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Uraufführungen 2013/02

Untertitel
Offenbarung, Versprechen, Rätsel?
Publikationsdatum
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Was war es doch vordem uns allen so genehm – doch auch ein bisschen langweilig –, als Musikwerke noch schlicht Klaviersonate, Streichquartett oder Sinfonie hießen und einfach durchnummeriert wurden: 1., 2., 3. … , 9. Symphonie. Wurde Musik jedoch ausnahmsweise einmal mit einem sprechenden Beinahmen belegt, „Jupiter“, „Eroica“, „Pastorale“ et cetera, sei es durch die Komponisten selbst oder – wie öfter geschehen – durch Marketing-bewusste Verleger, so wurde und wird bis heute großes Aufhebens von den durch solche Titeleien transportierten Gehalten der Werke gemacht. Doch mit Aufkommen der neuen Musik verkehrten sich die Verhältnisse grundlegend. Jenseits gattungstypischer Formmodelle und Sujets ist seitdem jedes einzelne Werk dazu aufgefordert, streng genommen seine eigene Gattung zu begründen, mit der Folge, dass an die Stelle klarer Bezugsgrößen wie Lied, Klaviertrio oder Violinkonzert gänzlich individuelle Titel treten, die alles Mögliche sein können: Offenbarung, Bekenntnis, Versprechen, Andeutung, Verstellung, Geheimnis, Rätsel, Laune, Blödsinn.

Die Bedeutung vieler Titel dürften sich erst in Verbindung mit dem Hören der Musik erschließen, so etwa im Fall der Premiere von Norbert Sterks „der anlaut des atems auf der zunge der blätter“ für Viola solo am 25. Februar im Wiener Off-Theater. Andere Titel lassen vertraute Gattungen oder Sujets durchschimmern. In der von Steffen Schleiermacher kuratierten Reihe „musica nova“ im Mendelssohn-Saal des Gewandhauses Leipzig wird am 27. Februar neben Schleiermachers „Nacht Stück“ auch Knut Müllers „Tinnit“ uraufgeführt. Am 28. Februar folgt in der Philharmonie Luxembourg die Premiere Georg Friedrich Haas’ „… wie stille brannte das Licht …“ für Sopran und Klavier.

Eine Fundgrube vielversprechender Titel bietet das Programm des diesjährigen Festivals Eclat vom 7. bis 10. Februar im Stuttgarter Theaterhaus. Möglicherweise auf kompositionstechnische Verfahren deuten „Cross reading“ von Alberto Hortigüela und „To Spin“ von Héctor Moro. Konkrete Materialien oder Aktionen benennen Carola Bauckholts „Stroh“, Bernhard Langs „Hermetica V – Fremde Sprachen“ und Thomas Witzmanns „Stühle Rücken“. Anleihen bei Dichtung machen Héctor Moros „Lichtzwang“ nach Celan, Thomas Larchers „Das Spiel ist aus“ nach Bachmann und Markus Hechtles Musiktheaterwerk „Minotaurus“ nach der gleichnamigen Ballade von Friedrich Dürrenmatt. Andere Novitäten lösen sofort Assoziationsstürme aus, „Krisis“ von Josep Sanz, „Skorpion“ von Jörg Widmann, „Inszenierte Nacht“ von Simon Steen-Andersen, oder wecken dunkle Ahnungen wie „Territorios Invisibiles“ von Natalia Gaviola und das kryptische „O“ von Fabian Chyle. Weitere Uraufführungen dieser letzten von Hans-Peter Jahn als künstlerischem Leiter verantworteten „Eclat“-Ausgabe stammen von Wolfgang Rihm, Mathias Spahlinger, Hanspeter Kyburz, Thomas Kessler, Fabien Lévy und Manuel Hidalgo.

Weitere Uraufführungen

01.02.: Francesco Filidei, Fiori di Fiori für Orchester, Musik der Zeit, Kölner Philharmonie
02.02.: Alois Bröder, The Wives of The Dead – Oper in zwei Versionen, Theater Erfurt
13.02.: Wilfried Hiller, Theresienstädter Tagebuch, Museum am Dom Würzburg
22.02.: Isabel Mundry, Non-Places, ein Klavierkonzert, musica viva Herkulessaal Residenz München
23.02.: Thomas Daniel Schlee, Rufe zu mir – Symphonische Szene für Orgel und Orchester, Gewandhaus Leipzig / Martin Schüttler, Selbstversuch, die anderen, Ensembl[:E:]uropa WDR-Sendesaal Köln
28.02.: Ludger Vollmer, Lola rennt, Theater am Bismarckplatz Regensburg

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