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Verbindendes Projekt zwischen Profis und Breite

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Konzertprojekt „Karneval der Tiere und Pianisten-Cocktail“, Teil II<br /> [ <<< <a href= "/nmz/2004/10/hochschule-karneval.shtml">Teil I</a> <<<]
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Das Jubiläumsjahr zum 45-jährigen Bestehen der Johannes-Brahms-Schule bot einen willkommenen Anlass, das Konzertprojekt „Karneval der Tiere und Pianisten-Cocktail“ in die Reihe der festlichen Kooperationskonzerte der Musikschule aufzunehmen und zugleich den Anspruch der Hochschule Detmold, eine Hochschule der Kooperationen zu sein, zu untermauern.

Hinsichtlich der Pianisten drängte sich ein anderer Gedanke auf: die Arbeitsmarktsituation für besagte Studierende ist, wie jüngste Ergebnisse der Absolventenstudie des IBFF unter Leitung von Prof. Dr. Heiner Gembris zeigen, extrem problematisch. Nicht nur, dass Pianisten fit gemacht werden müssen für eine berufliche Existenz als Selbständige. Nein, es sollten ihnen auch vielfältige Wege gezeigt werden, wie sie später mit anderen gemeinsam pädagogisch tätig werden können, um so auch ihrer instrumentenbedingten Isolation zu entgehen.

„Ausschlaggebend jedoch ist, ungeachtet des Spaß- und Unterhaltungscharakters, die seltene Gelegenheit, tüchtigen Klaviernachwuchs zu einem Aufführungskollektiv zu vereinen, wie es sonst fast nur in einem Orchester oder in einem Chor möglich ist.“ Arrangeur Hofbauer meint in diesem Zitat aus seinem Vorwort zum „Pianisten-Cocktail“ die große Schar an Klavierschülern und -schülerinnen. Im übertragenen Sinne gilt dies mit Einschränkung auch für die Klavierstudierenden. Es wäre wünschenswert, wenn sie durch das Projekt Anregungen für gemeinsames pädagogisches Wirken gewonnen hätten. Letzter hier zu benennender pädagogischer Effekt: Auch wenn die Studierenden nicht in dem Maße, wie in früheren Planungen beabsichtigt, in organisatorische Arbeiten mit eingebunden werden konnten, gab es doch sicherlich indirekte Lerneffekte in diesem Themenfeld.

Der Probenplan, den der stellvertretende Musikschulleiter Stefan Claßen erstellte, war ein logistisches Meisterwerk, das es überhaupt erst ermöglichte, diese Vielzahl an Spielern geordnet und teilweise parallel proben zu lassen. Raumbeschilderungen, Willkommenszettel am Infobrett der Musikschule, Elternbriefe mit Ablaufplänen der letzten drei großen Vorbereitungstage, ein zweiseitiger Pianistenbesetzungsplan, aus dem hervorging, wie sich die rund 100 Spielerwechsel im „Cocktail“ vollziehen... Es gab genügend Anschauungsmaterial für eine beeindruckende Organisation, auch wenn das wahre Ausmaß an Logistik den meisten Teilnehmern sicherlich verborgen geblieben ist. Das umfangreiche Programmheft wurde weitgehend von Studierenden konzipiert. Für begleitende Fotoserien fand sich eine Studentin eines anderen pädagogischen Seminars – alles in allem eine wahre Gemeinschaftsproduktion.

Natürlich gab es auch Schwierigkeiten in diesem Projekt, deren Ausmaß in der rein konzeptionellen Phase noch nicht zu erkennen waren. Es mussten sehr früh zum Beispiel schon Entscheidungen gefällt werden, wo überhaupt geprobt wird: in der Musikschule, damit die Kinder und Jugendlichen ihre vertrauten vier Wände um sich haben? Ab welchem Zeitpunkt in der Hochschule? Wie lange können wir für die Generalprobe in die Neue Aula? Wird diese Zeit reichen, um allen Beteiligten gerecht zu werden? Wie viele Wochen werden wir insgesamt brauchen für die Einstudierung?

Auch zeigte sich, dass sich durch die Vielzahl an mitwirkenden Menschen und Institutionen das Projekt laufend weiterentwickelte. Nicht alles entsprach ursprünglichen Intentionen, war jedoch durch die lebendige Dynamik trotzdem gut. So hätte zum Beispiel die Tuchfühlung der Studierenden mit der AME noch deutlicher sein können. Oder: Das von mir angebotene Kompaktseminar zum Thema „Projektmanagement“ erfuhr nicht die erwartete Resonanz, so dass sich die interessierten Studierenden doch eher musikalisch einbrachten. Folglich konnten nur kleinere Teilbereiche aus dem Projektmanagement von Studierenden übernommen werden. Außerdem ein altbekanntes Problem: der gesamte Zeitaufwand wurde gehörig unterschätzt! Andere Schwierigkeiten zeigten sich bei den Proben: Es gab keinen (!) Termin, zu dem einmal alle Mitwirkenden gekonnt hätten. Klassenfahrten ganzer Jahrgangsstufen, kurzfristige Schulausflüge, übliche Konkurrenzveranstaltungen durch Sportaktivitäten der Schüler, Vordiplomsstress oder erkrankte Familienangehörige in Fernost und last not least der übervolle Terminkalender des Rektors... Was für Dirigenten eines Profiorchesters inzwischen häufig Realität ist, nämlich das zum Konzert selbst erstmals alle da sind, kann ein Laienprojekt ganz schön Kräfte kosten!

Auch blieb bis zum Ende der Probenphase die Frage offen, wie die Kinder der AME reagieren werden, wenn die Musik nicht mehr in Originalfassung von der CD erklingt, sondern das „Live-Arrangement“ sein wird.

Bleibt zuletzt, über das Konzert zu berichten, mit dem eine von respektvollem menschlichen Umgang geprägte Probenarbeit ihren Höhepunkt fand. Rund 650 Zuhörer drängten schon weit vor Konzertbeginn auf die Plätze im Saal, unzählige weitere Musikinteressierte verfolgten die Aufführung schließlich über Lautsprecher im Foyer. Nach glanzvollem Verlauf des Konzerts waren sich alle einig: Ein wahrhaft verbindendes Projekt zwischen Breitenarbeit und professioneller Ausbildung.

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