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Wie man sich Freunde macht

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Symposium über Freundes- und Förderkreise für die Kultur
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Einige tausend Förder- und Freundeskreise engagieren sich in Deutschland für Kultur – ein weites Feld, das bisher nicht gerade im Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit stand. Auf einem Symposium in Berlin (veranstaltet vom Kulturkreis der deutschen Wirtschaft und dem Forum Zukunft Berlin) ist es jetzt erstmals gelungen, internationale Vertreter von Freundeskreisen unterschiedlicher Kultursparten zusammenzubringen. Das Interesse war groß: Mehr als 300 Teilnehmer kamen.

„Manchmal ist es fast unmöglich, auf der Internetseite eines Theaters oder Museums Informationen über den Freundeskreis zu bekommen“, so Stephan Balzer von Red Onion, der Sprecher der AG Freundeskreise im Forum Zukunft Berlin. „Image und Mitgliederstruktur der Freundes- und Förderkreise sind völlig veraltet.“ Im Gegensatz zu Großbritannien agieren Freundeskreise hierzulande oft versteckt, sind in der jeweiligen Kulturinstitution nicht verankert, sondern extern angesiedelt und verfolgen keine gemeinsame Kommunikationsstrategie.

Genau daran gilt es zu arbeiten. Denn Möglichkeiten privater Kulturförderung – vom Großsponsor bis zum Kleinspender – gibt es. Jim Steichen, Leiter des Development Office des Kennedy Center for the Performing Arts in Washington, führt das eindrucksvoll vor: Mit seinen 50 Kollegen treibt er rund 50 Millionen Dollar pro Jahr ein. „Alle haben Freunde. Die Kunst ist, wie man es schafft, aus einem Ticketkäufer einen Freund, und daraus einen besseren und noch besseren Freund zu machen.“ Steichen rät dringend, die Leistungen und Privilegien zu differenzieren und klar herauszustellen. „Die Leute wollen etwas für ihr Geld. Bei uns gibt es zum Beispiel einen Parkservice. Kommt jemand mit dem Auto, parken wir es für ihn, wir übernehmen auch Restaurantreservationen und vieles mehr.“ Russel Jones, Direktor der Association of British Orchestras, kann dem nur zustimmen, wenn er die Bedeutung der Spenden von Privatpersonen hervorhebt und zur Kreativität auffordert. „Schauen Sie über den Tellerrand, überlegen Sie, warum jemand Geld gibt.“ Über alle länderspezifischen Unterschiede hinweg ist eines sicher: Das schnelle Geld gibt es nicht. Denn Geldgeber wollen gepflegt sein (öffentliche übri-gens auch – wobei auf dem global vernetzten Musikmarkt die ländertypischen Unterschiede doch beträchtlich sind. Vor dem Hintergrund einer öffentlichen Finanzierung in den USA von rund 5 Prozent und in Großbritannien von rund 18 Prozent beschwört Jones die öffentliche Kulturfinanzierung in Deutschland: „Seid stolz darauf und bleibt dabei.“).

Will man diese Partnerschaften systematisch ausbauen, werden zukünftig in den Kulturinstitutionen mehr Menschen im Management arbeiten müssen als bisher. Denn Freunde fürs kleine und fürs große Geld spielen eine große Rolle und sind gesucht, das war auf dem Berliner Symposium nicht zu überhören. So groß wie der Bedarf ist auch das Potential, das es mit wachen Augen auszuschöpfen gilt: Individualspenden sind das momentan am schnellsten wachsende Drittmittelsegment. Aber auch für Publikumsgewinnung und -bindung, für Entwicklung neuer Ideen und Strategien oder auch als politisches Signal ist die Rolle von Freundes- und Förderkreisen nicht zu unterschätzen. Denn die marketingorientierten und höchst erfolgreichen Clubs wie die der Kulturradios von ORF, DRS, SWR sind vielleicht auch eine zeitgenössische Variante der Freundeskreise.

Das Berliner Symposium war ein gelungener Auftakt – eine Weiterführung mit differenzierter Betrachtung unterschiedlicher Partnerschaften in einzelnen Kunstsparten sollte der notwendige nächste Schritt sein. Hilfreich ist der zum Symposium erschienene Leitfaden: „Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI, Freundes- und Förderkreise für die Kultur – Ein Leitfaden“ (ISBN 3-8334-4107-0).

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