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Wissenswertes aus Erlangen (Ferchows Fenstersturz 2011/03)

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Ende Januar hatte ich gepflegt die Hosen voll. Kalten Schweiß auf der Stirn. Hab-Acht-Stellung vor jeder Straßen­ecke. Grund: ein YouTube-Video des äußerst gefährlichen Franken-Rappers Jakob Herrmann (19) aus Erlangen. Mit seinem furchteinflößenden Pseudonym „Jackpot“. Ich war ja der Meinung, die­se maliziösen Gangsta-Rapper lebten in Amerika. Fehlanzeige. Die leben hier! Genährt von der kleinstädtischen Idylle zwischen „Fädd“ (Fürth) und „Nämmbärch“ (Nürnberg). Erzogen vom CSU-Politiker und amtierenden bayerischen Innenminister Joachim Herrmann. Was ist denn da schiefgegangen? Zu viel Privatschule oder zu wenig „Watschn“? Wo ist denn da die bayerische Definition von Recht und Ordnung, wenn „Jackpot“ grunzt: „2010, ich hab alles gef***. Hab Deine Mutter zu Jürgen Drews nach Malle geschickt”? Gut, lyrisch muss man sich da nicht aufregen.

Eine gewisse Unkreativität und Uninspiriertheit ist da stammbaumtechnisch wie kulturell nicht zu verleugnen. Hat der Sohnemann halt ein paar Phrasen im Elternhaus aufgeschnappt und rausposaunt. Interessanter wäre die Frage, woher der Bubi die Software hat. Schon mal Detektiv gewesen, Herr Herrmann? Nicht, dass „Jackpot“ da runterlädt, wo der Vater samt Regierung mit dem Urheberrechts-Schwert hineinkeilt. Entschuldigung. Aber so furzlangweilig, wie der Grottenbeat auf dem Video staubte, kann das nur Software von Erkans Festplatte sein, der natürlich steif und fest behaupten wird: „Eh, hab isch gezogen bei Ogur. Auf Laderampe bei Zughaltestelle.“ Geschenkt, Erkan. Minis­ter Herrmanns Internettruppen haben das Video aus dem Weg geräumt. Unauffindbar jetzt. Wie die Unterlagen zur Hypo Alpe Adria. Weg. Verschwunden zwischen „Bahngleis neundreiviertel“ und „Hogwarts“. Verschwunden auch: Jakob Herrmann. Nichts mehr zu hören.

Wahrscheinlich großes Theater. Vater im Ohrensessel, brüllend mit Schaum vorm Mund und CSU-Leitkultur in der Hand. Mutter weinend in der Küche, Kuchen backend, zwischendurch an der Weißweinschorle schlürfend, den Rotz an Handrücken und Schürze abwischend. Sohn desinteressiert bis uneinsichtig („Fresse, Alder!“), nebenbei Face­book- Einträge am Handy checkend. Zwischendurch Gang aufs Klo und die „Wodka-Red-Bull-Emergency-Pipeline“ anzapfend. Mittendrin der Wahlkampfmanager mit hochrotem Kopf und Hochrechnungen fuchtelnd. Kostet Sohnemanns Poesie Papis Job? Lange Rede, einzige Strafe: drei Jahre Gorch Fuck. Rappen an der Reling. Waschkabinen auf allen Vieren schrubben. Seife suchen. Auf die Zähne beißen, wenn die Admiralität einen im Tee hat (Alkohol gibt’s da nämlich nicht) und lauthals grölt: „2013, wir ham’ ihn alle gef***. Ham’ ihn und seinen Flow über’n Masten geknickt“. Okay. Ziemlich harte Bestrafung. Doch das Schrecklichste kommt danach. „Jackpot“ muss zur Resozialisierung die knapp tausend Fußnoten von Daddys Kumpel „Kay-T.“ zu Guttenberg durchackern. Auf was, wird sich rausstellen. Schiff ahoi!

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