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Leitfaden durch den Förderdschungel der EU erschienen +++ Tonarchiv osteuropäischer Klezmer-Musik +++ Karl-Dedecius-Archiv am Slubicer Collegium Polonicum eingeweiht +++ Hanne Landbeck leitet Kulturland-Kampagne 2003 +++ Augsburg dringt auf eigenständige Bewerbung als Kulturhauptstadt

Leitfaden durch den Förderdschungel der EU erschienen
Kulturpolitische Gesellschaft und Deutscher Kulturrat legen Handbuch zur Kulturförderung der Europäischen Union vor: »Europa fördert Kultur. Aktionen - Programme - Kontakte«
Kulturförderung auf europäischer Ebene - ein komplexes Thema. Denn nur in Ergänzung zu den nationalen Kulturpolitiken und unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips kann die Europäische Union Programme und Initiativen zur Förderung kultureller Projekte starten. Dabei findet schon seit den 70er Jahren europäische Kulturförderung statt, insbesondere durch Impulse aus dem Europarat, dem Europäischen Parlament und der UNESCO.
Die rechtliche Grundlage für spezielle Aktionen und Programme zur Förderung der kulturellen Kooperation in Europa bietet heute Artikel 151 des Einigungsvertrages in der Fassung von Amsterdam (1997). Aber nicht nur über das Rahmenprogramm KULTUR 2000 gewährt die Europäische Union Zuschüsse zu Kulturprojekten, sondern auch über eine Vielzahl weiterer Förderinstrumente z.B. in den Bereichen Bildung und Jugend, Regionalentwicklung, Forschung und technische Entwicklung sowie im Rahmen der vielfältigen Außenbeziehungen der EU zu Drittstaaten.
Das Handbuch richtet sich an Kulturschaffende, WissenschaftlerInnen und KünstlerInnen aller Sparten, an ambitionierte ProjektinitiatorInnen in öffentlichen wie privaten Kultur- und Bildungseinrichtungen, in Vereinen und Verwaltungen sowie an SpezialistInnen aus dem privat-wirtschaftlichen Bereich einschließlich der Branchen Informations- und Kommunikationstechnologie sowie audiovisuelle Medien. Es bietet übersichtlich strukturierte Informationen zu den Förderbedingungen und den Modalitäten von 70 Programmen und Initiativen der EU, mit deren Hilfe kulturelle Projekte realisiert werden können. Mit praktischen Hinweisen für die Antragstellung und nützlichen Kontaktadressen ist es ein unerlässlicher Wegweiser durch das Dickicht der europäischen Kulturförderung.
Die Publikation wurde finanziell gefördert aus Mitteln des Auswärtigen Amts und des Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der Medien.
Weitere Informationen sind zu finden auf:
http://www.kupoge.de
zum Artikel unter http://www.kulturportal-deutschland.de/kp/indexartikel.xml?artikelid=588

Tonarchiv osteuropäischer Klezmer-Musik
Potsdam (ddp). An der Universität Potsdam befindet sich das Tonarchiv osteuropäischer Klezmer-Musik. Die Sammlung umfasst mehr als 200 jiddische Volklieder, rund 70 Nummern instrumenteller Klezmer-Musik und etwa 100 Stücke aus Purimspielen (Fastnachtsspiele) aus den Jahren zwischen 1920 und 1940.
«Lomir zingen a sheynes lid, haydl didl dam» - «Lass mich singen ein schönes Lied»: Fröhlich und tragend zugleich klingt es, wenn der junge Mann aus Auschwitz seinen jiddischen Gesang anstimmt. 21 Jahre ist er, als er 1940 in die Ukraine flieht. Sollte ihn Stalin nicht erwischt haben, könnte er heute noch leben. Auf seiner Flucht begegnet er zwei jüdisch-russischen Musikethnologen aus Kiew. Die halten ihm einen Trichter vor die Nase und nehmen den Gesang auf Wachswalzen auf. Gut 60 Jahre später knistert die Aufnahme gewaltig, die Musik jedoch hat von ihrem sehnsüchtigen Schmelz nichts eingebüßt.
Die Aufnahme ist nur eine der vielen Tondokumente, die über verschlungene Pfade aus Sankt Petersburg an die Universität Potsdam gelangten. Die Sammlung mit mehr als 200 jiddischen Volkliedern, rund 70 Nummern instrumenteller Klezmer-Musik und etwa 100 Stücken aus Purimspielen (Fastnachtsspiele) aus den Jahren zwischen 1920 und 1940 ist nicht nur für Deutschland einmalig, sondern selbst für Wissenschaftler aus Jerusalem eindrucksvoll. Denn das Archiv spiegelt auf höchst anschauliche Weise das Alltagsleben osteuropäischer Juden wider.
Doch das ist längst nicht alles, was an jiddischer Musik am Institut für Religionswissenschaft zusammengetragen wurde. Neben den Wachswalzen-Aufnahmen, die von den altertümlichen Tonträgern in St. Petersburg kopiert und für die Potsdamer Sammlung digitalisiert wurden, besitzt das Institut noch über 600 Stunden Musik auf Tonbändern. Aufgenommen wurden diese von einem alten Juden aus Osteuropa, der in Berlin als Kantor gearbeitet hatte. Das Archiv besteht zusätzlich noch aus mehreren tausend Seiten Notenaufzeichnungen und Typoskripten einer 1908 in St. Petersburg gegründeten Gesellschaft für jüdische Volksmusik.
«Mit unseren Forschungen zu Klezmer-Musik und jiddischen Liedern haben wir in Deutschland Neuland betreten», sagt Karl Erich Grözinger. Als Professor für Religionswissenschaft und Jüdische Studien hat er vor einem Jahr gleich drei Forschungsprojekte ins Leben gerufen, die sich mit diesem Thema befassen. Ziel ist, das vorhandene Material zunächst einmal abzuhören, in Noten zu notieren und die Texte zu transkribieren. Das Ergebnis soll später in eine multimediale Datenbank eingearbeitet werden. Öffentlich vorgestellt werden die verschiedenen Forschungsprojekte bei der internationalen Tagung «Klezmer, Klassik, jüdisches Lied», die an der Universität Potsdam von Sonntag bis Dienstag stattfindet.
«Es war fast wie im Kriminalroman, wie ich an dieses Archiv gekommen bin», erinnert sich der Wissenschaftler, der seit 1994 in der Landeshauptstadt lehrt und zuvor in Frankfurt am Main Professor für Judaistik war. Begonnen hatte alles mit einem Gastgeschenk aus der Ukraine, das an das phonographischen Archiv der Jerusalemer Nationalbibliothek ging. Es war die Kopie einer Wachswalze.
«Es war sofort die Ahnung und Hoffnung da, dass diese verloren geglaubte Musik noch existiert», sagt Grözinger. Er spürte ein Archiv in Kiew auf und anschließend eines in St. Petersburg. Bis heute arbeitet der Professor eng mit Wissenschaftlern aus letzt genannter Stadt, Groningen und Jerusalem zusammen. Auch das Wiener und Berliner Phonographische Institut sowie das Helmholz Zentrum der Humboldt-Universität zu Berlin werden regelmäßig konsultiert. Mehr als 750 000 Euro Drittmittel konnte Grözinger für seine Forschungen einwerben.
«In Osteuropa, wo vor dem Zweiten Weltkrieg etwa sieben Millionen jiddischsprachige Juden lebten, gab es eine reiche jüdische Folklore und ein reges künstlerisches und literarisches Leben», weiß der Wissenschaftler. Keine Hochzeit oder andere Feier sei jemals ohne Klezmer-Musik gefeiert worden. «Unseren Aufnahmen ist anzuhören, dass das jiddische Lied das Leben bis zum Tod begleitete», betont Grözinger.
Sandra Rohrbach

Karl-Dedecius-Archiv am Slubicer Collegium Polonicum eingeweiht
Frankfurt (Oder) (ddp). Der Brief an den «Drogi Panie Karolu!» (Lieber Herr Karl!) stammt von keinem Geringeren als dem weltbekannten polnischen Aphoristiker Stanislaw Jerzy Lec (1909-1966). Das Schreiben aus dem Jahr 1962 liegt auf einem Tisch, in den Regalen dahinter befinden sich tausende weiterer Korrespondenzen von polnischen Schriftstellern und Nobelpreisträgern wie Czeslaw Milosz und Wislawa Szymborska. Der Adressat hat sie alle bestens gekannt, übersetzt und in Deutschland bekannt gemacht: Karl Dedecius, der Gründer und langjährige Leiter des Deutschen Polen-Instituts in Darmstadt.
25 Jahre lang hatte der 1921 in Lodz geborene und in Frankfurt am Main lebende Deutsche, der - wie er sagt - aus Sparsamkeitsgründen ein polnisches Gymnasium besuchte, Literaten des Nachbarlandes in die Sprache Goethes übersetzt. Er wurde damit zu einem der wichtigsten Mittler zwischen beiden Kulturen. Um seinen Nachlass von 1000 Büchern, 200 Ordnern mit Korrespondenzen, Urkunden und Zeitungsausschnitten sowie 80 Regalmetern ungeordneten Materials hatten sich mehrere renommierte deutsche Archive und Literatur-Institute bemüht.
Doch der heute 81-Jährige übergab die Materialien der Europa-Universität Frankfurt (Oder). Am Donnerstag wurde das Dedecius-Archiv in dem von der Uni in der polnischen Nachbarstadt Slubice betriebenen Collegium Polonicum offiziell eröffnet. Für die Frankfurter Viadrina habe er sich entschieden, weil hier deutsch und polnisch gleichberechtigt seien, erläuterte Dedecius seine Beweggründe. Deutsche und Polen können hier gemeinsam an den Materialien arbeiten.
Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Klaus-Dieter Lehmann, betonte: «Dedecius wollte, dass sein Archiv nicht verstaubt, sondern dass damit gearbeitet wird und es ein lebendiges Element der deutsch-polnischen Beziehungen bleibt.»
Dabei hat Dedecius sehr unterschiedliche Erinnerungen an Frankfurt: Hier wurde er 1941 Soldat - in einem Gebäude, das heute zur Universität gehört, wie er bemerkt. Hier kehrte er 1950 nach siebenjähriger russischer Kriegsgefangenschaft auf deutschen Boden zurück. Hier erhielt er 1999 aber auch als erste Persönlichkeit überhaupt den «Viadrina-Preis» für sein Wirken um die deutsch-polnische Verständigung.
Im 2. Stock der gläsernen Bibliothek ist am Donnerstag eine Ausstellung über Leben und Wirken von Dedecius mit rund 500 Exponaten eröffnet worden. Zwei Etagen tiefer ordnet ein deutsch-polnisches Team den literarischen Nachlass. 6205 Datensätze wurden nach Angaben von Archivleiterin Margarete Hager bisher erfasst und von dem hochmodernen Bibliotheksgebäude in Slubice aus per Internet auf dem Server der Berliner Staatsbibliothek abgelegt. (Internet: www.cp.euv-frankfurt-o.de)
Jörg Schreiber

Hanne Landbeck leitet Kulturland-Kampagne 2003
Potsdam (ddp-lbg). Die Kampagne Kulturland Brandenburg steht im kommenden Jahr unter dem Motto «Europa». Als Projektleiterin für die neue Saison wurde die 44-jährige Hanne Landbeck aus Potsdam ausgewählt. Die Kuratorin, Autorin, Medienberaterin und «ausgewiesene Europa-Expertin» habe sich unter 60 Bewerbern durchgesetzt, sagte Kulturland-Sprecherin Maren Franzke am Donnerstag in Potsdam. Landbeck beherrscht mehrere Sprachen und hat unter anderem an der Europa-Universität in Mainz gearbeitet.
Franzke zufolge wird der Beirat der Kulturland-Kampagne in der kommenden Woche sein Votum für die Projekte abgeben, die sich 2003 beteiligen dürfen. Insgesamt seien 175 Anträge eingereicht worden. 50 seien in der engeren Auswahl. Wie viele Projekte letztlich genehmigt werden, hängt vom finanziellen Aufwand ab. Den Etat für die neue Kulturland-Kampagne konnte Franzke noch nicht beziffern. Das landesweite Projekt wird von Bund, Land, EU und Sponsoren unterstützt.
In diesem Jahr stand die Kampagne im Zeichen der «Romantik». Für die Veranstaltungen von der Ausstellung bis zum Konzert standen zwei Millionen Euro zur Verfügung.

Augsburg dringt auf eigenständige Bewerbung als Kulturhauptstadt
Augsburg (ddp-bay). Die Stadt Augsburg dringt weiter auf die Unterstützung des Freistaats für ihre Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas. Eine gemeinsame Bewerbung mit München, wie sie Bayerns Kunstminister Hans Zehetmair (CSU) ins Gespräch gebracht hat, entspreche nicht der Philosophie dieser europäischen Initiative, sagte Augsburgs Oberbürgermeister Paul Wengert (SPD) der Nachrichtenagentur ddp. Eine gemeinsame Bewerbung würde nach Ansicht Wengerts bedeuten, dass Augsburg lediglich «in der Münchner Region mitsegelt». Als Kulturhauptstadt sollten aber nicht Metropolen gefördert werden, sondern kleinere Städte, die nicht ohnehin bereits als Kulturzentren im Rampenlicht stehen. Das zeigten die in den vergangenen Jahren ausgewählten Städte wie Weimar, Rotterdam oder Porto.
In einem Gespräch am Dienstag habe ihm sein Münchner Amtskollege Christian Ude (SPD) erklärt, die Münchner Bewerbung sei seit 1998 nicht mehr weiter betrieben worden. «Ich hatte nicht den Eindruck, dass das in München ganz hohe Priorität hat», sagte Wengert. Er kündigte einen Brief an Zehetmair an, in dem er die Augsburger Position noch einmal darlegen möchte. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass es politisch und kulturpolitisch vermittelbar wäre, wenn der Freistaat München nach den ungeheuren Kulturinvestitionen der vergangenen Jahre gegenüber Augsburg bevorzugen würde», betonte er.
Augsburg hatte seine Bewerbung um den Titel «Kulturhauptstadt 2010» im August angekündigt und dazu ein umfangreiches Konzept vorgestellt. Damit die Bewerbung Aussicht auf Erfolg habe, hatte die Stadt zugleich eine Förderzusage des Freistaats verlangt. München hatte 1998 in einem kurzen Brief an Außenminister Joschka Fischer (Grüne) Interesse insbesondere im Hinblick auf das Stadtjubiläum 2008 angemeldet. Turnusgemäß wird aber erst 2010 wieder eine deutsche Stadt an der Reihe sein. Die EU-Kommission wird die Entscheidung 2006 fällen.
Kulturhauptstädte gibt es seit 1985. Die griechische Kulturministerin Melina Mercouri wollte mit dieser Idee Länder und Völker Europas einander näher bringen. In diesem Jahr tragen Brügge und Salamanca den Titel «Kulturhauptstadt».