sondern auch durch die hörbare Lebensfreude des heute auch schon 72-jährigen Pianisten. (Impulse/Universal)

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