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«Einen Teil ihrer Seele zeigen» - Enkel J. David Riva über die Dietrich

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Berlin (ddp). Was kann ein Film über Marlene Dietrich noch Neues erzählen? Ihr Enkel J. David Riva, geboren in New York und aufgewachsen in London, versucht mit seinem Dokumentarfilm «Marlene Dietrich - Her Own Song» eine Antwort zu geben.

In den Mittelpunkt seiner 100-minütigen Dokumentation, die bei den 52. Internationalen Filmfestspielen innerhalb des Panorama läuft, stellen Riva und Buchautorin Karin Kearns den Antikriegskampf der Dietrich vor. «Ich wollte über eine persönliche Geschichte hinausgehen», sagte Riva am Sonntag in Berlin. «Es sollten ihre Person und ihr Charakter deutlich werden. Ich wollte einen Teil ihrer Seele zeigen.»
Drei Jahre haben Riva und Kearns recherchiert, um neue Fakten und Informationen zusammenzutragen. Mehr Filmmaterial, als sie verwendet hätten, gebe es nicht, betont der Dietrich-Enkel. Er stützt sich unter anderem auf bislang unveröffentlichtes Material aus dem Privatnachlass und auf die Erinnerungen vieler Zeitzeugen. Verbunden mit historischen Filmaufnahmen aus dem Deutschland der 20er bis 50er Jahre des 20. Jahrhunderts ist die Dokumentation sowohl eine Verbeugung vor der großartigen Schauspielerin, Sängerin und Kämpferin gegen den Krieg Marlene Dietrich als auch Geschichtsunterricht.
Wie ein roter Faden ziehen sich die Lieder der Dietrich durch den Film. «Lili Marleen» steht dabei nicht zufällig am Beginn der Dokumentation. Dieser Song wurde wie «Sag mir, wo die Blumen sind» von Pete Seeger zum Markenzeichen der Schauspielerin bei ihren Auftritten vor den US-amerikanischen Soldaten an der Front. Im Film sprechen US-Kriegsveteranen voller Dankbarkeit und Emotionen über ihre Begegnungen mit der Dietrich in Uniform. Ihre Tochter Maria Riva erinnert sich daran, dass ihre Mutter traurig darüber war, dass sie nicht mit der Waffe in der Hand neben den Soldaten kämpfen durfte.
«Es war ihre Pflicht, zu tun, was sie getan hat. Sie hat daraus nie Kapital geschlagen», betonte der Regisseur. Kaum bekannt sei, dass Marlene Dietrich als eine der wenigen zivilen Personen mit den US-Truppen am Ende des Krieges deutschen Boden betrat. Im Film erinnert sich ein Zeitzeuge, dass Frauen in der zerstörten Stadt Stolberg für die Schauspielerin einen Kuchen gebacken hätten - als Zeichen ihrer Zustimmung zu der politischen Mission der Dietrich. Zuletzt 1937 hatte sie Avancen des Nazi-Deutschland abgelehnt, aus Hollywood in ihre Heimat zurückzukehren. Zwei Jahre später nahm sie die US-Staatsbürgerschaft an. Für die deutsche Presse wurde sie zur «Vaterlandsverräterin».
Die Dokumentation untersucht auch das schwierige Verhältnis zwischen Deutschland und der Dietrich. In Briefen schrieb sie über ihre Liebe zur deutschen Kultur, zur deutschen Sprache. «Ihre Leidenschaft war Deutschland», sagte Kearns. Es sei schwierig, sich gegen das Land zu stellen und es trotzdem zu lieben. Deutschland habe sich zum 100. Geburtstag der Dietrich im vergangenen Dezember endgültig mit ihr versöhnt, betonte Riva. Er sei froh, diesen Film jetzt in Berlin zeigen zu können.
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