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Die 18. Berliner Jüdischen Kulturtage

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«Mendelssohn & Company» - 18. Jüdische Kulturtage widmen sich einer großen deutschen Familie - Mehr als 30 Veranstaltungen im November

Berlin (ddp-bln). Vor 275 Jahren kam einer der bedeutendsten Philosophen der deutschen Aufklärung zur Welt: Moses Mendelssohn. Seine Nachfahren waren Komponisten und Schriftsteller, Bildende Künstler und Bankiers, Patrioten und Kosmopoliten. Die Familie Mendelssohn, die ihren Hauptsitz stets in Berlin hatte, schrieb deutsche Geschichte. Unter dem Motto «Mendelsohn & Company» wollen die 18. Berliner Jüdischen Kulturtage die weitverzweigte Familie zurück ins Bewusstsein der Hauptstädter rücken. Vom 14. bis 29. November stehen mehr als 30 Konzerte, Theaterabende, Lesungen, Filme und Ausstellungen auf dem Programm.

«Lange ist es der Stadt Berlin seltsam schwer gefallen, sich dieser Familie, der sie viel verdankt, angemessen zu erinnern», sagt die Vorsitzende der Berliner Mendelssohn-Gesellschaft, Elke von Nieding. Während der NS-Zeit sei das Andenken «völlig ausgemerzt» worden. «Nur mühsam kommen wir dahin, dass wir uns wieder für die Mendelssohns interessieren und begeistern», sagt Nieding. Die von der jüdischen Gemeinde zu Berlin veranstalteten Kulturtage setzen dabei fort, was in jüngster Zeit mit der Aufstellung mehrerer Gedenktafeln und Büsten zu Ehren der Mendelssohns in der Stadt begann.

Familienstammvater Moses (1729-1786), dem in Preußen als Jude das Bürgerrecht verwehrt war, setzte sich offen gegen die Unterdrückung seiner Glaubensbrüder ein, was ihm Respekt, aber auch Repressalien einbrachte. 1763 wurde er mit dem ersten Preis der Berliner Akademie der Wissenschaften geehrt - vor dem zweitplatzierten Immanuel Kant. Als er aber acht Jahre später von der Akademie als ordentliches Mitglied vorgeschlagen wurde, verweigerte ihm Friedrich der Große die Ernennung.

Eine rein jüdische Geschichte wurde die Geschichte der späteren Mendelssohn-Generationen aber nicht - im Gegenteil: Drei Viertel der Nachfahren Moses\' waren laut Nieding evangelische Christen. «Die Auseinandersetzung mit der Familie Mendelssohn stellt daher auch die Frage nach jüdischer Identität», sagt Kulturtage-Sprecherin Beate Kriese. Denn durch ihre Taufe hätten viele Mendelssohns das «religiöse Vermächtnis ihres berühmten jüdischen Stammvaters veruntreut». Das Kulturfestival, das sich als «kulturelle Visitenkarte» der jüdischen Gemeinde Berlins versteht, stellt laut Kriese deshalb auch die Fragen «Wer bleibt Jude?» und «Wer wird Jude?»

Eine Berliner Geschichte ist die «Mendelssohn-Saga» aber allemal: So lebte Moses\' berühmter Enkel, der früh verstorbene Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847), lange Zeit in der Leipziger Straße im heutigen Stadtteil Mitte. In seinem Garten, dort, wo heute der Bundesrat thront, entstand die Overtüre des «Sommernachtstraums». Von der Jägerstraße aus, nur gut einen Kilometer entfernt, lenkten Ernst und Hugo von Mendelssohn ihr einflussreiches Bankenimperium und traten als Mäzene für mehrere Berliner Museen auf.

Wie viele andere Mitglieder der Dynastie Großartiges geleistet hätten, bis die Nationalsozialisten vor 70 Jahren den Völkerrechtler Albrecht Mendelssohn Bartholdy vertrieben, sei noch wenig bekannt, sagt Kriese. Die Berliner Jüdischen Kulturtage wandelten daher gerade auch auf den Pfaden der in Vergessenheit geratenen Mendelssohns.

Eröffnet werden die Kulturtage in der Synagoge Rykestraße von dem britischen Star-Cellisten Steven Isserlis, der mit prominenten Kollegen Werke von drei Mendelssohn-Komponisten aufführt. Isserlis selbst stammt väterlicherseits von einem berühmten Krakauer Rabbi ab, der zu den Vorfahren Moses Mendelssohns zählt.

Das vollständige Festival-Programm wird am Mittwoch veröffentlicht. Tickets sind dann an allen bekannten Vorverkaufsstellen und unter der Telefonnummer 0180/557 00 00 erhältlich. Aktuelle Informationen gibt es ab Mittwoch auch im Internet unter http://www.juedische-kulturtage.org

Jan Staiger

(www.jg-berlin.org; www.mendelssohn-gesellschaft.de)