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«Andere Verpflichtungen»: Höchste Literaturweihen lassen Dylan kalt

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Stockholm - Kommt er, oder kommt er nicht? Zwei Wochen lang spannte Bob Dylan das Nobelpreis-Komitee in Stockholm auf die Folter, ob er den höchsten Literatur-Preis persönlich entgegennimmt. Nun sagt er per Brief Nein - wegen «anderer Verpflichtungen». Das passt zu dem großen Schweiger.

Jetzt steht Bob Dylan also in einer Reihe mit Boris Pasternak und Harold Pinter. Während der russische Schriftsteller («Doktor Schiwago») 1958 aber auf Druck des sowjetischen Regimes bei der Verleihung des Literatur-Nobelpreises fehlte und der britische Dramatiker («Der Hausmeister») 2005 zu krank für die Ehrung war, scheint die Absage des Rockpoeten «ein typischer Dylan» zu sein.

Ein Mann, der sich seit Jahrzehnten weitgehend der Öffentlichkeit entzieht und keine Interviews gibt, lässt selbst die höchsten Weihen der Kunst an sich vorüberziehen - man könnte sein Verhalten auch uneitel nennen. Er habe im Dezember leider «andere Verpflichtungen», teilte der 75-Jährige per Brief mit. Dieser Entscheidung des ersten Songschreibers überhaupt, der die höchste Literaturauszeichnung erhält, waren wochenlange Schweigsamkeit des Geehrten und zunehmende Verstimmung bei den Nobelpreis-Gebern in Stockholm vorausgegangen.

Am Mittwoch musste die Schwedische Akademie über Dylans Absage nun mitteilen: «Er wünschte, er könnte den Preis persönlich entgegennehmen, aber andere Verpflichtungen machen das leider unmöglich. Er betonte, dass er sich durch den Nobelpreis sehr geehrt fühlt.» Man respektiere die Entscheidung. «Dass ein Nobelpreisträger nicht nach Stockholm reisen kann, um den Preis entgegenzunehmen, ist ungewöhnlich, aber nicht außergewöhnlich», schrieb die Jury weiter.

Skeptiker, die den literarischen Wert von Dylans Rock-Lyrics als ohnehin nicht unbedingt nobelpreiswürdig eingestuft hatten, dürften sich nun dennoch bestätigt fühlen, einen Boykott oder zumindest Eklat wittern.

Dylans Künstler-Webseite weist bisher nur Konzerte seiner berühmten «Never Ending Tour» bis zum 23. November aus. Musikkenner hatten daraus geschlossen, dass der Sänger sich den 10. Dezember für die Ehrung freigeschlagen haben könnte.

Der wichtigste Songwriter der Rockgeschichte hatte die diesjährige Auszeichnung im Oktober für seine «poetischen Neuschöpfungen in der amerikanischen Songtradition» zuerkannt bekommen, etwa «Blowin' In The Wind», «Masters Of War» oder «A Hard Rain's A-Gonna Fall». Frühere Ehrungen hatte der Mann, der auch auf der Bühne keinen Ton zu viel sagt, mit unbewegter Miene über sich ergehen lassen - etwa die ihm von Präsident Barack Obama persönlich um den Hals gehängte US-Freiheitsmedaille.

Innerhalb der Nobelpreis-Jury hatte der Rocksänger seit dem 13. Oktober reichlich Unmut erregt, weil er sich nach der Zuerkennung nicht von selbst in Stockholm meldete und offenkundig bei Anrufen nicht ans Telefon ging. Bei Konzerten ließ Dylan - trotz mancher Fan-Sprechchöre für den singenden Nobelpreis-Poeten - keine euphorische oder auch nur zufriedene Reaktion erkennen. Ende Oktober sagte er der Akademie dann zu, die Auszeichnung «selbstverständlich» annehmen zu wollen und «nach Möglichkeit» zur Preisverleihung zu kommen. Fast war man überrascht.

Der mit umgerechnet gut 800 000 Euro dotierte Preis bleibe Dylan trotz seiner Abwesenheit bei der Verleihung in gut drei Wochen - an Alfred Nobels Todestag - zuerkannt, stellte die Akademie jetzt fest. Unter einer Bedingung: «Wir freuen uns auf Bob Dylans Nobel-Vorlesung, die er - das ist die einzige Voraussetzung - innerhalb von sechs Monaten ab dem 10. Dezember 2016 halten muss.»

Traditionell halten die Nobelpreisträger eine solche Nobel-Rede in der Woche vor der Verleihung. Wie Dylan Nobelpreis-Medaille und Schriftstücke bekommen soll, ist noch unklar. Vielleicht setzt der große Schweiger ja noch kurzfristig ein Konzert in Stockholm an.

 

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