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Joan Baez 2016 in New York. Foto: Jim Gilbert, by Jtgphoto (Own work) [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons
Joan Baez 2016 in New York. Foto: Jim Gilbert, by Jtgphoto (Own work) [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)], via Wikimedia Commons
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Im Frieden mit sich: Die Königin des Protestsongs nimmt Abschied

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Berlin/Cleveland - Joan Baez hört sich anders an als früher - doch nicht minder kraftvoll. Trotzdem wird «Whistle down the wind» wohl ihr letztes Album. Eine der letzten großen Protestsängerinnen geht. Ihr heller Sopran war die Stimme der amerikanischen Protestbewegung. Friedensmärsche, Woodstock, Massendemos gegen den Vietnamkrieg, sogar im Gefängnis sang Joan Baez in der Hoffnung auf Weltfrieden. Inzwischen sind die langen, schwarzen Haare weiß und kurz. Politisch ist sie noch immer.

Doch die Stimme, sagt die «Königin des Folk», die Stimme ist nicht mehr das, was sie mal war. Die hohen Töne kommen ihr nicht mehr so mühelos über die Lippen wie einst. «Es ist so schwierig zu singen», sagt sie dem «Rolling Stone». Trotzdem hat sie ein neues Album aufgenommen. «Whistle down the wind» werde wohl ihr letztes sein, meint sie. Was nach diesen ehrlichen Worten überrascht: Baez Stimme darauf ist keineswegs schwach. Tiefer vielleicht, doch kraftvoll. Gänsehaut. Joan Baez hat auch mit 77 Jahren an Intensität nichts verloren.

Der glockenreine Sopran von einst, meint die Folk-Queen inzwischen, würde auch gar nicht mehr passen. «Ich bin rauer», sagt sie. Mehr im Reinen mit sich, aber auch ein wenig abgenutzter, gezeichnet von allem, was sie erlebt hat. «Und das kommt in der Stimme raus.»

Von den zehn Songs ihres neuen Studioalbums, dem ersten seit zehn Jahren, hat sie keinen einzigen selbst geschrieben. Es sind Cover etwa von Tom Waits («Whistle down the wind») und Zoe Mulford. Deren «The President Sang Amazing Grace» hörte sie beim Autofahren im Radio. «Es passierte einfach, und es war nicht meine Absicht, dass die Songs zu meinen wurden», sagt die Amerikanerin aus dem New Yorker Stadtteil Staten Island.

Musikalisch dominiert eine melodische Folk-Gitarre. Und eben diese eindringliche, sanfte, doch zugleich etwas raue Stimme. «Ich bin das letzte Blatt am Baum», singt Baez. Tatsächlich gibt es nicht mehr viele ihrer Art. Nicht mehr viele, die mit Musik Politik machen - und eine ganze Generation prägten, wie Baez und ihr langjähriger Freund, Literaturnobelpreisträger Bob Dylan.

Beide wurden in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen, Baez erst im vergangenen Jahr. Sie habe bewiesen, das Lautstärke nicht der einzige Weg sei, laut zu sein, heißt es dort. Den gleichen Stil und die gleiche Klasse beweist Baez auch mit ihrem neuen, und möglicherweise letzten, Album. Es ist ein bewegender Rückblick auf ihr Leben als Musikerin und Aktivistin.

Noch einmal werde sie wahrscheinlich nicht ins Studio gehen, sagt Baez. Auch die Tour im Frühjahr und Sommer soll die letzte ganz große sein. Ab dem 25. März ist sie damit in Deutschland.

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