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Rock’n’ Future – gesponsert in die Zukunft?

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Das von der Allianz unterstützte Projekt als Gratwanderung im Bereich der Jugendkultur
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Innovation, Dynamik, Visionskraft sind durch Sponsoring bevorzugt „erworbene“ Werte, durch die das Selbstverständnis des Unternehmens vermittelt oder ins rechte Licht gerückt werden soll. Diese Tendenz manifestiert sich zum einen in der Unterstützung zeitgenössischer Kunst, der Förderung des künstlerischen Nachwuchses, zum anderen in (oft event-bezogenem) Sponsoring der Jugendkultur; Überschneidungen beider Bereiche sind möglich und oft durchaus so geplant. Innovation bedeutet oder impliziert in diesem Zusammenhang Offenheit für Experimente, für Zukünftiges: Rock’n’ Future heißt bezeichnenderweise das von der Allianz-Versicherung unterstützte Projekt der Organisation B.A. Rock (Bundesarbeitsgemeinschaft der Musikinitiativen), das via CD-Produktion und Rockfestival jungen „innovativen“ Bands der deutschen Rock- und Popszene ein medienwirksames Forum bieten will.„Jede Generation hat ihre eigene Musik. Rock und Pop reflektieren Lebensgefühl, Probleme und Visionen junger Leute heute besser als jede andere Kulturart. Deshalb unterstützen wir Rock’ n’ Future“, begründet die Allianz ihre Initiative, die sie spontan zusagte, als der Leiter der Marketing-Abteilung zufällig durch ein BR-Interview mit Initiator und B. A. Rock-Landesgeschäftsführer Bernd Schweinar von dem Projekt erfahren hatte. In Kooperation mit Livebühnen und soziokulturellen Zentren entstand so 1996 eine Festivalreihe in 140 deutschen Städten, bei der rund 600 Nachwuchsbands eine Auftrittschance erhielten; darüberhinaus wurden zwei Filme produziert, die in Kooperation mit dem Jugend-Magazin „Live aus dem Schlachthof“ gesendet wurden. Endprodukt ist die Future-CD, die die Allianz auch weiterhin jährlich produziert und im Rahmen eines Gewinnspiels an „Kids“ in Deutschland verteilt: Aus eingesandten Bewerbungen werden in Verbindung mit einschlägigen Musikmagazinen und Talentsuchern renommierter Plattenfirmen rund ein Dutzend „Songs mit Zukunft für Bands mit Zukunft“ ausgewählt. Abgesehen von dem für die Bands wichtigen hohen GEMA-Rückfluß geht die CD via Demo-Placement an alle deutschen Platten-Labels. Erklärtes Ziel ist es, jungen innovativen Bands eine Perspektive auf dem Musikmarkt zu öffnen, Brücken zu Publikum, Musikindustrie und Medien zu schlagen; der mediale Aspekt ist aber durchaus auch für den Sponsor gewinnbringend, der darüberhinaus durch die CD-Verteilungsaktion eine Zielgruppe direkt erreicht. Ein kritischer Punkt im Dialog Sponsor – Künstler/Initiator, aber auch im Bezug auf die Rezeption des Projektes, ist die Frage der inhaltlichen Einflußnahme des Sponsors auf Konzept und Präsentation. „Bands mit Zukunft“ läßt hier bereits anklingen, daß sich auf den CDs vorzugsweise bereits etablierte Bands zu Wort melden, so beispielsweise Fury in the Slaughterhouse oder Peter Maffay, der als Schirmherr auch akustisch präsent ist. Abgesehen von einer Prise Gothic-Folk-Metal-Rock ist im stromlinienförmigen Stilmix, der von Reggae bis Hip-Hop reicht, von Experimenten und Visionen nicht viel zu spüren. „Gerade im Bereich der Jugendkulturen ist Sponsoring eine sehr schmale Gratwanderung“, meint Schweinar, und der ehemalige Rock ’n’ Future-Projektmanager Bob Läßig ergänzt: „Die Präsentation war natürlich schon ein Diskussionspunkt. Die Sponsoren haben dann aber sehr schnell begriffen, daß inhaltliche Zurückhaltung angesagt war.“ Also – angesichts jugendlich-kritischen, womöglich rebellischen Geistes – keine Infostände im Konzertrahmen, dezente optische Präsenz auf den Plakaten, ein kleines blaues Logo auf dem Cover. Im Film durfte die Allianz mit einem kleinen Plädoyer für die Nachwuchsförderung ein „Zeichen setzen“ und ihr als Versicherungsgesellschaft naturgemäß seriöses Image etwas innovativ aufpolieren. Das Future-Konzept sei laut Läßig ein „Kompromiß“ gewesen – der vermutlich in seiner betont konstruktiv-motivierenden Aussage Bundesarbeitsgemeinschaft und Versicherungsgesellschaft gleichermaßen entgegenkam. Insgesamt also ein Projekt, dessen experimenteller Charakter sich in Grenzen hält, und das den Sponsoren einen, wenn nicht jugendlich-dynamischen, so doch jugendfreundlichen Touch verleiht. Sponsorin’ Future – alles im blauen Bereich!

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