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Rockdröhnung und Heimatverortung

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Neuveröffentlichungen der Popindustrie, vorgestellt von Sven Ferchow
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Robin Guthrie/Mark Gardener: „Universal Road“ +++ Daniel Wirtz: „Auf die Plätze, Fertig, Los“ +++ Old House Playground: „Grand Romantic“ +++ V.A.: „Grand Romantic“ +++ Tracer: „Water For Thirsty Dogs“ +++ Lindemann: „Skills in Pills“ +++ V.A.: „KlangCafé“

„Universal Road“, das Album von Robin Guthrie (Cocteau Twins) and Mark Gardener (Ride), ist nach zwei Songs höchst verdächtig, eine ideale Sommerbegleitung für lauschige Nächte zu werden. Stille Songs, die auf ihre Art laut werden. Die Pop sind, aber Jazz, Soul, Ambient und Coolness anbieten. Hier gilt es, sich auf Musik einzulassen, sich fallen, sich treiben zu lassen. Spannend (Soleil Apres Minui).

Kein Unbekannter mehr ist Daniel Wirtz, ehemaliger Sänger der Rockband Sub7even. Als Wirtz veröffentlicht er nun sein Album „Auf die Plätze, Fertig, Los“ und teilt das Sofa mit Xavier Naidoo in der Crosspromotion-Soap „Sing meinen Song“. Das hat er sich aber auch verdient, nach einigen Soloplatten und EPs und einem unzerstörbaren Glauben an sich selbst und den damit verbundenen Willen, es zu schaffen. So klingen folgerichtig die Songs. Prägnant, dezent zornig und bestimmt. Keine Kompromisse, volle Rockdröhnung und ein Mann mit Stimme. Dass das alles international und nicht aufgesetzt klingt, wird Daniel Wirtz vielleicht gerne hören, aber viel wichtiger ist seine Botschaft, die in irgendwie jedem Song steckt: durchhalten (Wirtz Musik, Tonpool).

Positives aus Griechenland. Old House Playground schicken sich an, unsere Lieblings- Griechen zu werden. Das Trio überrascht auf der EP mit bodenständigem Blues, der laut Beschreibung griechisch angehaucht sein soll, was aber gar nicht so deutlich wird, sondern trotz ihres Umzuges von Athen nach Manchester durchaus auch amerikanisch sein könnte. Eine relaxte EP für Griechen (Horus Music).

Nate Ruess von „fun.“ weiß, wie man Hits schreibt und einen Grammy abräumt. Nun versucht er dies ohne Band. Alleine. Mit „Grand Romantic“. Und wie es sich für eine ordentliche Romanze gehört, tischt Nate Ruess gewaltig auf. Voluminöser, aufgeblähter, überdimensionaler Pop. In jedem Song. In jeder Sekunde. Aber: Nate Ruess verwaltet das genial. Nie wird das schwulstig oder nervig. Zwischen die Melodien und den Bombast packt er Leichtigkeit und eine kompositorische Cleverness, die nicht viele haben. Gut, es bleibt Pop, aber dafür kann man ihn und diese interessante Album nicht bestrafen (Warner).

Musik als Lebensgefühl, als Heimatverortung. Das möchte die alpenländisch geprägte Musikzusammenstellung „Heimatsound Vol. 2“ transportieren. Blechbixn, Haindling, Flo Pfeifer, Wolfgang Ambros, Falco, Hubert von Goisern, Steff la Cheffe, Claudia Koreck und viele andere sorgen für kurzweilige Stunden mit engagierter, etablierter und neu zu entdeckender Musik (Sony Music).

Seit knapp zehn Jahren erfreuen uns die Australier Tracer mit zupackender Rockmusik. „Water For Thirsty Dogs“, das aktuelle Album, fügt sich gnadenlos gut in die Bandhistorie ein. Zehn durchdachte wie ungestüme Songs, die zwar vom laut/leise Prinzip leben, dies aber auf den Punkt zu bringen und sich dabei nicht in Effekthascherei zu verzetteln, das ist Tracer. Und dann darf es auch mal kurz nach Alice in Chains („Lazy“) klingen (OMN Label Services).

Lindemann, das sind Till Lindemann (Rammstein) und Peter Tägtgren, höchst angesehener Metal-Produzent für Children of Bodom oder Cradle of Filth. Zusammen also nun das Album „Skills in Pills“. Wenn man so möchte, Industrial-Metal, Gothic-Metal und weiteres Gedöns zwischen Pop, Elektronik und Provokation. Auffallend: klingt eher nicht nach Rammstein. Nicht nur, weil Lindemann tatsächlich englisch singt. Auch so versprühen die luxuriös arrangierten Songs einen hohen Ohrwurm-Charakter und geradezu exorbitanten Wiedererkennungswert. Dieses Album kann man mögen, auch wenn man Rammstein als rückständig empfindet (Warner).

Schon die erste Ausgabe der Zusammenstellung „KlangCafe“ war rührend und sachte. Doch die Welt der zarten Elektro-Beats, der schmusigen Bässe, der wiedererkennbaren Melodien dreht sich mit der 2. Ausgabe „KlangCafé“ weiter. Keine Auszeit der nächsten Monate sollte ohne diese unaufdringlichen Songs genommen werden. Künstler und Musiker wie XOV, Florence + The Machine, Moby, Lost Frequencies oder Kiesza haben wirklich Großartiges zusammengetragen oder besser: zusammentragen lassen. Dass Musik auch runterbringen kann, vergisst man leider immer wieder. „KlangCafé“ ist die Erinnerung (Polystar). 

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