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Unfreiwilliger Kindersoldat und Musiker: Emmanuel Jal. Foto: Friends of Dresden Deutschland
Unfreiwilliger Kindersoldat und Musiker: Emmanuel Jal. Foto: Friends of Dresden Deutschland
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„Schweigen ist Gewalt“

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Emmanuel Jal wurde in Dresden mit dem Internationalen Friedenspreis ausgezeichnet
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An einen engagierten Musiker wurde Mitte Februar 2014 der 5. Internationale Friedenspreis in Dresden vergeben, an einen Musiker, nicht an einen Mann des Militärs. Preisträger Emmanuel Jal war aber auch das, zum Soldat-Sein gezwungen, zum Töten missbraucht – als Kindersoldat.

Bisherige Preisträger der mit 25.000 Euro dotierten Ehrung waren Michail Gorbatschow und Daniel Barenboim, der Kriegsfotograf James Nachtwey sowie der ehemalige Sowjetoffizier Stanislaw Petrow, der 1983 statt Ernstfall einen Fehlalarm meldete, um so den Roten Knopf für einen 3. Weltkrieg zu vermeiden. Auch der diesjährige Preisträger war auf Schlachtfeldern „zu Hause“, allerdings nicht als sich damit freiwillig die geistige Blöße gebender Berufsmilitär, sondern als zum Töten gezwungener Kindersoldat.

Emmanuel Jal wurde 1980 im Sudan geboren, ist als Siebenjähriger von der durch die Bush-Regierung unterstützten Sudanesischen Befreiungsarmee SPLA in einem äthiopischen Trainings-camp zum Kindersoldaten rekrutiert worden, konnte mit elf Jahren fliehen und diesen Weg durch die Wüste als einer von sehr wenigen Jungen überleben. Die 1993 mit nur 29 Jahren bei einem Autounfall in Nairobi ums Leben gekommene britische Sozialarbeiterin Emma McCune adoptierte ihn und bahnte ihm einen Weg zu Ausbildung und Schule. Inzwischen spricht er selber vor Schülern und Studenten, plädiert jungen Menschen in zahlreichen Ländern, dass eine umfassende Bildung das Wichtigste überhaupt sei, was sie für sich tun könnten.

Emmanuel Jal, der einstige Kindersoldat, ist zu einem aufklärerischen Musiker geworden. Er hat bis heute drei Alben produziert, ist bei Live 8 in London aufgetreten, rappt für den Frieden, engagiert sich bei Amnesty International, setzt sich für die Kontrolle von Waffenexporten ein und wendet sich gegen den Missbrauch von Kindern als Soldaten. „We want peace“, postuliert Emmanuel Jal und spreizt zwei Finger zum Zeichen. Im Gegensatz zu vielen politischen Sonntagsgesichtern nimmt man ihm dieses Engagement ab, er will wiedergutmachen, was er gezwungenermaßen mitgetan hat. Er weiß, dass es ein langer Weg sein wird, aber unerschütterlich wird er ihn gehen.

Emmanuel Jal ist als Neunjähriger in einem Flüchtlingscamp gefilmt worden. Ausschnitte aus diesem Material wurden zur Preisverleihung gezeigt, Jal sprach darin von seinen Träumen, vom Wunsch, immer lernen zu können. Auch in seinen Dankesworten betonte er, wie wichtig Bildung sei – Kinder gehörten schließlich in die Schule und nicht in den Krieg. Der heute 34-Jährige, mit Abstand der jüngste Friedenspreisträger, hat seine Stimme erhoben, hat gelernt: „Schweigen ist Gewalt!“ In seinen Songs, von denen er eine Auswahl auch in der Semperoper vortrug und das Publikum damit schier von den Stühlen riss, bekennt er sich zu seiner Geschichte als Kindersoldat und singt immer wieder von der Sehnsucht nach Frieden.

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