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Umfrage der nmz zur Halbzeit der NNM-Projekte

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Stuttgart
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Antworten der Bürgermeisterin für Kultur, Bildung und Sport, Dr. Susanne Eisenmann, auf die Fragen der neuen musikzeitung

1. Welche konkreten Auswirkungen hatte das Projekt auf das städtische Musikleben?

In Stuttgart hat die Neue Musik schon seit langem eine besondere Bedeutung innerhalb des städtischen Musiklebens. Wir haben gerade die Träger des 55. Kompositionspreises der Landeshauptstadt Stuttgart festgelegt – seit 1955 haben die Jurys die größten Talente der jeweiligen Jahre entdeckt, unter ihnen Helmut Lachenmann, Peter Ruzicka, Aribert Reimann, Younghi Pagh-Paan und Adriana Hölszky. Zwei Festivals, "ECLAT" und "Der Sommer in Stuttgart", widmen sich ausschließlich Neuer Musik. Die Oper führt zeitgenössische Kompositionen auf, die SWR Vocalsolisten und das Radiosinfonieorchester haben dezidiert auf Neue Musik ausgerichtete Konzerte, und auf dem Stuttgarter Musikfest der Internationalen Bachakademie hat Neue Musik ebenfalls einen festen Platz.

Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen konnte eine Stärkung gut vertragen. Der Empfänger der Projektmittel, Musik der Jahrhunderte, konnte dadurch die Präsenz zeitgenössischer Musik an Schulen und Musikschulen beträchtlich ausbauen. Nur durch diese Förderung war beispielsweise der im Jahr 2009 veranstaltete, überaus erfolgreiche Jugendkongress n[you]two möglich, der Schülern aller Schularten die Gelegenheit bot, sich auf vielfältige Weise mit Neuer Musik auseinanderzusetzen. So konnten sie unter professioneller Anleitung musizieren, improvisieren und komponieren und kamen darüber hinaus in Konzerten mit Musik der Gegenwart in Berührung.

2. Das Netzwerk Neue Musik wurde als Projekt der Vermittlung konzipiert. Wurde das Ziel, ein breites Publikum mit qualitativ hochwertiger Gegenwartsmusik anzusprechen, erreicht? Verstehen die Bürger Ihrer Stadt die Sprache der neuen Musik besser als vorher?

Neue Musik ist eine ganz spezielle Klangwelt, die nicht jeden Musikfreund gleichermaßen anspricht. Durch die Angebote, die vom Netzwerk Süd präsentiert werden, war und ist es aber sicherlich möglich, den Kreis der Interessenten erheblich zu erweitern.

In diesem Jahr wird beispielsweise im Rahmen von Workshops und Konzertbesuchen gezielt die Zusammenarbeit mit hiesigen Firmen gesucht. Es werden Querverbindungen zwischen Neuer Musik und den Anforderungen der modernen Arbeitswelt hergestellt. Solch ein Ansatz bringt Menschen mit Neuer Musik in Berührung, die sonst nicht unbedingt einen Zugang dazu hätten.

Man kann beobachten, dass jüngere Menschen offener auf Neue Musik reagieren als ältere, und dass diejenigen, die einmal eine gewisse Hemmschwelle überwunden haben, dann auch neugierig auf weitere Begegnungen werden. Ich bin davon überzeugt, dass durch jede Begegnung mit der Musik der Gegenwart eventuelle Zugangsbarrieren verringert werden und sich das Verständnis dafür, wie auch die Freude daran vergrößert. Daher trägt jedes Konzert, das neue Zuhörer erschließt, zu einer Verbesserung des Verständnisses der Sprache Neuer Musik unter Stuttgarter Bürgern bei.

3. Inwieweit hat sich die Vernetzung innerstädtischer/regionaler Netzwerke verbessert?

Das Netzwerk Süd ist ein Zusammenschluss, der unter dem Dach der „Musik der Jahrhunderte“ von Stuttgart aus gesteuert wird, aber erheblich über die Grenzen der Landeshauptstadt hinausgeht. Ein großes Projekt ist im Oktober 2010 das Festival "Zukunftsmusik", zu dem sich zwölf Städte zusammengeschlossen haben. Jede Stadt beauftragte einen "Composer in Residence", ein innovatives musikalisches Projekt für ihre Stadt zu entwerfen.

Die Vorbereitung und frühere Kooperationen, die ebenfalls in die Region hineinreichten, haben den Dialog zwischen den Institutionen gestärkt. Durch diese Zusammenarbeit kann ein breit gefächertes Programm auf die Beine gestellt werden, das mehr Menschen erreicht, als dies in der jeweiligen Stadt allein möglich wäre. Die Vernetzung in der Region hat sicherlich profitiert.

In Stuttgart selbst waren die Zusammenarbeit und der Austausch zwischen den mit Neuer Musik befassten Protagonisten bereits zuvor sehr gut. Durch die Koordination der Angebote unter einem Dach konnte sie jedoch noch weiter verdichtet werden.

4. Werden die Projekte und Konzertreihen weitergehen, wenn die Mittel der Bundeskulturstiftung entfallen? Welche Folgen gibt es (Nachhaltigkeit)?

Ich hoffe sehr, dass auch in Zukunft ein vielfältiges Angebot Neuer Musik in Stuttgart und Region erhalten bleibt. Der Stadt Stuttgart liegt die Förderung zeitgenössischer Musik sehr am Herzen; wir fördern die Institution "Musik der Jahrhunderte" dieses Jahr mit 246.715 Euro, das Festival ECLAT mit 144.000 Euro, Für den Kompositionspreis stehen 23.900 Euro im Etat, und einzelne Ensembles und Projekte erhalten aus dem Innovationsfonds noch 80.000 Euro. 2006 haben wir 420.000 Euro an zusätzlichen Geldern für das Festival "ISCM World New Music Festival" zur Verfügung gestellt. In Zeiten knapper Kassen sind wir zwar nicht in der Lage, die Budgets zu erweitern. Aber am Grundsatz der Förderung Neuer Musik wird sich nichts ändern. Wir wären natürlich sehr erfreut, wenn die Förderung durch die Bundeskulturstiftung fortgeführt würde. Da das Interesse an Neuer Musik seitens Musikschulen und allgemeinbildender Schulen durch die Angebote des Netzwerk Süd gestiegen ist, wird es sicherlich zukünftig in diesem Bereich mehr Projekte geben als zuvor.

5. Eine kurze Halbzeitbilanz? (Was war gut, was ist verbesserungswürdig?)

Mein Resümee ist durchweg positiv. Gerade in der Nachwuchsarbeit und der Vermittlung Neuer Musik an Kinder und Jugendliche wurde Erhebliches geleistet. Der Jugendkongress, der von der Stadt Stuttgart im Rahmen eines Projektzuschusses mit 30.000 Euro gefördert wurde, war ein großer Erfolg. Aber das ist nicht alles. Mittlerweile kommen auch aus den Schulen selbst Anfragen von Lehrern, gemeinsam mit dem Netzwerk Süd Projekte anzugehen, und in der Stuttgarter Musikschule verzeichnet der Fachbereich Komposition großes Interesse. Das alles ist sehr erfreulich. Der Boden ist bereitet, dass die Neue Musik auch künftig eine interessierte Zuhörerschaft findet. Das ist ein bedeutendes Ziel der Stuttgarter Kulturförderung wie auch des Netzwerks Neue Musik. Ich freue mich auf die Angebote, die uns in den kommenden anderthalb Jahren vom Netzwerk Süd noch erwarten.

Wichtige Links:
http://www.stuttgart.de/musik
http://www.mdjstuttgart.de/sued/

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