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„concertino piccolino“: Die Konzertreihe der HfM Detmold hat sich zum Klassiker entwickelt. Foto: Markus Schmidt
„concertino piccolino“: Die Konzertreihe der HfM Detmold hat sich zum Klassiker entwickelt. Foto: Markus Schmidt
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Der Detmolder Studiengang Musikvermittlung/Konzertpädagogik setzt neue Akzente
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Seit dem Erfolg des Films „Rhythm is it“ über die Arbeit von Sir Simon Rattle und Royston Maldoom haben große Orchester weltweit einen Boom musikvermittelnder Aktivitäten in Gang gesetzt. Symposien, Publikationen, Kooperationen zwischen Bildungs- und Kulturinstitutionen, Education-Abteilungen großer Sinfonieorchester zeugen von einer sehr lebendigen und vielgestaltigen Musikvermittlungsszene.

Für Musiker, Musikwissenschaftler, Pädagogen und Kulturmanager hat sich in den letzten Jahren mit dem Bereich der Musikvermittlung ein immer größer werdendes Berufsfeld geöffnet. Mit dem Ziel, die Schlüsselqualifikationen für dieses neue Berufsfeld zu vermitteln, nahm die Hochschule für Musik Detmold als erste deutschsprachige Musikhochschule die Musikvermittlung in ihr Studienangebot auf – gemäß dem Leitbild der Hochschule, das neben der Ausbildung zur künstlerischen Exzellenz die „Verantwortung für die Musikalisierung und die Musikvermittlung in unserer Gesellschaft“ als ihre Aufgabe sieht.

Rund zehn Jahre gibt es an der Hochschule Detmold den Masterstudiengang Musikvermittlung/Konzertpädagogik, der seit 2008 von Janina Schae-fer geleitet wird und von Ernst Klaus Schneider ins Leben gerufen wurde. Seine Absolventen sind heute an herausragenden Stellen des Musiklebens wie den Wiener Philharmonikern, der Tonhalle Düsseldorf, dem Rundfunk in Hamburg oder München tätig.

Es handelt sich bei dem zweijährigen Studiengang um einen berufsbegleitenden Weiterbildungsstudiengang, das heißt, die Studierenden haben bereits ein künstlerisches, musikwissenschaftliches, musikpädagogisches Studium oder ein Studium der Kulturwissenschaften abgeschlossen und absolvieren den Studiengang parallel zu ihrer Berufstätigkeit. An neun Wochenenden pro Studienjahr zwischen Oktober und Juni kommen sie aus ganz Deutschland, Österreich und der Schweiz nach Detmold zu Intensivseminaren, in die Atmosphäre einer Hochschule, die in einem historischen Palais mit jahrhundertealtem Park untergebracht ist und zugleich die Ausstrahlung einer modernen internationalen Campus-Hochschule hat. Neben einem Team von rund zehn Dozenten der Musikhochschule Detmold unterrichten Gastdozenten aus anderen Universitäten und Musikhochschulen sowie Kulturverantwortliche aus der Praxis, wie den Salzburger Festspielen, dem Festspielhaus Baden-Baden oder dem Bayerischen Rundfunk.

Gekennzeichnet ist der Studiengang seit seinen Anfängen durch eine enge Verflechtung von Theorie und Praxis. Die vom Studiengang entwickelte Konzertreihe „concertino piccolino“ für vier- bis sechsjährige Kinder oder das jährlich stattfindende Kindermusikfest für 500 Kinder von 1 bis 12 Jahren mit unterschiedlichen Workshops und Konzerten sind zu „Exportartikeln“ der Hochschule geworden, die Institutionen wie das Schleswig-Holstein Musik Festival oder das Festspielhaus Baden-Baden aufgegriffen und in Kooperation mit dem Studiengang der Hochschule durchgeführt haben. 

Entwicklung neuer Konzertformate

Nach wie vor ist die Entwicklung künstlerisch wertvoller und pädagogisch fundierter Konzertkonzeptionen für Kinder – von ihren entwicklungspsychologischen Voraussetzungen bis hin zu ihrer konkreten Ausgestaltung mit Mitspielstücken und Body-Percussion – eines der zentralen Studienthemen. Daneben sind die Studieninhalte erheblich erweitert worden, entsprechend des sich weiter entwickelnden Berufsfeldes Musikvermittlung, das über seinen Ausgangspunkt im Bereich der Kinderkonzerte hinaus inzwischen das gesamte begleitende kulturelle Angebot im Bereich der Musik umfasst. Insbesondere die Bereiche der Konzerte für Jugendliche und für Erwachsene sind als spannende neue Aufgabenfelder für den Studiengang hinzugekommen.

In Kooperation mit der Tonhalle Düsseldorf werden die Studierenden im nächsten Jahr ein neues Konzertformat für „Junior-Sternzeichen“, eine Sinfoniekonzertreihe für junges Publikum, entwickeln, bei der Werke wie Tschaikowskys 1. Sinfonie „Winterträume“ oder Berlioz’ „Symphonie fantastique“ auf dem Programm stehen. Ebenfalls für 2009/10 wurde eine Kooperation mit der Philharmonie Jena geschlossen, in der es um eine Konzertreihe für 16- bis 19-jährige Jugendliche geht und um altersgemäße Zugänge zur Faszination von James McMillans Konzert für Schlagzeug und Orchester oder Bartóks 1. Violinkonzert.

Im Bereich der Erwachsenenkonzerte nehmen moderierte Konzerte einen bedeutenden Raum ein, die einen Blick in die Werkstatt des Komponisten geben oder die kulturgeschichtlichen Hintergründe der Werke aufdecken und so scheinbar Altbekanntes neu entdecken lassen. Daneben birgt insbesondere die Verbindung zu anderen Künsten großes Potenzial für die Musikvermittlung. In Form von Festivals wird dieser Bereich in Zukunft an Bedeutung gewinnen, aber auch für die Profilierung neuer Konzertreihen in einem stark umkämpften Markt. Beispielhaft für ein solch neues Konzertformat gestaltete der Studiengang vor wenigen Wochen ein Konzert zum 200. Geburtstag von Felix Mendelssohn Bartholdy im Rahmen der Eröffnungsfestwochen des Konzerthauses in Detmold. Neben alten Gemälden und der heute aus dem Konzertsaal fast verschwundenen Tradition der musikalischen Improvisation wurden von Schauspielern rezitierte Briefe, Zeitzeugnisse und Reflexionen in das Konzert miteinbezogen. Sie waren mit den musikalischen Werken collageartig aufs engste verbunden und schufen so in einer modernen, an Rundfunkfeatures oder Filmtechniken angelehnten Ästhetik eine Symbiose aus Wort und Klang.

Auch im Bereich Kommunikation und Medien erweitert der Studiengang sein bisheriges Angebot. Die Themen Bühnenpräsenz und Rhetorik nehmen seit jeher einen bedeutenden Raum im Studiengang ein. Unter der Anleitung von Schauspiel- und Gesangsdozenten sowie Rhetorik-Dozenten aus Film und Rundfunk werden der Einsatz von Sprache und Stimme auf der Bühne trainiert. Jedes Jahr gibt es ein Moderationstraining beim Bayerischen Rundfunk. Neu hinzu werden nun Bereiche wie Interviewtechnik kommen und der Umgang mit Kommunikationsformen der Zukunft wie digitalen Kultursendungen und Podcasts/Videopodcasts.

Neue Module im Bereich Musikmanagement

Da im beruflichen Leben der Absolventen des Studienganges als freischaffende Künstler und Musikvermittler oder in der Leitung der konzertpädagogischen Abteilung einer Kulturinstitution die Verbindung von künstlerisch-konzeptionellem und wirtschaftlich-organisatorischem Denken in den letzten Jahren immer wichtiger geworden ist, werden seit 2008 verstärkt Musikmanagement-Module in den Studiengang miteinbezogen.

Ganz im Sinne eines Weiterbildungsstudiengangs sollen die Studierenden nach Abschluss des Masterstudiums nicht nur einen Fundus neuer künstlerischer Ideen und Techniken konzeptioneller Umsetzung mitnehmen, sondern auch befähigt sein, ihre eigenen Projekte in einem immer schwieriger werdenden Musikmarkt umzusetzen und zur Grundlage oder wertvollen Ergänzung ihres Berufslebens zu machen. Von staatlichen Rahmenbedingungen wie der verfassungsmäßigen Veranker-
ung von Kunst im Grundgesetz und politischen Initiativen auf Landes-, Bundes- und Europaebene, Fragen des Urheberrechts und des Künstlersozialversicherungsrechts bis hin zur Gestaltung von Künstlerverträgen werden die Grundlagen im Bereich Recht und Organisation erarbeitet. Die Frage „Wie finanziert sich die Kultur – und wie finanziere ich eigene Projekte?“ wird sich in den nächsten Jahren mit noch steigender Brisanz stellen, das Wissen um Drittmittelfinanzierungen wie Sponsoring, Fundraising und Public-Private-Partnership somit immer häufiger über die Durchführbarkeit eines eigenen künstlerischen Projektes entscheiden.

Dialog zwischen Kunst und Wirtschaft

Der Umgang mit diesen Finanzierungsmodellen wird praktisch geübt, vor allem werden aber auch grundsätzliche Fragen zum Dialog mit Konzertveranstaltern, Förderern und Sponsoren erörtert als eine Form der „Vermittlung“ zwischen der Welt der Kunst und der Welt der Wirtschaft. Marketing und Öffentlichkeitsarbeit stellen den dritten großen Bereich der Musikmanagement-Module dar. Das Spektrum reicht hier vom Schreiben von Pressetexten, der Gestaltung von Werbeträgern mit praktischer Anleitung wie beispielsweise einem Indesign-Workshop bis hin zum Verhandlungsmanagement. Von besonderer Bedeutung ist, dass diese Themen immer mit gezieltem Blick auf die Gestaltung der eigenen musikalischen und konzertpädagogischen Zukunft der Absolventen des Studienganges in Konzertpraxis, Unterrichtstätigkeit, Kulturinstitution vermittelt werden. Hier gehen künstlerische und wirtschaftliche Fragestellungen Hand in Hand; wer einen Finanzierungsplan erstellt, muss sich Gedanken über die zeitliche Konzipierung seines Projektes machen, und wer ein Marketingkonzept für sein Vorhaben erstellt, wird zuerst die Frage nach seiner Grundidee beantworten müssen, das heißt marketingtechnisch gesprochen nach dem „mission statement“, musikalisch gesprochen nach dem eigenen künstlerischen Profil.

Ein besonderes Signal hat Detmold der wachsenden Bedeutung der Musikvermittlung und ihrer Verbindung mit dem Musikmanagement im Mai 2009 mit der Gründung des „Instituts für Musikvermittlung und Musikmanagement der Hochschule für Musik Detmold (IMD) mit Karrierezentrum und Zentrum für Musikergesundheit“ gesetzt. Nach innen – mit Blickrichtung auf die Hochschule – bedeutet dies, dass die Studienbereiche Musikvermittlung und Musikmanagement über den Masterstudiengang hinaus nun als Studienangebot auch in alle künstlerischen Bachelor- und Masterstudiengänge miteinbezogen werden.
Nach außen – mit Blick außerhalb der Hochschule – bedeutet dies, dass ein Kompetenzzentrum geschaffen worden ist, das als Partner für Kooperationen mit Kulturinstitutionen dient und als Ausgangspunkt für den Aufbau von Forschung im Bereich der Musikvermittlung. Da die Musikvermittlung als neue Hochschuldisziplin interdisziplinär im Schnittfeld von künstlerischer Praxis, Pädagogik und Musikwissenschaft angelegt ist, ist hier ein spannender Austausch mit den Nachbardisziplinen zu erwarten, und im Dialog mit anderen Musikhochschulen und Universitäten wird der Aufbau einer scientific community erstrebt. Last but not least ist das Institut ein Ort für Individualberatungen der Studierenden bei ihren Projekten und ihrer beruflichen Planung, der sie darin unterstützen soll, ihre Zukunft in einem immer vielfältigeren Berufsfeld Musik künstlerisch und organisatorisch aktiv zu gestalten und ihre Freude an der Musik weiterzugeben. 

Janina Schaefer

Prof. Dr. Janina Schaefer absolvierte ein Konzertfachstudium Klavier sowie ein Studium der Rechtswissenschaften in Köln, München und Paris und promovierte mit einer musikwissenschaftlichen Arbeit über Frédéric Chopin. Seit 2009 ist sie Direktorin des Instituts für Musikvermittlung und Musikmanagement der Hochschule für Musik Detmold.

Der Studiengang
Anmeldefrist: 1.9.2009
Studienstart: Ende Oktober 2009
Dauer: 2 Jahre
Voraussetzung: Hochschulabschluss in einem künstlerischen, musikpädagogischen oder musikwissenschaftlichen Studiengang, Lehramt, Kirchenmusik, Kulturmanagement, Kulturwissenschaften. In Ausnahmefällen kann ein anderer, für das Studium der Musikvermittlung/Konzertpädagogik relevanter Berufsabschluss akzeptiert werden.
Abschluss: Master of Music
Weitere Informationen unter:
www.musikvermittlung-detmold.de

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